Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Hilfe bitten. Herrje, sieh mich nicht so an, Jules. Ich weiß, dass ich dir besser davon erzählt hätte. Ich bin zu alt für diesen Geheimniskram. Dabei ahnte ich, dass sie sich damit den nächsten Zores einbrocken wird, aber ich musste Rabea versprechen zu schweigen. Ich bin nicht nur alt, mein lieber Jules, sondern auch schwach. Ich brachte nicht die Kraft auf, mit ihr zu streiten. Sie hat mich mit einem Satz überzeugt: Dass das Päckchen die Eintrittskarte in ihr altes Leben sein könnte. Ich solle ihr vertrauen.“ Der Rabbi wurde immer leiser und war nur noch ein Häuflein Elend.
Jules stieß ein bitteres Lachen aus. „Allein der Satz hätte dich stutzig machen sollen, Rabea vertrauen ...“ Jetzt wurde Jules einiges klar. Rabea hatte die schlafenden Hunde selbst geweckt. Irgendetwas, was sie zwischen Weihnachten und heute getan hatte, hatte den Gegner auf ihre Spur gebracht.
„Ja, das kannst du mir zum Vorwurf machen, Jules: dass ich schwach gewesen bin. Um ehrlich zu sein, kurz hatte ich auch gehofft, dass Lucie das Päckchen nicht finden würde. Aber es war da. Sie verwahrt es jetzt in einem Bankschließfach.“ Der Rabbi konnte nicht wissen, dass die Akte Bestandteil der Forderung Kaschinskis gewesen war.
Jules seufzte vernehmlich. „Ich weiß schon Bescheid. Besser wäre es gewesen, du hättest es mir gesagt, Großvater Rosenthal. Dann wäre ich vorbereitet gewesen. Und du hast Recht: Das ist ein ziemlich dicker Brocken. Rabea versucht mal wieder das Schicksal der Welt zu verändern. Sie ist unverbesserlich. Warum kann sie nicht einmal auf mich hören? Luzifer ist ein Chorknabe gegen sie“, schimpfte Jules. Der Rabbi versank noch tiefer im Sofa. Jules hatte ja so Recht.
„Ich muss meinen Kontakt erreichen. Was ist mit dem Prepaidhandy, das ich dir gegeben habe? Du hast es doch bei dir, oder?“
Leider war der Rabbi bei seinen Worten noch blasser geworden, falls dies überhaupt möglich war. Entsetzt schlug er sich auf die Stirn: „Beim Moses, ich habe das Ding glatt zuhause liegen lassen. Was bin ich nur für ein Schmock. Furchtbar, einfach furchtbar, wie alt und schusselig ich geworden bin. Herrje, herrje, jetzt kann mich Rabea ja gar nicht erreichen!“
„Welche Rabea soll dich denn erreichen?“ Lucie stand in der Wohnzimmertür. Sie hielt ein volles Tablett in Händen und war so blass wie der Rabbi. „Was ist hier los? Worüber sprecht ihr? Ihr habt gerade Rabeas Namen genannt. Ich habe es genau gehört. Ich will jetzt sofort wissen, was hier los ist.“ Sie blitzte Jules an und es reichte auch noch für einen strengen Blick an die Adresse des Rabbis. Sie hatte es gewusst! Er hatte ihr die ganze Zeit etwas vorgemacht. Deshalb war er so nervös gewesen. Von wegen, dieser angebliche Einbruch, der ihn beschäftigt haben sollte. Da war noch etwas ganz anderes im Busch. Und die heimliche Päckchen-Aktion an Weihnachten hatte sicher auch etwas damit zu tun. Oh nein, sie würde sich von den beiden nicht mehr so einfach abspeisen lassen. Jetzt war Schluss mit der Geheimniskrämerei!
Jules sah Lucie gequält an, wandte sich aber zunächst an den Rabbi. Besser Rabeas Großvater war in seinem Zustand aus dem Weg, er würde sich sonst noch verraten: „Du solltest sofort nach Hause gehen, damit du erreichbar bist. Mein Handy ist defekt. Daher kann ich nicht angerufen werden.“
„Natürlich, natürlich.“ Der Rabbi hatte sich bereits erhoben und strebte auf die Wohnzimmertür zu, wo ihm Lucie den Weg versperrte. „Ich muss gehen, Kind. Es ist wichtig.“ Und dann legte er Jules noch ein Ei: „Unser Freund Jules wird dir alles erklären.“
Vielen Dank, Rabbi Rosenthal. Jules schnaubte, sagte aber nichts. Lucie schnaubte auch. „Also gut, aber du …“, sie fixierte Jules, „bist mir eine Erklärung schuldig.“ Sie machte Platz und stellte das Tablett mit den Kaffeebechern auf dem Wohnzimmertisch ab.
„Welche Erklärung bist du ihr schuldig?“ Lukas kam den Flur entlang und hatte Lucies letzte Worte gehört. „Oh, du willst schon gehen?“, sagte er zu Rabeas Großvater.
„Ja, ich muss nach Hause. Ich störe euch nur. Ruf mich unbedingt an, wenn es etwas Neues gibt, ja, Lukas? Shalom.“
„Warte, Großvater Rosenthal!“ Lucie kam ihm nach. Sie öffnete die Haustür für ihn und wandte sich dort an den von Fonton postierten Bewacher: „Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass jemand den Rabbi nach Hause fährt?“
„Natürlich, Frau von Stetten.“ Er winkte jemanden
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