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Die Aldi-Welt

Die Aldi-Welt

Titel: Die Aldi-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Hintermeier
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aus dem Lebensmittel- und Nichtlebensmittelbereich. Der Umschlag dieser Waren läßt ziemlich genaue Rückschlüsse auf den Einkäufer zu, was wir im nächsten Abschnitt noch vertiefen werden. Ein erstaunliches Ergebnis brachte die Reichweitenanalyse: Demnach kauften im ersten Halbjahr 1993 mehr als 71 Prozent aller deutschen Haushalte mindestens einmal bei Aldi ein. Rechnet man den seither rezessionsbedingten Käuferzustrom hinzu, darf man leger behaupten, daß drei Viertel der Deutschen sich zu Aldi-Kunden rechnen können. Zwar gibt es geringfügige Unterschiede zwischen dem Nord- und dem Südreich, weil Karl mit mehr Konkurrenz auf diesem Sektor belastet ist, aber in der Kundentreue sind sich die beiden Königreiche dann doch wieder sehr einig. Sogenannte Aldi-Haushalte kaufen zwölfmal im Halbjahr dort ein, also beinahe alle zwei Wochen. Der durchschnittliche Einkauf kostete damals 30,20 Mark, die Hälfte aller Einkäufe bewegte sich zwischen 10 und 50 Mark, nur knapp 20 Prozent legten zwischen 80 und 150 Mark in die Hand der Kassenfrau. Den Löwenanteil der Einkäufe machen Lebensmittel (64,5 Prozent), gefolgt von Getränken (17,3 Prozent), Kosmetik, Waschmittel, Körperpflege (8,1 Prozent) und Sonstiges (10,1 Prozent) aus. Bei den Lebensmitteln entfallen im Südreich fast ein Drittel der Einkäufe auf frische Produkte – von wegen Konserven- und Schachtelimage! – bei Theo sind es etwas weniger, weil der mit seiner Tiefkühlware punktet, die es im Süden ja immer noch nicht gibt. Getränke werden im Norden besser verkauft – vielleicht weil es dort gelegentlich Markenbier wie Beck’s (in den schönen blauen Dosen) gibt.
    Das zweite, ebenfalls sehr erhellende Resultat ist die Schichtung nach Einkommen, das endgültig die Mär widerlegt, Aldi sei ein Armeleuteladen. Haushalte mit einem Nettoeinkommen unter 2000 Mark machen bei Aldi gerade mal 15,7 Prozent der Kunden aus. Selbst bei den engsten Konkurrenten (die die Studie leider namentlich nicht aufführt), bewegt sich der Prozentsatz dieser einkommensschwächsten Gruppe auf die 19 Prozent zu. Der größte Brocken ist der untere und mittlere Mittelstand: Haushaltseinkommen zwischen 2000 und 4000 Mark netto tragen mit mehr als 52 Prozent zum Umsatz bei Aldi bei. Und jetzt kommt es: Die einkommensstarken Haushalte ab 4000 Mark runden diese Bilanz mit stattlichen 32 Prozent ab, also mit dem doppelten Umsatz der Einkommensschwachen. Erstaunlich auch, daß Aldi gerade in diesem Sektor die Mitbewerber abzockt.
    Unterteilt ist dies noch in Haushaltsgrößen, wo festzustellen bleibt, daß Aldi nicht gerade zum Liebling der Einpersonenhaushalte zählt. Die kaufen mit einem Drittel Anteil unterdurchschnittlich bei Aldi. Die Hälfte der 2-3-Personen-Haushalte kauft bei Aldi, alles was vier Köpfe übersteigt, ohnehin.
     
     
    Und wie macht das »der Aldi«? Ohne Fernsehwerbung, ohne Radiospots, ohne Plakatwände? Nur mit der mittwochs bundesweit geschalteten »Aldi informiert«-Anzeige, schwarz weiß und ohne Glamour? Im Vergleich zur Konkurrenz steht Aldi auch auf diesem Sektor mal wieder konkurrenzlos billig da. Promotiongags sind Fehlanzeige. Im Lebensmittelgeschäft, das im Durchschnitt (je nach Artikel) mit einem Promotionaufwand von 2 bis 30 Prozent operiert, um die Sachen an den Mann zu bringen, ist Aldi wieder mal einsame Spitze. Hier bewegt sich der Aufwand für Werbung in einer Spanne zwischen 0 und 12 Prozent.

De Banana Republica
     
     
     
    »There is no such thing like society, there are only individuals.«
    Margaret Thatcher
     
    In den Jahren 54 bis 51 vor Christus schrieb der römische Großintellektuelle Marcus Tullius Cicero seine berühmte Staatslehre De re publica – Vom Gemeinwesen. Der Begriff ist ideengeschichtlich von »Gesellschaft« abgelöst worden. Eigentlich schade, denn die Rede vom Gemeinwesen hat ein Aroma, das eher den Aufruf zur tätigen Mitarbeit in sich birgt, denn auf anonyme Teilhaberschaft an einem Staatsgebilde zu verweisen. Margaret Thatchers wütende Attacke auf die überkommenen Werte, die eine Gesellschaft auch in sich birgt, ist Schnee von gestern. Der »Eisernen Lady«, die, als sie Rost ansetzte, im Oberhaus endgelagert wurde, ging es um das beinharte liberalistische Prinzip – die Freiheit des einzelnen habe allemal Vorrang vor dem Vorteil vieler gegenüber wenigen. Eine gesellschaftliche Ordnung, welche die Freiheit des einzelnen so stark präferiert, nimmt stets billigend in Kauf, daß ein bestimmter Prozentsatz den

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