Die Alchimistin 03 - Die Gebannte

Titel: Die Alchimistin 03 - Die Gebannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer

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immer irgendwo dort oben herumschlich. Aber dann erkannte sie den trägen Rhythmus der Schritte und hörte das leise Schleifgeräusch, das sie begleitete.
    Einen Moment lang verfielen alle in Schweigen.
    Hoch oben über der Passage betrat Galathee von links die Brücke und humpelte auf den leblosen Gillian zu. Die Zeit schien stehen zu bleiben, während das Gliederkind über den Steg schlurfte, mit wirrem Haar und schmutzigem Kleidchen, an einer Hand die schlenkernde Puppe.
    »Galathée!«, schrie Severin. »Geh da weg!« Seine Stimme überschlug sich fast. »Zurück, hab ich gesagt!«
    Aber das Gliederkind ließ sich nicht beirren, hatte nun beinahe schon die Mitte der Brücke erreicht.
    »Nicht schießen«, murmelte Lysander. »Du darfst sie auf keinen Fall treffen.«
    Plötzlich konnte Aura ein Stück von Severins Arm erkennen. Er hatte sich hinter der linken oberen Brüstung erhoben, weit genug vom Geländer entfernt, um dem Mann im Erdgeschoss kein Ziel zu bieten. Aufgeregt winkte er Galathee zu, während er erneut ihren Namen rief.
    Das Gliederkind blieb unmittelbar neben Gillian stehen. Hob den rechten Arm und schien die Puppe vor seinem Gesicht baumeln zu lassen. Als er nicht reagierte, ließ sie die Hand wieder sinken.
    »Ich ... ich ...«, wisperte das Echo in den Tiefen der Passage. »Ich ... ich ... ich ...«
    Ein Schuss peitschte. Jemand schrie auf.
    Auras Kopf fuhr herum zu dem Mann mit der Pistole. Aber
er war es nicht, der geschossen hatte, und die Kugel hatte auch nicht Gillian gegolten.
    Ein zweiter Schuss. Der Schrei brach ab. Irgendwo polterte es. Sie konnte Severin jetzt nicht mehr sehen.
    Übermütig rief Bavor etwas in seiner Muttersprache. Seine Schritte erklangen auf der rechten Galerie im ersten Stock, als er zurück zur Treppe und weiter nach oben stürmte. Lysander brüllte etwas, das sie gleichfalls nicht verstand, dann wandte er sich ihr zu und kam näher.
    »Wirst du jetzt vernünftig sein? Bavor hat Severin Octavian erledigt. Wir können uns nun also in Ruhe diesem Geschöpf widmen. Ich gebe Befehl, dich loszulassen, wenn du mir versprichst, dass du nicht gleich wieder die Heldin spielst.«
    Verbissen nickte sie und kam Sekunden später frei. Ihr Blick suchte Gillian, bewegungslos auf der Brücke, und Galathee gleich neben ihm. Ein Luftzug spielte mit ihrem langen Haar.
    Hoch oben erreichten Bavors Schritte auf der Eisentreppe den zweiten Stock. Der kleine Mann befand sich nicht auf derselben Seite der Passage wie Severin, musste ihn aber von seinem Standort aus sehen können. »Der rührt sich nicht mehr!«, rief er auf Deutsch, damit auch Aura von seinem Triumph erfuhr.
    »Schnapp dir das Kind«, entgegnete Lysander, »und bring es zu mir!«
    Da setzte sich Galathee in Bewegung, wandte sich von Gillian ab und humpelte zurück nach links, zu jener Galerie, auf der irgendwo ihr Schöpfer lag.
    »Beeil dich, nun mach schon!«, brüllte Lysander.
    Was geschah, wenn Galathee zerstört wurde? Starb die Hesperide dann mit ihr? Oder blieb sie in den Überresten gefangen?
    Noch einmal rief Lysander auf Tschechisch etwas zu Bavor hinauf. Die Schritte des Wieselmannes wurden hastiger. Um auf dem schnellsten Weg die andere Seite zu erreichen, musste er die Brücke überqueren.

    Der Mann mit der Pistole hielt die Waffe nun wieder auf Aura gerichtet. Er würde sich kein zweites Mal von ihr überwältigen lassen. Der andere Kerl stand zwischen ihr und Lysander, und sie alle sahen zur Brücke hinauf.
    Galathée erreichte die Galerie und verschwand aus Auras Blickfeld, während Bavor von der anderen Seite hinaus auf den Steg stürmte. Er wurde langsamer, als er sich dem reglosen Körper in der Mitte näherte. Wachsam hielt er die Waffe auf ihn gerichtet.
    »Er darf nicht schießen«, fauchte Aura. »Lysander, sag ihm das!«
    Aber der alte Mann schwieg und wartete ab.
    »Wag es ja nicht, auf ihn zu schießen!«, brüllte sie zur Brücke hinauf. »Hörst du mich, Bavor? «
    Der kleine Mann erreichte das Zentrum der Brücke. Über ihm wölbte sich das gläserne Facettendach der Passage und reflektierte trübe das Licht der zahllosen Lampen.
    »Kümmer dich erst um das Kind!«, rief Lysander.
    Bavor aber blieb breitbeinig stehen. Umfasste die Pistole mit beiden Händen und neigte den Kopf ein wenig.
    Aura rannte los. Ungeachtet ihres Bewachers stürmte sie hinüber zur Eisentreppe. »Lysander, halt ihn auf, verdammt!«
    Stimmen und Schritte folgten ihr, Lysander gab Befehle, aber sie hetzte weiter,