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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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ließ und die Sterne über den Wipfeln des Waldes zu leuchten begannen, standen sie auf, gingen Arm in Arm den Pfad zurück und ließen sich erst dann los, als sie die Stadt erreichten und den ersten Menschen begegneten.
    Helene dachte, dass es das Glück des Verbotenen sei, an das sie sich klammerten. Und sie hoffte, die Zeit bliebe stehen und würde ihnen Stunden schenken, Tage, ein ganzes Leben.
     
    |376| Als Hufeland den Flur entlangging, aufgewühlt, die Lippen noch warm von dem Kuss, den Helene ihm gegeben hatte, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand, sah er, dass unter der Tür zum Arbeitsraum noch Lichtschein hervorschimmerte. Er öffnete sie und fand Hahnemann über ein Blatt Papier gebeugt, über das seine Feder eifrig glitt.
    Er schloss die Tür leise wieder, ließ den Abend in Gedanken an sich vorüberziehen und meinte, der glücklichste Mensch auf der Welt zu sein. Und er wischte das aufkeimende schlechte Gewissen beiseite und dachte an die Vögel, die über ihren Köpfen flogen, frei und ohne Grenzen.
    Auf dem Weg zu seinem Zimmer kam ihm plötzlich Caspar aus dem Dunkel des Ganges entgegen.
    »Vor dem Haus wartet jemand auf Sie. Er sagte, es sei dringend.«
    »Hat er seinen Namen genannt?«
    »Nein.«
    Erst als Hufeland die Treppe heruntereilte, fiel ihm auf, dass er Caspar untersagt hatte, sich von seinem Platz zu entfernen, und er nahm sich vor, ihm dies später erneut in aller Eindringlichkeit einzuschärfen und Konsequenzen zu erwägen.
    Der Vorplatz war von dem großen, fast vollen Mond erhellt. Und noch bevor Hufeland das Gesicht erkannte, wusste er, wer dort seitlich des Gartenwegs auf ihn wartete.
    Nun stand er also vor ihm, Johann Vogt. Noch immer elegant gekleidet, mit glänzenden Stiefeln, aber sein einst so überheblicher Ausdruck war verblasst. Er starrte ihn unverwandt an.
    »Johann!«
    »Ja, ich bin es. Hast du gedacht, du wärst mich für immer los?« Seine Stimme klang wie ein Knurren, die Augen glühten vor Wut.
    »Was willst du?«
    »Was ich will? Das fragst du noch?« Vogt schüttelte die geballte Faust. »Du bist ein elender Verräter, ein Heuchler noch dazu! Du hast mich hinters Licht geführt mit deiner zur Schau gestellten Moral.«
    Der rohe Zorn stand ihm ins Gesicht geschrieben. Hufeland erkannte, |377| dass er dem nicht würde standhalten können, und sah sich um, bis zum Haus waren es nur wenige Schritte. »Red keinen Unsinn und lass uns darüber …« Weiter kam er nicht. Ein gewaltiger Schlag traf ihn in den Magen. Er sackte zusammen und fiel mit einem Stöhnen auf die Knie.
    »Du verdammter Schwächling«, brüllte Vogt. »Du hast noch immer nicht gelernt zu kämpfen!« Damit packte er ihn mit festem Griff, zog ihn nach oben und presste ihm eine Hand an die Gurgel. »Wie lange geht das schon?«, fragte er, während er die andere zur Faust geballt erhob.
    »Was meinst du?«, krächzte Hufeland und machte sich an der Hand zu schaffen, die sich immer stärker in seine Kehle drückte. Doch bevor er begriff und antworten konnte, traf ihn ein Hieb am linken Ohr, in dem sofort ein ungeheuerliches Dröhnen einsetzte. Es ließ ihn kurz verharren, bevor eine nie gekannte Wut in ihm aufkeimte. Mit halb geöffneten Augen ließ er seine Faust nach vorn schnellen, dass Vogts Kinn zur Seite flog.
    Von der Wucht des plötzlichen Angriffs überrascht, strauchelte Vogt nach hinten, hatte sich aber nur wenige Augenblicke später wieder gefangen und stürzte sich mit einem lauten Aufschrei auf ihn. Der heftige Aufprall riss Hufeland zu Boden, und noch während er stürzte, griff er nach Vogts Arm und zog ihn mit sich hinab. Sie rollten über den Vorplatz, keuchend und miteinander ringend, bis plötzlich blanker Stahl aufblitzte, in dem Hufeland ein Seziermesser erkannte.
    Die Hand mit dem Messer stieß nach vorn, und gerade als er sein Ende für gekommen glaubte, hielt Vogt inne, die scharfe Klinge gegen die Haut gepresst. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen, seine Hand zitterte, während die Schneide langsam ins Fleisch eindrang. Das helle Mondlicht beleuchtete sein verzerrtes Gesicht, zögerte er?
    »Um Himmels willen, komm zur Besinnung«, flüsterte Hufeland atemlos. »Ich bin überzeugt, wir können alles regeln.«
    »Halt den Mund! Verdammt, Christoph, warum in aller Welt hast du uns verraten? Du hast alles zerstört, was mir wichtig ist. |378| Und nun nimmst du mir noch Helene. Ich hatte geglaubt, du wärst ein Ehrenmann.«
    »Das bin ich. Lass uns reden. Bitte.«
    »Fahr zur

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