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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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aber die Bildsprache der urchristlichen Kulte durchzog die Werke der Hermetiker wie ein verzweigtes Adernetz. Vor allem die Schlange und der Drache tauchten wieder und wieder als Symbol für das Große Werk auf, als Sinnbild für den Stein der Weisen und das ewige Leben.

    Die Geräusche aus dem Saal wurden ekstatischer, als Aura zum Eingang der Fürstensuite schlich und vorsichtig die Klinke nach unten drückte. Verdammt, sie hatte draußen auf dem Gang das Licht brennen lassen.
    Leise schob sie die Tür der Suite hinter sich zu und folgte dem gebogenen Korridor zurück zur Treppe ins Foyer. Sie musste aus dem Variete verschwunden sein, wenn sich die Versammlung auflöste und die Kultisten den Heimweg antraten, zurück in ihre Banken und Büros, ihre Villen und Palais.
    Sie betrat die Stufen durch die Tür mit dem Lederüberzug und huschte hinab in die Eingangshalle. Rot und Gold leuchteten ihr von unten entgegen. Das Portal zum Saal blieb geschlossen, die beiden Treppen, die links und rechts zu ihm emporführten, waren verlassen.
    Kaum hatte sie das Foyer zur Hälfte durchquert, als die Milchglastür zum Gang mit den Schaukästen geöffnet wurde. Der alte Mann betrat den Raum. Er trug eine Schrotflinte, die in Auras Richtung wies.
    Sie hob beschwichtigend die Hände. »Warten Sie!«
    Hinter ihr erklang wie aus dem Nichts eine Stimme. Als Aura herumfuhr, stand dort Sophia in Gold und Silber, als wäre sie schon die ganze Zeit über Teil der üppigen Dekoration gewesen.
    »Ach, Aura«, sagte sie leise.
    Die Tür zum Saal schwang auf und die ersten Ophiten strömten ins Foyer.

KAPITEL 40
    Zwei Stunden lang blieb sie allein in einem Raum hinter der Bühne eingesperrt. Ihre einzige Gesellschaft war ein mannsgroßer Löwenkopf aus Pappmache vor der Rückwand, ein ausgemustertes Stück Theaterkulisse. Seine schwarzen Augen schienen sie zu beobachten, ganz gleich, wo im Raum sie sich aufhielt.
    Dann endlich näherten sich leichtfüßige Schritte der Tür, ein Schlüssel wurde im Schloss gedreht. Aura war nicht gefesselt und hätte sich auf Sophia werfen können, aber sie nahm an, dass der alte Mann oder ein anderer Lakai mit geladener Waffe im Hintergrund stand.
    Um so erstaunter war sie, als Sophia mit gehetztem Gesichtsausdruck durch den Spalt glitt, die Tür hinter sich zudrückte und den Rücken dagegenpresste, als könnte ihr Fliegengewicht tatsächlich jemanden davon abhalten, ihr zu folgen.
    »Wer ist da draußen?« Aura verschränkte die Arme vor der Brust. »Der allmächtige Jaldabaoth?«
    Sophia verzog nicht mal die Mundwinkel. »Warum bist du immer noch hier? Ich hab dir zwei Stunden Zeit verschafft, um —«
    »Erst hat mir dein alter Freund seine Flinte vors Gesicht gehalten und dann hast du mich eingesperrt. Zeit verschaffen sieht anders aus.«
    Sophia schüttelte den Kopf. »Ich hab nur die Tür abgeschlossen.« Sie deutete auf den riesigen Löwenschädel. »Sag bloß, du hast ihn dir nicht genauer angesehen.«
    »Ich hatte anderes im Kopf. Zum Beispiel, wie ich dir am besten an die Gurgel gehe.«

    »Oh, Aura.« Sophia schloss die Tür ab, ließ den Schlüssel aber stecken, als sie an Aura vorbeilief und mit ausgestreckten Armen gegen das Löwenhaupt drückte. Die gewaltige Skulptur war leichter, als sie aussah, glitt mühelos zur Seite und gab den Blick frei auf eine Tür in der Rückwand. Sophia fuhr sich mit den Händen durchs Haar, Glassteine klimperten achtlos zu Boden. »Ich kann nicht glauben, dass du die nicht gefunden hast!«
    Aura starrte sie entgeistert an, nicht sicher, ob sie sich selbst oder ihr Vorwürfe machen sollte. »Ich hab nicht die leiseste Ahnung, was für ein Spiel du hier spielst.«
    Noch einmal eilte Sophia zurück zum Eingang und legte horchend das Ohr ans Holz. »Sie werden bald hier sein. Wir haben nicht viel Zeit. Komm mit!« Und damit rannte sie zu der Tür in der Rückwand, öffnete sie und winkte Aura hindurch. »Beeil dich!«
    Aura rührte sich nicht von der Stelle. »Was ist dahinter?«
    »Ein Gang. Eine Treppe. Die Möglichkeit, heil von hier zu verschwinden. Nun sieh mich nicht so an ... Was hätte ich denn tun sollen? Du musstest dich ja unbedingt erwischen lassen. Ist das wirklich alles, was du in all den Jahren gelernt hast? Mitten durch ein hell erleuchtetes Foyer zu schleichen? Herrgott, Aura, jeder Anfänger hätte das besser hinbekommen.« Sie nickte noch einmal zu der offenen Tür. »Wenn wir jetzt nicht abhauen, finden sie dich. Und ich würde dann ungern in

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