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Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03

Titel: Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Münzer
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Klappmesser, das sie unauffällig eingesteckt hatte, löste sie flink die Schrauben. Sie sah auf die Uhr. Noch drei Minuten. Sie stieg auf den Spülkasten und hangelte sich in den Lüftungsschaft. Sie robbte nach rechts, weg vom Wohnzimmer. An der nächsten Abzweigung wieder nach rechts. Noch zwei Minuten, bis sie ihre Flucht bemerkten. Wenn sie ihr Orientierungssinn nicht täuschte, müsste sie in der Nähe der Aufzüge sein. Sie musste ein Zimmer finden, in dem sich niemand aufhielt. Sie robbte weiter, bis sie an einer Öffnung angelangt war. Scheiße, Kinderstimmen. Weiter. Noch eine Minute. Gut, vielleicht zwei. Sie würden klopfen und rufen und dann mussten sie noch die Tür aufbrechen, weitere wertvolle Sekunden. Rabea robbte zum nächsten Lüftungsschlitz. Wieder Stimmen. Mist, war das verdammte Hotel ausgebucht? Sie kam an eine Stelle, die ziemlich steil abwärts führte. Was war das? Der Öffnungsschlitz sah anders aus. Plötzlich öffnete er sich und ein Berg Handtücher trat den Weg nach unten an. Rabea beschloss, ihm einfach zu folgen. Die Rutschpartie endete in einem großen Wäschekarren irgendwo in den Katakomben des Hotels. Zum Glück war er fast voll.
    Rabea kämpfte sich aus den ungewaschenen Bergen von Tüchern, sprang aus dem Karren, rief den beiden verdatterten Wäscherinnen ein freundliches Hallo zu und sprintete davon. Ein grün beleuchtetes EXIT-Schild wies ihr den Weg. Unbehelligt erreichte sie über die Tiefgarage die Straße.
    Sie sah über ihre Schulter, aber niemand folgte ihr. Sie sprintete um die nächste Ecke. Geschafft. So weit, so gut.
    Aber sie befand sich allein in London, ohne Geld, ohne Papiere und ohne Telefon. Wo würde sie Hilfe bekommen, damit sie Jules erreichen konnte? Ein roter Doppeldecker-Bus fuhr eben an ihr vorüber. Die Werbung darauf zauberte ein Lächeln in ihr Gesicht.
    Jetzt wusste sie, an wen sie sich wenden konnte.

 
    Kapitel 16
     
    Nürnberg, Deutschland
     
    Kaschinskis Maschine, eine Cessna Citation CJ1, landete gegen 2:00 Uhr morgens mit einer Spätlandegenehmigung in Nürnberg. Lukas Vater hatte diese kurzfristig erwirkt.
    Beim Aussteigen erwartete Lukas eine Überraschung: Lucie stürzte ihm auf dem Vorfeld entgegen und warf sich sofort in seine Arme. Kaschinski kletterte hinter ihm aus der Maschine und Lukas stellte die beiden einander vor: „Saul Kaschinski. Lucie, meine Zwillingsschwester.“ Saul musterte Lucie interessiert.
    Doch Lucie reckte bereits den Kopf an ihm vorbei und beobachtete die Ausstiegsluke. „Wo ist Jules? Ist er noch im Cockpit?“ Lukas' Augen wurden eine Spur dunkler. Lucie brauchte weniger als eine Sekunde, um die wortlose Botschaft im Blick ihres Bruders zu begreifen. Seine Traurigkeit traf sie wie eine heftige Windböe. Wenn Lukas seine Schwester nicht festgehalten hätte, sie wäre getaumelt.
    „Nein, nicht Jules“, flüsterte sie und ballte in einer abwehrenden Geste beide Fäuste. Lukas hielt seine Schwester eng umschlungen.
    Erneut hatte sich der Tod in ihre Mitte geschlichen. Lucie löste sich nach einer Weile von ihm.
    „Wie ist es passiert?“ Ihre Stimme zitterte ein wenig.
    „Er wurde erschossen“, erwiderte Lukas leise.
    Lucie wich einen Schritt zurück. „Hast du ihn gesehen? Ich meine, hast du gesehen, dass Jules tot ist?“ Sie weigerte sich, Jules' Tod als etwas unwiderruflich Geschehenes hinzunehmen. Wie sollte man etwas glauben, das man nicht glauben wollte?
    „Ich habe ihn gesehen“, mischte sich nun Kaschinski ein. „Es tut mir leid, aber Ihr Freund ist tot.“
    Lucie schluchzte auf und Lukas nahm ihren Arm. „Ich weiß, wie schwer das für dich ist. Komm, wir sollten fahren, die Zeit drängt. Ich erzähle dir unterwegs, was ich weiß. Der Albtraum ist noch nicht zu Ende.“
    In der bereitstehenden Limousine warteten James Fonton und sein Stellvertreter. Gemeinsam fuhren sie zur Villa. Ihr Vater würde später mit den Geldkoffern zu ihnen stoßen, informierte ihn Lucie.
    Lukas überließ es Saul Kaschinski, Lucie vom Ablauf der Geschehnisse in Barcelona zu berichten. Sein Bericht endete, noch bevor sie das Familiendomizil im noblen Nürnberger Stadtteil Lauf am Holz erreicht hatten. Bevor seine Schwester das Fahrzeug verließ, fragte Lukas sie: „Was ist mit Mutter? Weiß sie Bescheid?“
    „Ja, wir konnten die Entführung nicht länger vor ihr geheim halten. Papas Aktivitäten und Telefonate mitten in der Nacht hat sie natürlich mitbekommen. Sie hat ihm angesehen, dass etwas Schreckliches

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