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Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Kraft –, aber zugleich ist da noch mehr. Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, da hab ich es gewusst. Du brauchst diesen Gillian nicht, einen Meuchelmörder ohne Ambitionen, ohne Überzeugungen. Dein Vater und
ich, wir haben Menschen getötet, das ist wahr ... aber wir wussten wenigstens, wofür wir es taten. Dein Freund Gillian mordet für nichts als Geld. Und das ist der Mensch, mit dem du dein Leben verbringen willst?«
    Aura lachte sie aus. »Du wirst auf deine alten Tage doch nicht die bürgerliche Moral für dich entdecken?«
    »Ich sorge mich um dich. Ist das so verwerflich?«
    »Du hättest mit mir schlafen sollen, als du die Chance dazu hattest. Dann hätten wir es hinter uns gebracht und du müsstest dich nicht weiter um mich sorgen. «
    Sophia schmunzelte. »Du weißt nichts mehr von dieser Nacht, hm?«
    Einen Moment lang war Aura tatsächlich perplex. Aber dann erkannte sie, was ihr schon die ganze Zeit über merkwürdig erschienen war: Woher wusste Sophia, wer Gillian war und was er getan hatte?
    »Großer Gott – du arbeitest für ihn ? Für Lysander?« Nestor musste ihr doch von seinem Erzfeind erzählt haben. Wenn sie ihn wirklich derart geliebt hatte wie sie behauptete, dann konnte sie doch nicht allen Ernstes –
    »Lysander?« Sophias Augen verengten sich. »Ist er denn hier? In Prag?«
    »Von wem weißt du all das über Gillian?«
    »Was hat das –«
    »Von wem, Sophia? Von diesem Graugast?«
    Es war nicht mehr nötig, dass Sophia darauf eine Antwort gab. Ihre Miene verriet zum ersten Mal in aller Offenheit, was in ihr vorging.
    Aura stieß einen Fluch aus.
    Sophias Stimme schwankte ganz leicht, ein kaum merklicher Verlust ihrer Selbstbeherrschung: »Willst du behaupten, Graugast sei Lysander?«
    »Seit wann weißt du von Gillian? Noch nicht lange, oder?«

    »Nicht mal eine Stunde. Einer von Graugasts Leuten kam zu mir. Ihm selbst bin ich nie persönlich begegnet, aber er hat mir manchmal Gäste ins Variete geschickt. Geschäftsfreunde, hieß es dann.«
    »Auch einen sehr alten Mann?«
    »Ja ... ja, da war einer.«
    »Das muss er selbst gewesen sein. Hör zu, Sophia. Gillian hat Nestor getötet, das ist wahr. Aber die Männer, die dahintersteckten, waren Lysander und Morgantus. Sie haben ihm den Auftrag dazu gegeben. Wir alle dachten, Lysander sei schon lange tot, aber nun sieht es so aus, als hätten wir uns getäuscht. Vermutlich ist er schon vor einer ganzen Weile inkognito nach Prag gekommen. Graugast und Lysander sind ein und dieselbe Person! Derselbe Mann, der meinen Vater ermorden ließ. Und wenn er dir heute Nacht Gillian ans Messer liefert, dann hat er das mit Sicherheit getan, um –«
    »Um mich von irgendetwas abzulenken.« Sophia presste die Lippen aufeinander. Mit bebenden Händen schlug sie die Kapuze hoch, wohl damit ihr die Ophiten nicht ansehen konnten, wie sehr diese Eröffnung sie aus der Fassung brachten.
    Aura überlegte fieberhaft, wie sie die Situation für sich nutzen könnte, als sich die schemenhafte Menschenreihe in Sophias Rücken teilte. Eine Gestalt taumelte heran, ein Mann im Kapuzenmantel wie die anderen, aber ohne Maske. Aus einer Platzwunde lief ihm Blut in die Augen.
    »Was?«, schnauzte Sophia ihn an.
    Leise und atemlos redete er auf sie ein. Danach war Sophias blasse Haut so weiß wie die Maskerade ihrer Anhänger. Aura musste sie nur ansehen, um zu ahnen, was geschehen war.
    »Graugasts Männer sind ins Palais eingedrungen«, sagte Sophia tonlos. »Sie haben alle, die dort waren, als Geiseln genommen. Und jetzt wollen sie, dass wir auf der Stelle dorthin kommen. Nur du und ich, Aura.«

KAPITEL 49
    Ludovico Octavian lag ausgestreckt auf dem Bauch. Zwischen den Eichendielen hatte sich ein blutiges Rinnsal gebildet; wie ein Pfeil wies es auf die Tür, durch die man Aura und Sophia in den Salon geführt hatte. In seinem Hinterkopf klaffte ein faustgroßes Loch. Hirnmasse und Knochensplitter waren über seinen Nacken verteilt wie Haferbrei.
    Sophia sprach bei seinem Anblick kein Wort und Aura vermochte nicht zu sagen, ob der Tod ihres Sohnes die Unsterbliche mehr berührte als die aufgebrochene Haustür oder der Fleck auf dem Parkett.
    Anders als die übrigen Octavians im Salon war Ludovicos Leichnam nicht gefesselt. Er musste gleich nach dem Auftauchen von Graugasts Männern getötet worden sein, womöglich während eines verzweifelten Versuchs, einmal im Leben echte Tapferkeit zu zeigen. Eher eine dumme Idee.
    Seine Frau Estella und die

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