Die Alptraum-Frau
meiner Nähe, und wenig später wurde es heller.
Sie trug ihre dunkelblaue Hose, den hellen, leichten Pullover. Ihr Haar war blond, kurzgeschnitten, und auf dem Gesicht lag ein Hauch von Rouge. Sie lächelte nicht, sie sprach uns nicht an, sie stand einfach nur da. Ihr Gesicht zeigte auch kein Staunen. Es war so, als hätte sie uns erwartet.
Nur die Augen kamen mir anders vor. Darin lag ein Blick oder ein Ausdruck, der diesen Namen nicht verdiente. Er war einfach nur leer.
Ich sah keine Pupillen. Dafür blasse, weiße Augen. Sie musste schon eine Verwandlung durchgemacht haben. Nur stellte sich die Frage, warum sie zurückgekommen war.
»Claudia Burns?« sprach ich sie an. Sie nickte.
»Sie verstehen mich also?«
»Ja.«
»Können wir dann reden?«
»Sicher.«
Ich gab Suko ein Handzeichen und machte selbst den Weg zur Tür hin frei, damit sie ihr hell eingerichtetes Wohnzimmer betreten konnte.
Dabei behielt ich sie unter Kontrolle, denn ich schenkte ihr kein Vertrauen. Man musste bei ihr mit allem rechnen, auch wenn sie sich jetzt noch harmlos gab.
Ihre Schritte waren sehr zögerlich, und sie hob die Füße auch kam vom Boden an, so dass die Sohlen über den Teppich schleiften. Die Lippen lagen aufeinander. Der Mund bildete fast einen Strich. Kein Lächeln zeichnete das hübsche Gesicht.
Suko hatte sich etwas zurückgezogen. Aber er hielt sie ebenfalls im Blick, als sie das Zimmer betrat. Dabei schaute sich Claudia um und verhielt sich meiner Meinung nach nicht so wie jemand, der hier in der Wohnung zu Hause war. Sie ging auf den Sessel zu, aus dem sie auch hervorgeholt worden war, streckte einen Arm aus und legte die Hand auf die Rückenlehne. Dann blieb sie stehen. Schaute uns nicht an, sondern bewegte den Kopf nach links und rechts. Wie jemand, der sich in einer neuen Umgebung umschaut.
Sie sagte nichts. Blieb einfach nur stehen. Rührte sich auch nicht, als ich in ihr Blickfeld eintrat. Dabei konnte sie mich nicht übersehen, nahm jedoch keine Notiz von mir.
Wieder versuchte ich es. »Claudia…?« Diesmal reagierte sie nicht.
»Bitte, Sie haben vorhin gesprochen. Warum schweigen Sie jetzt? Wir wollen Ihnen helfen. Versuchen Sie einfach, uns zu vertrauen, das wäre am besten.«
Sie hob die Schultern. »Ich war bei ihr«, sagte sie. »Ich war in ihrer Welt. Ich habe ihre Kraft gespürt, und ich bin glücklich gewesen. Ich habe ihn wieder gesehen.«
»Wen denn?«
»Gerald, meinen Verlobten.«
»Lebte er denn?«
»Ich konnte mit ihm sprechen. Wir waren alle so gleich. Wir sind wieder zurückgeführt worden, verstehst du?«
»Nein, ich verstehe nicht. Wohin seid ihr denn zurückgeführt worden, Claudia?«
»Zu unseren Anfängen.« Noch immer klang die Stimme monoton. »So wie alles begonnen hat.«
»Für dich, Claudia?«
»Nicht nur. Für alle Menschen. Jedes Lebewesen ist das einmal gewesen.«
Ich wusste jetzt, worauf sie hinauswollte, denn Kara hatte mit mir darüber gesprochen. »Meinst du den Sternenstaub?«
»Sicher!« flüsterte sie. »Es ist der Ursprung, und Urania hat mich dazu gebracht.«
»Bist du auch zu diesem Staub geworden?«
»Ich war es.«
»Und wie hast du dich gefühlt?«
»Ich war so leicht. Ich schwebte. Ich konnte denken. Es gab mich noch, wenn auch anders.«
»So wie deinen Gerald.«
Sie lächelte plötzlich. »Auch er ist so glücklich gewesen. Es war unsere Welt. Ich wollte sie auch nicht mehr verlassen, aber ich musste zurückkehren. Urania hat mich wieder in einen normalen Menschen verwandelt und mich in meine Wohnung geschickt.«
»Warum hat sie das getan?«
»Weil ihr hier seid.«
»Kennt sie uns?«
»Nein, sie hat euch gespürt, und sie hat mir gesagt, dass ihr Feinde seid. Ihr habt versucht, mich ihr zu entreißen, das hättet ihr nicht tun sollen. Ihr habt sie beleidigt. Ihr habt sie sogar tödlich beleidigt, das muss ich ändern.«
Zuletzt hatte ihre Stimme ihren monotonen Klang verloren. Sie sprach jetzt härter, und ich spürte auch, wie sich etwas zwischen uns aufbaute.
Eine Spannung, die Suko ebenfalls nicht verborgen geblieben war.
»Gib nur acht, John…«
»Keine Sorge!«
Claudia streckte die Arme aus. Sie winkte mit den Fingern. Zugleich lächelte sie weich und lockend. »Mein Verlobter ist weit weg. Ich möchte, dass du zu mir kommst, verstehst du?«
»Klar. Aber ich weiß nicht, ob das gut ist. Wir und Urania sind keine Freunde.«
»Komm trotzdem her!«
»Nein!«
Die Antwort passte ihr nicht. Plötzlich ging sie auf mich zu, und
Weitere Kostenlose Bücher