Die Alptraum-Frau
Ich muss da erst mal mit mir selbst ins Reine kommen. Sie schluckt die Menschen also, und dann sind die nicht mehr vorhanden.«
»Nicht mehr so wie sonst.«
»Aber?«
»Sie stecken in ihr.«
»Noch besser. Wie das?«
Kara räusperte sich leise. »Ich habe dich vorhin mit dem Begriff Sternenstaub geschockt. Auf ihn können wir aufbauen. Sie macht ihre Opfer zu Sternenstaub. Zwar sind diese dann weg, aber trotzdem noch irgendwie vorhanden.«
»Als Staub«, sagte ich.
»Ja!« bestätigte Kara. »Und zwar in ihr, die sich nicht verändert hat. Urania wird immer gleich bleiben und gleich aussehen. Man kann ihr nichts nachweisen, wenn man ihr gegenübersteht. Das alles ist schwer zu begreifen, aber du musst mir glauben, sonst wäre ich nicht zu dir gekommen, denn ich kann mir vorstellen, dass du auf sie treffen wirst, bei deinem Glück, das du hast.«
»Das weiß ich nicht, Kara. Was könnte sie denn von mir wollen? Kennt sie mich? Hat sie meinetwegen ihre Welt oder Region verlassen? Ich bin da völlig unbedarft.«
»Nein, John, das nicht. Doch wo sie auftritt, hinterlässt sie schon ihre Spuren. Es könnte sein, dass du in deinem Job auf diese Spuren aufmerksam wirst. Dann ist der Zeitpunkt da, an dem du ihr gegen- überstehen wirst. So muss man das sehen.«
Ich nickte Kara zu. »Und was ist mit dir? Wie stehst du zu ihr? Bist du gekommen, um mich zu unterstützen?«
»Zunächst einmal wollte ich dich warnen.«
»Danke, das ist immerhin etwas. Aber es reicht wohl nicht, wenn ich dieser Person jemals gegenüberstehen sollte. Ich könnte mich auch mit deiner Hilfe daran machen, sie zu finden und zu stellen. Wie gefällt dir denn dieser Vorschlag?«
»Du traust mir viel zu, John.«
»Zu Unrecht?«
»In diesem Falle schon. Oder schaffst du es, Sternenstaub zu verfolgen?«
Da war wieder dieser verdammte Begriff, hinter den ich noch nicht gekommen war. »Besteht sie denn wirklich nur aus Staub, verflixt noch mal? Du hast vorhin etwas anderes gesagt, wenn ich mich recht erinnere.«
»Sowohl als auch. Sie ist Materie und Staub zugleich. Sie kann in den verschiedenen Zustandsformen erscheinen.«
»Ist denn Sternenstaub nicht auch Materie oder ist er nur reine Energie?«
»Mehr Licht.«
»Also Energie.«
»Ja.«
So kam ich nicht weiter und deutete dies auch an, denn ich fuhr mir mit allen Fingern durch das Haar. Es war eine Geste der Verzweiflung.
»Es ist wirklich schwer, damit zurechtzukommen, John, weil man sie nicht greifen kann. Ich weiß mit Bestimmtheit, dass Urania unterwegs ist auf dieser Welt.«
»Und ausgerechnet hier in London!«
»Ja!« sagte sie. »Ja, das ist tatsächlich der Fall. Sie ist in der Stadt. Nur kann ich sie leider nicht finden, doch ich sage dir nur, dass sie Spuren hinterlassen wird. Und diese Spuren werden nicht normal sein. Du bist jemand, der sich mit den unnormalen Fällen beschäftigt. Deshalb würde ich dir raten, die Augen und Ohren offen zu halten. Zumindest in den nächsten Tagen.«
»Was voraussetzt, dass ich mich hier ständig in der Stadt aufhalten müsste.«
»Es wäre sinnvoll.«
»Und ich könnte mich deshalb nicht um andere Dinge kümmern, die ebenfalls wichtig sind.«
»Du bist nicht allein, John.«
»Klar, damit spielst du auf Suko an. Ich werde ihn natürlich informieren, und er wird mich ebenso ungläubig anschauen, wie ich dich angesehen habe.«
»Das ist mir klar, John. Nur darfst du nicht vergessen, dass ich nicht nur aus Spaß zu dir gekommen bin. Wenn Urania, die Alptraum-Frau, erscheint, wird es gefährlich.«
Ich winkte ab. »Alles gut, bisher. Alles klar. Was aber wird sein, wenn ich ihr tatsächlich gegenüberstehe? Wie kann ich sie bekämpfen?«
»Du musst schon sehr gut und auch sehr schnell sein.« Sie hatte die Antwort mit sehr großem Ernst gegeben. Was sie nicht aussprach, fügte ich hinzu.
»Sonst werde ich gefressen.«
»Auf ihre Art und Weise. Du hast es erfasst.«
Ich stand auf und wanderte im Zimmer hin und her. Ich brauchte einfach die Bewegung. Was ich in dieser Nacht gehört hatte, das war harter Tobak. Das rüttelte an den Grenzen meiner Begriffsfähigkeit. Ich hatte in meiner Laufbahn schon die verschiedensten Phänomene erlebt, auch Ungeheuerlichkeiten, die mit dem normalen Verstand nicht zu fassen waren. Bei dieser Urania war ich tatsächlich an die Grenzen gekommen.
Sternenstaub! Das klang nach dem Beginn des Alls. Nicht nur unserer Welt. Das hatte schon kosmische Weiten bekommen. Gerade in dieser Zeit, in der sich ein
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