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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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den Octavians mit deren Zustimmung untergeschoben wurde. Niemand hat je dagegen aufbegehrt, genauso wenig wie gegen so vieles andere. Vielleicht war das eine Art Pakt, den die beiden miteinander geschlossen haben, ein wiederkehrender Liebesbeweis. Die Antwort darauf könnte uns nur Sophia selbst geben. Ich habe seit Jahren versucht, die Genealogie der Octavians zu rekonstruieren. Ich
wollte herausfinden, was meine Mutter all die Jahre über an diesen Mann gebunden hat ... und wie das andere Leben meines Vaters aussah, mit seiner zweite Familie.«
    Aura musterte sie durchdringend. »Nestor war Ihr leiblicher Vater? Und Estella und Ludovico wurden gezwungen, Sie als ihr eigenes Kind großzuziehen?«
    Diesmal antwortete Sylvette: »Ihr seid Halbschwestern, Aura. Ob dir das gefällt oder nicht – Axelle und du, ihr habt denselben Vater.«
    »Das ist absurd«, gab Aura kopfschüttelnd zurück.
    Axelle hob die Schultern. »Mir ist es gleich, ob Sie mir glauben. Ich habe nicht vor, Sie von irgendwas zu überzeugen. Sie haben mich gefragt, was ich weiß, und ich erzähle Ihnen, was ich herausgefunden habe. Akzeptieren Sie’s oder lassen Sie es bleiben.«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Aura, dass Gillian sie mit einem Ausdruck von Besorgnis beobachtete, so als erwartete er, dass es zwischen ihr und Axelle jederzeit zu Handgreiflichkeiten kommen könnte. Aber sie war nicht wütend auf Axelle, auch wenn sie beschlossen hatte, sie nicht ausstehen zu können. Vielmehr kochte wieder der Zorn auf Nestor in ihr hoch. Selbst so viele Jahre nach seinem Tod verfolgte er sie noch immer.
    »Mein Vater«, sagte sie, »hat vieles getan, das sich schwer nachvollziehen lässt. Mit Sophia ins Bett zu gehen gehört zu den Dingen, für die ich mehr Verständnis aufbringen kann als für manch anderes.«
    Am Ende war auch dies nur eine Fußnote mehr in Nestors Geschichte, noch ein unbekannter Mosaikstein seines Lebens. Sie wollte endlich abschließen, wollte ihn ganz und gar aus ihrer Erinnerung streichen.
    »Sie werden bemerkt haben«, sagte Axelle, »dass Sophia eine ziemlich undurchsichtige Rolle in diesem Haus spielt. Nun, sie ist Mutter, Großmutter und Urahnin zugleich. Deshalb begegnet
ihr jeder hier mit Respekt und sogar Ehrfurcht. Ich bin mit dieser Haltung aufgewachsen, sie wurde niemals offen in Zweifel gezogen. Und ich habe lange gebraucht, um zu erkennen, dass es mir erst gelingen würde, aus Sophias Schatten zu treten, wenn ich mehr über sie und die Wurzeln der Octavians herausfinde. Sylvette hat mir erzählt, dass es Ihnen mit Ihrem Vater ganz ähnlich ergeht, Aura. Vielleicht verstehen Sie ja, was mich antreibt.«
    Aura deutete auf Axelles Hand, die sich über Sylvettes geschoben hatte. »Dazu?«
    Ihre Schwester wollte auffahren, aber Axelle warf ihr einen besänftigenden Blick zu. »Ich kann mir vorstellen, wie das hier für Sie aussehen muss. Aber ich liebe Ihre Schwester. Und, glauben Sie mir, ich war überaus erleichtert, als ich erfahren habe, dass Nestor nicht auch ihr Vater war.«
    »Und es war natürlich reiner Zufall, dass Sie Sylvette gerade jetzt begegnet sind.«
    Sylvette fuhr Aura an: »Du selbstgefälliges Miststück! Nur weil du selbst keine Ahnung hast, was es bedeutet, glücklich zu sein, musst du das Glück aller anderen vergiften!«
    »Ich war neugierig auf Ihre Familie«, gestand Axelle, »darum habe ich Nachforschungen angestellt. Ich habe versucht, mehr über die Chronik der Institoris herauszufinden, habe mit Menschen gesprochen, die dem Schloss einen Besuch abgestattet hatten, habe mich natürlich auch in den einschlägigen Kreisen umgehört über Nestor und das, was über ihn bekannt war. Allzu viel ist nicht dabei herausgekommen. Also beschloss ich, mit jemandem aus Ihrer Familie Kontakt aufzunehmen. Viele kamen nicht infrage, Sie selbst waren ja in London. Darum habe ich mich an Sylvette gewandt. Ich erfuhr, dass sie eine Einladung zu einem Ball in Berlin angenommen hatte, irgendein geschäftlicher Anlass, und dort habe ich sie« — sie wandte sich an Sylvette – »habe ich dich angesprochen. Erst ist es nichts als Neugier gewesen, aber dann ...« Sie brach ab und zuckte die Achseln.

    Rührend, dachte Aura, aber diesmal verkniff sie sich jede Bemerkung. Sie wollte Sylvette nicht wehtun. Im Augenblick war ihr das wichtiger als Nestors Vergangenheit, wichtiger sogar als die Frage, ob Axelle und sie tatsächlich denselben Vater hatten.
    Sylvette sah Aura mit festem Blick an. »Anfangs wollte ich

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