Die Aldi-Welt
– wozu denn auch länger, wenn es schon beim ersten Mal für den Ehrensold (knapp 30000 Mark monatlich, ausgezahlt bis ans Lebensende) reicht. Während die Regierung gerade dabei ist, das Rentenniveau auf 64 Prozent zu drücken, ist bei der Präsidentenrente davon naturgemäß nicht die Rede. Plus kostenloses Büro, persönlicher Referent, Sekretärin, Dienstwagen und Fahrer, alles lebenslang. Selbstverständlich müssen die vornehmsten Repräsentanten eines Gemeinwesens entsprechend entlohnt werden. Aber offiziell die Mäßigung bei Tarifverhandlung predigen, und hintenrum zur Selbstversorgung schreiten – das bleibt mit einem Hautgout behaftet. Wie viele Parlamentarier haben sich bislang gegen eine Erhöhung ihrer Diäten ausgesprochen? Herzog verdient in etwa so viel wie der bestbezahlte deutsche Länderchef, Bayerns Edmund Stoiber (CSU). Dessen Gehalt hat sich – im Vergleich zu seinem Vorvorgänger Franz Josef Strauß – mehr als verdoppelt und also inflationsbereinigt. Bei dem Niedersachsen Gerhard Schröder (SPD) sieht es ähnlich aus. Besonders auffällig wurde die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium, Cornelia Yzer (CDU), die nach kurzem Gastspiel in der Politik auf einen Lobbyistenposten zur Pharmaindustrie wechselte. Erst nach massiven Protesten in der Presse war die Dame dazu zu bewegen, auf ein Übergangsgeld von 180 000 Mark zu verzichten – ihr Bundestagsmandat hatte sie, wohlgemerkt, behalten. Die Politikverdrossenheit des Wahlvolks bekommt ununterbrochen neue Nahrung. Vormalige moralische Aushängefrauen wie Rita Süssmuth statuieren ein Exempel nach dem anderen, um nur ja den Unmut in Volkes Stimme lauter werden zu lassen. Der Dienstwagenaffäre (der Gemahl benutzte Dienstwagen nebst Fahrer seiner Frau, als sei es das Normalste der Welt) ließ sie die Dienstflugaffäre folgen – übermäßiges Gejette mit staatlichen Flugtaxis aller Art, durchaus auch zu Abstechern familiärer Natur. Zuletzt machte die »Queen of Betroffenheit«, wie sie der Stern titulierte, mit einer Parteispende der besonderen Art von sich reden. Süssmuth überwies dem Koalitionspartner F.D.P. 12,4 Millionen Mark aus dem Topf für Parteienfinanzierung, obwohl die F.D.P. wie das Kölner Verwaltungsgericht alsbald feststellte, den Antrag nicht fristgerecht eingereicht hatte. Beide Augen zuzudrücken war im Falle des Regierungspartners aber eins – eine Leistung, die sie unliebsameren Parteien wie den Grauen, den Republikanern und dem Südschleswigschen Wählerverband verweigert hatte. Gefesselt von der Würde des hohen Staatsamtes geht da leicht mal die Bodenhaftung verloren.
Aufs volkswirtschaftliche Ganze gesehen sind das freilich Peanuts, um noch einmal Hilmar Kopper, den Meister des abgefeimten Diktums, zu zitieren. Das sogenannte Hochlohnland Deutschland ist immer noch eine der reichsten Industrienationen der Welt. Ohne jeden Zweifel aber haben die Massenarbeitslosigkeit und der permanent weiter ausgehöhlte Sozialstaat das Gefüge des Gemeinwesens ins Wanken gebracht. Dabei zeigt sich die begriffliche Unschärfe des Schlagwortes von der »Selbstbedienungsmentalität«. Wenn Politiker sich selbst bedienen, tun sie es auf Kosten der Mehrheit, die sie gewählt hat. Mündet die Selbstbedienung in eine Bauchlandung, erfolgt diese weich und wird mit schönen Übergangsgeldern abgefedert. Wenn Wirtschaftsführer ihr Unternehmen in den Sand setzen und Arbeitsplätze »freigesetzt« werden, tun auch sie dies mit erklecklichen Abfindungen und Übergangsgeldern. Zugegeben: Sie wirkt schnell moralinsauer, diese Klage über den stetig verfallenden Generationenvertrag, über das schwindende Miteinander. Aber der Unterschied ist so banal wie tiefgreifend: Wenn der gemeine Wähler, der normale Arbeiter oder Angestellte sich selbst bedient, tut er dies meistens in einem Supermarkt, an der Tankstelle, am Hotelbüffet. Er tut es vor allem, weil er keine wirklichen Alternativen dazu hat. Und er zahlt auch noch die Rechnung dafür.
Die – zurück zum Konsum – könnte bald höher ausfallen, als der aldisierte Jammerlappen es bislang gewöhnt ist. Noch sind die Einzelhandelspreise (im europäischen Vergleich) in Deutschland ungewöhnlich niedrig. Gefährlich wird es, wenn die drei größten Konzerne zusammen mehr als 50 Prozent des Marktes kontrollieren und somit ein Oligopol, die Herrschaft weniger Unternehmen, bilden würden. Dem Bundeskartellamt stoßen die Konzentrationsbemühungen der großen
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