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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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Eurer Excellenz erzählen wollte, daß ich bei der Besitznahme von dem Pferde des Reiters einen ledernen Sack losmachte, der an dem Sattelbogen hing und wahrscheinlich das enthielt, was er ehedem, als die Mauren das Land besetzten, in dem Felde erbeutete.«
    »Ganz trefflich; für jetzt werdet ihr euch gefallen lassen, euer Quartier in einer Kammer des rothen Thurmes zu nehmen, welche, obgleich sie nicht unter einem Zauber steht, ein eben so sicherer Aufenthalt für euch seyn wird, wie irgend eine Höhle eurer bezauberten Mauren.«
    »Eure Excellenz wird nach ihrem Belieben handeln,« sagte der Gefangene kalt. »Ich werde Eurer Excellenz für jede Bequemlichkeit in der Veste dankbar seyn. Ein Soldat, der im Felde war, ist, wie Eure Excellenz wissen, wegen seiner Lagerstätte nicht eigen; wenn ich einen reinlichen Kerker und regelmäßige Mahlzeit habe, werde ich mir es schon behaglich zu machen wissen. – Nur wollte ich bitten, daß die Excellenz, während sie so sehr für mich sorgt, auch der Vestung nicht vergesse und des Winks gedenke, welchen ich wegen Vermachens der Bergeingänge fallen ließ.«
    Hier endigte die Scene. Der Gefangene wurde in einen starken Kerker in dem rothen Thurm, das Pferd in der Excellenz Stall und des Reiters Sack in der Excellenz Koffer gebracht. Gegen letzteres äußerte, es ist wahr, der Mönch einige Bedenklichkeiten, indem er die Frage aufwarf, ob die heiligen Gegenstände, welche offenbar Kirchenraub wären, nicht in Verwahrung der Kirche gegeben werden müßten; da aber der Statthalter über die Sache kurz gebunden und unbeschränkter Herr in der Alhambra war, ließ der Mönch klug die Unterhandlung fallen, beschloß aber, den kirchlichen Würdenträgern Granada’s Kunde von dem Vorfall zu geben.
    Um diese raschen und strengen Maßregeln des alten Statthalters Manco zu erklären, muß bemerkt werden, daß um diese Zeit die Alpuxarra Berge in der Nachbarschaft von Granada von einer Bande Räuber unsicher gemacht wurden, an deren Spitze ein kühner Bursche stand, Manuel Borasco mit Namen, der gewohnt war, aus dem Lande zu plündern, und in manchen Verkleidungen selbst in die Stadt zu schleichen, um Nachrichten über den Abgang von Handelsgütern oder von Reisenden mit wohlgespickten Börsen zu erhalten, welchen sie dann in den entfernten und einsamen Gebirgspässen auflauerten. Diese kecken und wiederholten Unbilden hatten die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich gezogen und die Befehlshaber der verschiedenen Posten hatten die Weisung erhalten, auf ihrer Hut zu seyn und alle verdächtigen Umzügler aufzugreifen. Statthalter Manco war, zufolge der manchfachen Schmach, welche auf seiner Veste ruhte, besonders eifrig und bezweifelte jetzt nicht, einen furchtbaren Waghals aus dieser Bande ertappt zu haben.
    Mittlerweile verlautete die Geschichte und wurde das Tagsgespräch nicht nur der Veste, sondern der ganzen Stadt Granada. Es hieß, der berüchtigte Räuber Manuel Borasco, der Schrecken der Alpuxarras sey dem alten Statthalter Manco in die Krallen gefallen und von ihm in einem Verlies des rothen Thurmes eingesperrt worden; und jeder, der von ihm geplündert worden war, eilte hin, um den Schelm sich anzusehen. Der rothe Thurm steht, wie man wohl weiß, von der Alhambra gesondert auf einer Schwester-Höhe und wird von der Hauptveste durch eine Schlucht getrennt, durch welche der Hauptweg führt. Außenmauern waren keine da, sondern eine Schildwache ging vor den Thüren auf und ab. Das Fenster des Gemachs, in welches der Soldat eingesperrt war, war mit starkem Gitter versehen und hatte die Aussicht auf einen kleinen freien Platz. Hierher eilten die guten Leute von Granada, um ihn anzustarren, wie eine lachende Hyene, die durch den Käfig einer Menagerie grinzt. Niemand erkannte ihn jedoch für Manuel Borasco, denn dieser furchtbare Räuber war wegen seiner wilden Gesichtszüge berüchtigt und hatte keineswegs das launige Schielen des Gefangenen. Nicht allein aus der Stadt, sondern aus allen Theilen des Landes kamen Besucher und in den Köpfen des gemeinen Volkes stiegen allmählig Zweifel auf, ob doch nicht etwas Wahres an seiner Erzählung seyn könnte. Daß Boabdil und sein Heer in dem Berge eingeschlossen, war eine alte Sage, welche viele der alten Einwohner von ihren Vätern gehört hatten. Haufen von Menschen bestiegen den Sonnenberg, oder vielmehr den Berg der heiligen Elena, um die von dem Soldaten erwähnte Höhle aufzusuchen, und blickten und schauten in das tiefe dunkle

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