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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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Roastbeef am großen Bürofenster vorübergetragen hatte und nun mitten in der Bewegung eingefroren war. Unger zeigte auf das Fleisch. »Wer soll diese Scheiße denn essen, das ist ja komplett durch! Rosa muss es sein, rosa ! Das ist doch alles für den Schweineeimer!«
    Der Koch holte aus, und es schepperte, als die Platte mitsamt dem durchgebratenen Fleisch auf dem gekachelten Fußboden landete.
    »Wegmachen, die Scheiße, sofort«, sagte Unger mit hochrotem Kopf. »Und dann zu mir ins Büro!« Mit einem Türenknallen kehrte er in sein Kabuff zurück. Er atmete immer noch schwer, als er wieder hinter dem Schreibtisch saß.
    »Ich hoffe, Sie sind mit Ihren Fragen bald fertig«, sagte er, »Sie sehen ja, wie das läuft, wenn man nicht überall hinterher ist.«
    Rath drückte seine Zigarette aus und stand auf. »Vorerst ja«, sagte er und schaute durch das Fenster, wo drei weiß geschürzte Küchenhilfen gerade dabei waren, die Roastbeefscheiben vom Küchenboden zu klauben. »Tut mir leid, Ihren Betrieb gestört zu haben. Kommen Sie das nächste Mal einfach zum Alex, wenn wir Sie darum bitten, dann wird so etwas nicht wieder passieren.«
    Rath fuhr vom Potsdamer Platz direkt in die Hannoversche Straße und kam eine halbe Stunde zu früh im Leichenschauhaus an. Doktor Karthaus war nicht im Obduktionssaal, der Pförtner schickte den Kommissar in den ersten Stock. Rath hörte Schreibmaschinengeklapper hinter der Bürotür des Gerichtsmediziners und klopfte an. Als er eintrat, erstarb das Geklapper, und er schaute in die Gesichter von Karthaus und seiner Sekretärin. Der Doktor blinzelte über den Rand seiner Lesebrille und warf einen Blick auf die Armbanduhr.
    »Was machen Sie denn schon hier? Habe ich Ihrer Sekretärin die falsche Uhrzeit genannt?«
    »Pünktlichkeit ist die Höflichkeit der Könige«, sagte Rath.
    »Ein zu frühes Erscheinen ist meines Erachtens weitaus unhöflicher als ein zu spätes. Oder glauben Sie, Ihr notorisches Zuspätkommen so wieder ausgleichen zu können?«
    »Machen Sie doch nicht so ein Aufheben, Doktor. Es passte eben gerade. Sie lagen mehr oder weniger auf dem Weg – und hier bin ich.«
    »Na ja, dann scheinen Sie ja wirklich wild auf meine Erkenntnisse zu sein.« Karthaus drehte sich zu der Sekretärin um. »Dann wollen wir so viel wissenschaftliche Neugier nicht enttäuschen, Martha. Packen Sie ein, wir machen dann morgen weiter.«
    Ohne ein weiteres Wort rauschte der Doktor hinaus und die Treppen hinunter, dass der weiße Kittel sich hinter ihm aufbauschte. Rath hatte Mühe zu folgen. Karthaus sprach erst wieder, als sie durch die Schwingtür in den Obduktionssaal getreten waren.
    »Das war gerade Ihr heiß ersehnter schriftlicher Befund, dessen Fertigstellung Sie gestört haben, ist Ihnen das klar?«
    »Und?«
    »Eigentlich wollte ich Ihnen den heute mitgeben. Aber jetzt müssen Sie sich bis morgen gedulden, bis er in der Hauspost ist.«
    »Mündliche Befunde sind mir sowieso lieber.«
    Der Gerichtsmediziner schüttelte den Kopf. Er ging zum Schreibtisch hinüber, auf dem ein ungeheures Durcheinander herrschte, und bot Rath einen klapprigen Holzstuhl an. Er selbst setzte sich auf den Schreibtischstuhl und rückte seine Lesebrille gerade.
    »Also«, begann er und griff zu ein paar Papieren. »Das Ergebnis der Blutanalyse.« Karthaus warf einen Blick auf das obere Blatt und griff dann zu einem anderen. »Es ist mir tatsächlich gelungen, im Blut des Toten eine ungewöhnliche Substanz nachzuweisen.«
    »Ungewöhnlich in welcher Hinsicht?«
    »Nun, es ist eine Substanz, die man vielleicht bei jemandem erwarten würde, der gerade im südamerikanischen Urwald unterwegs war. Sie heißt Tubocurarin.«
    »Tubo … wie?«
    »Curarin. Das Mittelchen verdanken wir den Indianern aus Südamerika. Die Wilden im Amazonasdschungel jagen mit Blasrohr und erlegen ihre Beute mit einem tödlichen Pfeilgift, dem Curare. Das Zeug lähmt die Muskulatur und damit auch die Atmung der Opfer. Je nach Dosierung mehr oder weniger schnell.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass wir jetzt nach einem Indianer fahnden müssen? Vielleicht in der Wildwestbar von Haus Vaterland ?«
    »Lassen Sie Ihre Witze, die sind nicht hilfreich. Lassen Sie mich lieber ausreden.« Karthaus wirkte tatsächlich ein wenig beleidigt. »Es gibt verschiedene Formen des Curare-Giftes. Eines davon ist das Tubocurarin …«
    »… das Sie im Blut des Toten gefunden haben.«
    »Richtig. Das Interessante daran ist, dass es derzeit Versuche gibt,

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