Die Alptraum-Frau
ich an. Oder hast du mir etwas verschwiegen?«
»Das auf keinen Fall. Es ist alles so passiert, wie ich es dir gesagt habe. Aber Sir James hat eine gute Nase gehabt, als er uns auf diesen Fall ansetzte. Das muss man ihm lassen.«
»Dann sag ihm Bescheid.«
Das hatte ich vor. Ich zog mich in den Flur zurück und tippte die Nummer ein. Als Sir James meine Stimme hörte, sagte er: »Ich wusste, dass Sie mich anrufen würden.«
»Ja, Sir. Ich rufe an, um Ihnen zu erklären, dass wir eine erste Niederlage erlitten haben.«
»Bei wern?«
»Claudia Burns.«
»Richtig. Sie stand ganz oben auf der Liste. Ist sie nicht zu Hause gewesen?«
»Das ja, Sir. Nur gibt es sie jetzt nicht mehr. Sie ist verschwunden. Und das vor unseren Augen.«
Bevor mich mein Chef bitten konnte, eine genaue Erklärung abzugeben, kam ich ihm zuvor. Ich gab einen sehr detaillierten Bericht ab, der auch ihn schockte, denn mit einem derartigen Phänomen war auch Sir James noch nicht konfrontiert worden. Er stellte eine völlig normale und menschliche Frage. »Was können wir denn tun?«
»Ich bin ratlos. Ich weiß es nicht. Dieses Phänomen ist uns in allen Belangen überlegen, doch wir wissen, dass auch diese Gestalt einen Namen hat. Kara hat mich nicht grundlos besucht. Wahrscheinlich hat sie gewusst, dass sich Urania bereits in der Nähe herumtreibt. Aber dafür kann ich mir auch nichts kaufen. Wir sind leider nur zweiter Sieger geblieben, Sir.«
»Ich hoffe, dass das nicht so weitergeht.«
Diesmal musste ich lachen. »Sollte uns das Phänomen jetzt noch einmal begegnen, müssten wir wieder passen. Ich sage es nicht gern, Sie kennen mich, aber das ist nun mal so.«
»Hört sich das nach einer Aufgabe an?«
»Unsinn, Sir. Überhaupt nicht. Aber wir stehen vor einem Rätsel. Außerdem sind wir zu Zeugen geworden. Es ist möglich, dass wir jetzt auf Uranias Liste stehen.«
»Ja, davon können Sie ausgehen. Bei dem Wort Liste fällt mir etwas ein. Ich hatte Sie doch angerufen wegen dieser Waffe, die man gefunden hat.«
»Genau. Wie war der Name noch?«
»Calderon. Ross Calderon. Auch er ist verschwunden. Bei ihm könnte die Selbstmord-Theorie zutreffen. Hat Urania nicht Menschen vor einem Suizid bewahren wollen?«
»So sagte es Kara.«
»Dann sollten Sie sich als nächstes um die Calderons kümmern. Die Frau heißt mit Vornamen Janine.«
»Werden wir machen, Sir. Wobei ich intensiv hoffe, dass sie noch keinen Besuch erhalten hat.«
»Malen Sie den Teufel nur nicht an die Wand, John.«
Ich kehrte zu Suko zurück. Er war dabei, das Zimmer flüchtig zu durchsuchen, hob aber nicht nur die Kissen oder Bücher hoch, sondern auch die Schultern. Ein Zeichen, dass er so etwas wie einen Reinfall erlebt hatte.
»Nichts weist darauf hin, dass sie Kontakt mit anderen Mächten gehabt hat.«
Ich war neben der Tür stehen geblieben und knetete nachdenklich mein Kinn. »Das muss auch nicht so gewesen sein. Freiwillig zumindest hat sie keinen Kontakt aufgenommen. Sie ist dazu gezwungen worden, davon muss man einfach ausgehen.«
»Aber nichts geschieht grundlos. Warum hat sie diesen Besuch erhalten? Welche Verbindung gab es zwischen Claudia Burns und dieser Urania? Kommst du dahinter?«
»Nur als Spekulation. Ich gehe davon aus, dass es keinen direkten Kontakt zwischen den beiden gegeben hat. Er muss über eine andere Person gelaufen sein. Es waren diese Geisterstimmen, von denen Sir James berichtet hat. Doch es kann durchaus sein, dass Claudia diese Geisterstimme bekannt vorkam. Wir haben die Akten nicht gelesen. Wenn es bei diesen Calderons ein Motiv gab, dann auch hier. Deshalb ist es wichtig, dass wir so rasch wie möglich zu Janine Calderon fahren.«
»Ich bin dabei.«
Ich wollte mich umdrehen und durch die Tür in den Flur gehen, als ich ein Geräusch hörte. Es war schlecht zu identifizieren. Vielleicht ein harter Tritt oder ähnliches. Jedenfalls hatte ich mich nicht geirrt und betrat mit einem langen Schritt den Flur.
Angewurzelt blieb ich stehen. Ich war nicht mehr allein. Vor mir stand - und das wollte ich kaum glauben - Claudia Burns!
Das war mal wieder eine Situation, in der man nicht weiß, wie man reagieren soll. Mir hatte es buchstäblich die Sprache verschlagen, und auch von Suko hörte ich nichts. Er stand hinter mir und atmete nur langsam.
Claudia Burns tat nichts. Sie hatte sich auch nicht verändert. Sie stand bewegungslos auf dem Fleck und starrte mich nur an. Es war halbdunkel im Flur. Der Lichtschalter befand sich in
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