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Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin

Titel: Die Alchimistin 01 - Die Alchimistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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gönnte den beiden noch einen Augenblick der Ruhe und ging dann mit den benommenen Kindern zurück zum Pferdewagen. Er stand unverändert am zerstörten Tor des Geländes, dort, wo sie ihn vor Stunden zurückgelassen hatten.
    Nachdem er den Kindern aus seinem Mantel ein notdürftiges Lager auf dem Boden des Wagens bereitet hatte, stieg Gillian auf den Kutschbock. Er ließ die beiden Pferde wenden und lenkte das Gefährt den holprigen Weg ins Tal hinab. Er selbst fror jetzt erbärmlich und würde sich fraglos erkälten, aber die Kinder hatten seinen Mantel nötiger als er. Endlich hatte das Bild der Vergangenheit an Klarheit gewonnen, die Ereignisse ergaben allmählich einen Sinn.
    Gegen zehn Uhr vormittags erreichten sie Zürich. Zu diesem Zeitpunkt hatte Gillian längst das Gefühl, es sei nicht mehr er selbst, der die Pferde lenkte. Müdigkeit und Ermattung drohten ihn zu überwältigen.
    Bis zum Abend blieben sie in ihrem Hotelzimmer. Als Gillian kurz nach acht erwachte, stand er vor der Entscheidung, ihre Reise sogleich fortzusetzen oder bis zum nächsten Morgen damit zu warten. Um den Zeitrhythmus der Kinder nicht vollends auf den Kopf zu stellen, beschloß er, die Bahnfahrt erst am kommenden Tag, einem Mittwoch, anzutreten.
    Die Nacht über lag er die meiste Zeit wach, wälzte sich unruhig hin und her und ließ sich den Bericht der Kinder ein ums andere Mal durch den Kopf gehen. Als über den Dächern Zürichs der Morgen graute und die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen, glaubte er, aus den Fragmenten ein mehr oder minder komplettes Bild der Ereignisse zusammengesetzt zu haben. Einiges hatte er bereits zuvor von seinen Freunden erfahren, manches in den alten Schriften entdeckt, die sich in ihrem Besitz befanden; das meiste aber war auch für ihn neu gewesen. Er zweifelte nicht mehr, daß die Entscheidung, Tess und Gian zu den Ruinen des Klosters zu bringen, richtig gewesen war.
    Während er die schlafenden Kinder betrachtete, überkam ihn schmerzlich die Erinnerung an Aura. Er wußte nicht, wo sie war, wußte nicht, ob es ihr gutging. Allein über ihren Aufbruch nach Swanetien hatte er Nachricht erhalten; was aber weiter aus ihr und Christopher geworden war, blieb ungewiß. Er konnte nichts tun, als für sie zu hoffen.
    Nachdem er Gian und Tess geweckt und ein eiliges Frühstück mit ihnen eingenommen hatte, fuhren sie zum Bahnhof. Die Verbindung hatte er sich gleich nach ihrer Ankunft heraussuchen lassen, auch die Fahrscheine steckten schon in seiner Tasche.
    Der Zug stand bereit, und nur wenige Minuten nachdem sie ein leeres Abteil entdeckt hatten, setzte er sich in Bewegung. Die Stadt blieb hinter ihnen zurück, und die Eisenbahn dampfte am Ufer des Zürichsees entlang in östliche Richtung.
    Durch fruchtbare, waldbedeckte Täler zwischen schroffen Felsengipfeln führte sie die Reise nach Österreich. Am frühen Nachmittag erreichten sie Innsbruck und wechselten dort in einen Zug, der über Bozen und Trient nach Verona fuhr. Dort hatten sie abermals die Wahl, die Stunden bis zum Morgen in einem Hotel zu verbringen oder einen Nachtzug zu nehmen, der sie weiter nach Osten bringen würde. Da die Kinder während der Fahrt geschlafen hatten, fiel die Entscheidung leicht. Eine Stunde nach Mitternacht ließen sie sich müde in einem nahezu leerstehenden Großraumwagen nieder, in der Gewißheit, daß sie für die ausstehenden hundert Kilometer über vier Stunden brauchen würden. Tatsächlich hielt der Zug in jeder noch so winzigen Ortschaft, und schließlich sorgte ein über die Ufer getretener Strom hinter Padua für eine weitere Verzögerung von nahezu zwei Stunden. Die Kinder bekamen von alldem nichts mit, aber Gillian fluchte im stillen vor sich hin. Mürrisch beobachtete er die nächtlichen Räumungsarbeiten. Nachdem der Uferschlamm von den Schienen gespült war, ging die Fahrt endlich weiter. Gian erwachte und blickte aus den Fenstern. Am flachen Horizont hatte sich der Nachthimmel grau gefärbt. In der anbrechenden Dämmerung schnaufte der Zug durch eine sumpfige, von Kanälen durchzogene Landschaft.
    »Sind wir bald da?« fragte der Junge.
    Gillian nickte gedankenverloren. Während der vergangenen Jahre hatte er diese Gegend liebgewonnen, hatte sie als sein neues Zuhause akzeptiert. Nun aber stimmte ihn die Rückkehr traurig. Er hätte viel dafür gegeben, jetzt an Auras Seite zu sein. Dort, wo sie hinging, hatte sie Hilfe bitter nötig, und die seine vielleicht mehr als jede andere.
    Der Zug hielt

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