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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nur mehr über die Alchimie erfahren. Mir war klar, dass du mich niemals in alles einweihen würdest. Axelle schien einiges darüber zu wissen, also verabredeten wir uns. Ich schätze, wir wollten uns gegenseitig aushorchen und waren ... überrascht, dass es damit nicht endete.«
    Aura gab sich vorerst geschlagen. Sylvette war eine erwachsene Frau Mitte dreißig, die selbst wissen musste, was sie tat. »Wer ist Sophia wirklich?«, fragte sie in Axelles Richtung. »Woher stammt sie, wie ist sie unsterblich geworden? Und wie sind Nestor und sie einander begegnet?«
    Gillian atmete hörbar auf, wohl weil das Gespräch in sachlichere Bahnen zurückkehrte.
    »Sie hat ihre Spuren mit großem Ehrgeiz verwischt. Und trotzdem ...« Axelle erhob sich und ging hinüber zu der Reisetasche, die sie neben der Salontür abgestellt hatte. Heraus zog sie ein vergilbtes Buch, kam zu Aura und reichte es ihr.
    Acta societatis jablonovianae nova stand unter dem unbeschrifteten Umschlag auf dem Deckblatt. Tomus I. Erster Band. Zwischen den hinteren Seiten steckte ein Lesezeichen. Als Axelle ihr auffordernd zunickte, schlug Aura das Buch an dieser Stelle auf. Über einem in Latein verfassten Kapitel las sie die Überschrift Genealogia Bathoriorum e genuinis monumentis exposita.
    »Bathoriorum?« Auras Blick ruckte hoch. »Ist das —«
    »Die Geschichte der Familie Báthory. Eines der mächtigsten ungarischen Adelsgeschlechter des Spätmittelalters.«
    Gillian stand auf und warf einen Blick in das Buch. »Wollen Sie damit sagen, Sophia ist die Bäthory? Elisabeth Bäthory?«

    Axelle nickte. »Die legendäre Blutgräfin. Es hat eine Weile gedauert, bis ich dahintergekommen bin, aber während des letzten Jahres haben sich die Bausteine langsam zusammengefügt. Ich habe die Orte besucht, an denen sie einst lebte, habe Stammbäume überprüft, dann die Umstände ihres angeblichen Todes und ihre Spuren bis nach Prag.« Axelle bat Aura um das Buch, als könnte sie damit ihre Behauptungen untermauern. »Das hier ist nur einer von unzähligen Bänden, die ich gewälzt habe, um Überschneidungen zu finden und Deutungsmöglichkeiten. Eine ganze Kiste davon ist unterwegs hierher, und es gibt noch eine Menge mehr in einer Wohnung in der Altstadt, die ich vor einer Weile angemietet habe. So vieles deutet darauf hin, dass meine Vermutung richtig ist ...«
    Im späten sechzehnten Jahrhundert war Elisabeth Báthory der Spross einer der einflussreichsten osteuropäischen Adelsfamilien gewesen. Ihr Onkel mütterlicherseits war König von Polen, einer ihrer Brüder herrschte in Siebenbürgen. Noch als Kind wurde sie mit einem ungarischen Grafen verheiratet und zog mit ihm auf die Burg Cachtice in den Kleinen Karpaten. Der Legende nach hatte sie schon als junge Frau ihre Bediensteten für belanglose Fehltritte grausam bestraft, ehe sie schließlich in einen regelrechten Mordrausch verfiel. Angeblich hatte sie mithilfe einiger Getreuer über sechshundert Mädchen getötet, um in deren Blut zu baden und sich so die ewige Jugend zu erhalten. Im Jahr 1610 wurde sie schließlich festgenommen und verurteilt. Ihre Helfer endeten auf dem Scheiterhaufen, sie selbst wurde in einer Kammer ihrer Burg eingemauert, wo sie, so hieß es, einige Jahre später gestorben war.
    Aura stand auf und trat vor den Kamin. Die Hitze spürte sie nicht mehr. »Balthasar hat mir von ermordeten Mädchen hier in Prag erzählt. Eine Mordserie, die vor ein paar Monaten abgebrochen ist. Glauben Sie –«
    »Nein«, entgegnete Axelle in aller Entschiedenheit. »Verstehen
Sie mich nicht falsch, ich will meine Mutter nicht verteidigen. Große Zuneigung haben wir nie füreinander gehegt, und ich bezweifle nicht, dass es viele der Opfer zwischen 1585 und 1610 wirklich gegeben hat. Aber ich bin auch überzeugt davon, dass sie schon seit langer Zeit nicht mehr gemordet hat. Die ewige Jugend hat sie zwar erlangt, nur denke ich, dass sie einen anderen Weg gefunden hat – einen, der keine Blutopfer erfordert. Sie lebt seit zweihundert Jahren hier in Prag, und währenddessen gab es keine verdächtigen Mordserien, nichts, was auf eine Fortführung ihres Treibens von damals hinweisen würde. Ein wenig verrufen mag sie sein, nicht ganz den Moralvorstellungen der böhmischen Gesellschaft verpflichtet, aber eben doch keine hundertfache Mörderin mehr.«
    »Mord verjährt nicht.« Gillian sank zurück in den Sessel.
    Aura setzte sich auf seine Armlehne, aber ihr Blick blieb auf Axelle gerichtet. »Gehen

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