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Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Koschyk
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dort zu erledigen: Juliane von seinem Entschluss in Kenntnis zu setzen, sich von ihr zu trennen.

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JENA
14. MAI 1793
    Die Gassen waren nahezu menschenleer, bis auf wenige Männer in derber Kleidung und Holzschuhen, Marktleute, die begannen, ihre Stände aufzubauen. Hufeland blieb stehen, sog die Luft tief in seine Lungen und blickte zum Himmel, dessen sanftes Blau einen sonnigen Tag versprach. Der Duft des frühen Morgens war erdig und frisch, beschwor die Erinnerung an den vergangenen Abend und zauberte ein seliges Lächeln auf sein Gesicht, verdrängte alles Trübe, das seit Vogts nächtlichem Angriff seine Gedanken zu beherrschen suchte.
    Als er am Morgen erwacht war, hatte er wieder das Sehnen gespürt, das jedes Mal durch seinen Körper fuhr, wenn er an Helene dachte. An sie und an die Zeit, die vor ihnen lag, wenn sich all das Dunkle geklärt und in Licht verwandelt hatte.
    Nun aber musste er sich aufmachen, die Dämonen zu vertreiben, die diese Stadt im Griff hielten, und so hatte er zuallererst einen Brief abgeschickt, der das Geheime Consilium informierte, noch bevor er selbst ankäme. Nach dem Frühstück würde er sich um eine Kutsche kümmern, die Helene und ihren Bruder mitsamt dem Doktor nach Georgenthal bringen sollte. Mit Hahnemanns Einspänner würde er selbst nach Weimar fahren, bevor er den anderen nachfolgte.
    Kaum hatte er den Torbogen durchschritten, sah er eine Kutsche, die vor dem Haus stand. Erst dachte er, dass Hahnemann bereits einen Wagen hätte kommen lassen. Dann aber bemerkte er, dass eines der Fenster im oberen Stock weit geöffnet war. Er zählte die Reihen ab, es war das zum Schlafzimmer, und ihm stockte der Atem.
    |382| Vielleicht hatte er vergessen, es zu schließen, dachte Hufeland, oder eine der Mägde hatte begonnen, die Zimmer zu lüften.
    Dass nichts davon zutraf, erkannte er, als er die große Eingangstür öffnete und beinahe über einen Berg von Koffern und Truhen gestolpert wäre. Dabei riss er eine große Hutschachtel um. Verärgert hob er sie auf.
    Vom Lärm alarmiert, erschien Juliane am Ende der Treppe. Sie trug ein tief dekolletiertes Mantelkleid, das sich in der Mitte teilte und einen Rock aus Seide freigab, das Schultertuch locker über der Brust geschlossen. Ihr Haar war auffallend gelockt und ein wenig zerzaust, so wie es am Hofe zu Weimar gerade Mode war. In der Hand hielt sie einen paillettenbestickten Fächer, den sie mit raschen Bewegungen zum Funkeln brachte.
    Ihm war, als würde er aus einer anderen Welt zurück in die Realität gerissen. War es der Hohn des Schicksals? Gestern erst hatte er den Entschluss gefasst, nach Weimar zu fahren, um sich von ihr zu trennen, nun stand sie vor ihm wie ein Gespenst, seinen Gedanken entstiegen. »Juliane«, sagte er fassungslos. »Was machst du hier?«
    »Du kommst von einem Spaziergang?«, fragte sie, ohne auf seine Frage zu antworten. Ihr Gesicht war weiß geschminkt, sie fand es immer unschicklich, wenn Frauen ihr Gesicht in die Sonne hielten, nun aber hatte sie deutlich nachgeholfen, das sah er sofort. Sie schritt die Treppe hinab, der Seidenrock raschelte bei jeder Bewegung, mit graziöser Haltung nahm sie Stufe für Stufe, wobei sie beständig den Fächer bewegte. Dann entdeckte sie Helene, die zu allem Unglück soeben an der oberen Balustrade gegenüber der Treppe erschien, und hielt in der Bewegung inne.
    »Ach, und da ist ja auch diese … Dame. Nun, Christoph, hast du dich amüsiert in meiner Abwesenheit? Es scheint, dass sie ein hartes Regiment führt. Du siehst fürchterlich aus, mein Lieber.«
    »Juliane!«, rief er mahnend. Er strich sich über die geschwollene Stelle unter seinem linken Auge und sah zu Helene, die erblasste. Dann ging er seiner Frau entgegen, nahm sie fest am Arm und zog sie in das angrenzende Esszimmer. Durch die heftige Bewegung begann seine Schulter zu pulsieren. Er presste seine Hand gegen |383| die Wunde, was den Schmerz jedoch nur wenig minderte. »Wo sind die Kinder?«
    »Die sind in Weimar geblieben. Hannchen passt auf sie auf.«
    »Du wirst sofort wieder zurückfahren.«
    »Das werde ich nicht!« Sie gab ihm eine Ohrfeige. »Du dachtest, du könntest mich loswerden, um mich hinter meinem Rücken zu betrügen! Ich weiß über alles Bescheid. Einer der Studenten unseres Hauses hat mich in einem ausführlichen Brief darüber informiert, dass diese Frau seit meiner Abfahrt beinahe täglich in unserem Haus ein und aus geht und nun sogar hier wohnt.«
    Seine Wange brannte.

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