Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Aldi-Welt

Die Aldi-Welt

Titel: Die Aldi-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Hintermeier
Vom Netzwerk:
wenig zu befürchten – solange er sich an die einzige Direktive hält: Wachstum. Seit 1988 hat Shields den Umsatz mehr als verdoppelt.
    Theo Albrecht ist im Vergleich zum Südbruder eindeutig der quirligere Auslandsaktivist. Während Karl sich neben Österreich und USA derzeit noch auf dem als sehr schwierig geltenden englischen Markt versucht, hat sich sein Bruder auf dem Festlandssockel die Leckerbissen unter den Nagel gerissen. Er akquirierte im großen Stil in den Niederlanden. Die Aldi Inkoop umfaßt folgende Betriebsgesellschaften: Die Albrecht Culemborg BV (50 Filialen), die Albrecht Ommen BV (55 Filialen) und die Aldo Best BV (80 Filialen). Karl Albrechts Engagement beschränkt sich in Holland auf einen sechsprozentigen Anteil an der Supermarktkette De Boer Winkelbedrijven. Auch in Belgien hat der Aldi-Krake seine Fangarme ausgestreckt.
    Aldisierung im Land der Austern, Baguettes und nobler Rotweinsorten? Mais oui Das Engagement im Nachbarland Frankreich ist besonders reizvoll, weil den Teutonen auch dort keine Zukunft vorhergesagt wurde. Denn Frankreich galt seit jeher als supermarktfeindlich. Noch 1970 gab es bei unseren westlichen Nachbarn gerade mal 200 Supermärkte, worunter alles mögliche subsumiert wurde – Läden mit einer Fläche zwischen 200 und 2500 Quadratmetern. 1995 sah die Lage entscheidend anders aus. Über 7000 Supermärkte und mehr als 1000 sogenannte Hypermarchées mit durchschnittlich 5600 Quadratmetern Verkaufsfläche warben um Kunden. Diese Riesenläden bieten ein Sortiment zwischen 40000 und 70000 Artikeln – und haben ein Viertel des gesamten Lebensmittel- und Konsumgüterumsatzes gewonnen. Die damit verbundene Verwüstung der städtischen Landschaft, die optische Verhunzung der ohnehin schon wenig attraktiven Vorstädte, führte zwar Mitte der neunziger Jahre zu einer Regelung, nach der Läden über 300 Quadratmeter Verkaufsfläche gesetzlich genehmigungspflichtig sind, aber das Kind – die Einzelhandelslandschaft – war schon in den Brunnen gefallen. Freilich verschärfte sich dadurch auch die Konkurrenzsituation für den deutschen Discounter.
    Aldi begann den Einstieg in den französischen Markt im Nordosten, allerdings unter schwerem Beschuß durch den ebenfalls in Frankreich expandierenden Discounter Lidl, der Aldi in der Zahl der Filialen bereits 1993 um einiges übertraf; auch Norma ist seit damals mit im Rennen. Angeblich sei auf dem französischen Markt der Preis nicht das Entscheidende, sondern das Angebot an Frischwaren. Übereinstimmend haben jedenfalls alle drei deutschen Discounter erklärt, die französischen Verbraucher hätten Ansprüche, die man erfüllen müsse. Tatsache ist, daß Aldi auch in Frankreich fast ohne Werbung auskommt.
    Durch einen Überraschungscoup im Sommer 1996 kam dann die deutsche Discountidee mit voller Wucht über die Franzosen. Aldi schluckte die Discountkette Dia, die bislang zu Promodes S. A. (Mondeville) gehört hatte – der drittgrößten Einzelhandelskette des Landes. Dia war mit 70 Filialen vor allem in Südfrankreich stark. Natürlich war über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart worden. Aldi machte durch die Einverleibung einen gewaltigen Sprung und steigerte seinen Marktanteil von 4,7 auf 11,5 Prozent (womit auch Konkurrent Lidl wieder in Bedrängnis geriet). Der Unternehmensberater Thomas Roeb, Mitarbeiter der Düsseldorfer Niederlassung von Roland Berger, begründete den Erfolg der deutschen Discounter mit dem ausgefeilten Know-how der Teutonen. Das Discountgeschäft sei – obwohl es einen anderen Eindruck vermittle – alles andere als leicht zu handhaben. Zu den hohen Anfangsinvestitionen gehöre auch der Aufbau einer rentablen Kostenstruktur, was wiederum ein ausgefeiltes Logistik- und Warenbeschaffungsprogramm voraussetze. Um einen Discounter effektiv und kosteneffizient aufzubauen, sollte er mindestens 100 Filialen haben, die straff zentralistisch geführt werden müssen. Mit anderen Worten: Die ungute deutsche Tugend der organisatorischen Aufrüstung ist gefragt. Nicht, daß die Franzosen es nicht selbst mit Discountläden versucht hätten. Aber im Clinch mit den aggressiven Deutschen hätten sie viel Lehrgeld zahlen müssen – und letztlich doch alt ausgesehen. Die Deutschen als Weitmeister, wenn es darum geht, möglichst viele Massenartikel auf möglichst wenig Platz möglichst schnell zu verkaufen.
    Dabei hatten Branchenkenner, wie auch schon im Falle der USA, der Aldi-Idee bei den savoir-vivre- gläubigen

Weitere Kostenlose Bücher