Die Alptraum-Frau
anderen. Sie hielt die Augen weit offen. Sie schrie. Sie war nicht mehr zu halten, auch von Suko nicht, der nach vorn kippte und in Gefahr geriet, ebenfalls verschlungen zu werden.
Ich kam mir so lächerlich vor. So hilflos. Ich hatte mein Kreuz gezogen und hielt es diesem Phänomen entgegen, aber es schien mich auszulachen. Nichts tat sich. Keine Erwärmung. Für mein Kreuz war einfach kein Gegner vorhanden.
Das machte mich verrückt. Ich war es nicht gewohnt, derartige Niederlagen einzustecken und hörte auch Sukos Flehen, dass ich ihm half, Claudia zu retten.
»Komm doch endlich! Gemeinsam schaffen wir es vielleicht!«
Diese Worte rissen mich aus meiner Lethargie. Es brachte ja nichts, wenn ich noch immer auf mein Kreuz vertraute. Es war nicht mehr als ein normaler Gegenstand, doch die Enttäuschung darüber, dass es mir nicht half, hatte mich so starr werden lassen.
Suko hing jetzt seitwärts über dem Sessel. Mit beiden Händen hielt er Claudia Burns umklammert. Sein Gesicht war durch die übergroße Anstrengung gezeichnet. Sogar die Adern traten unter der Haut hervor, und er zitterte am gesamten Leib.
Der Strahl oder was immer es auch war, fraß sich weiter. Claudias Beine waren so gut wie nicht mehr vorhanden. Sie schrie nicht mehr, sie jammerte nur noch.
Jetzt packte auch ich zu. Zum erstenmal hatte ich mit dem Körper Kontakt bekommen und merkte, dass da etwas war. Eine fremde Kraft war in ihn hineingedrungen. Sie zerrte auch an mir, sie wollte sich nicht nur mit einer Person zufrieden geben.
Wir hielten dagegen. Egal, wie weh es Claudia tat, wenn wir an ihr rissen, das musste jetzt durchgezogen werden.
Es gab einen Sieger. Aber das waren nicht wir.
Die fremde Macht bäumte sich noch einmal auf. Wir spürten den heftigen Ruck, und im nächsten Augenblick glitt uns Claudia Burns wie ein Aal unter den Händen hinweg. Nachzugreifen brachte auch nichts.
Wir versuchten es zwar, aber unsere Hände rutschen am Körper ab.
Und dann war sie weg! Der Strahl verschlang sie wie ein riesiges Maul. Wir sahen noch, wie sie eintauchte. Dabei zeichnete sich ungefähr die Hälfte ihres Körpers in dieser flirrenden Masse ab. Sekunden später war es vorbei. Da gab es keine Claudia Burns mehr. Vor unseren eigenen Augen war die Frau verschlungen worden. Einen Moment später war auch der Strahl verschwunden!
Wir begriffen es nicht. Knieten noch am Boden und schauten uns an.
Suko schüttelte leicht den Kopf. Sein Gesicht war von Anstrengung gezeichnet. Er hatte die Augen weit geöffnet. Darin flackerte ein ungewöhnlicher Ausdruck. Heftig atmete er durch den offenen Mund.
Dann stemmte er sich hoch, ebenso wie ich, und starrte dorthin, wo sich vor kurzem noch das Phänomen befunden hatte.
Jetzt war es weg! Ebenso wie Claudia Burns.
Suko schaute mich an. Er wollte die Frage stellen, vielleicht auch selbst etwas sagen, doch er sah mein Nicken und hielt den Mund. Statt dessen sprach ich.
»Ich denke an Kara, die mich gewarnt hat«, sagte ich mit leiser und monoton klingender Stimme. »Sie hat mich vor dem Phänomen Urania gewarnt, und das nicht ohne Grund. Ich habe keine Beweise, Suko, es war ja keine Frau, keine Person, sondern einfach nur ein heller Streifen. Aber ich gehe davon aus, dass wir es mit der Alptraum-Frau zu tun hatten. Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.«
»Genau das wollte ich hören.« Suko ging durch den Raum. Er blickte sich um. Noch immer konnte er nicht fassen, was hier passiert war. Und er ärgerte sich darüber, wie uns diese Niederlage beigebracht worden war. Es musste zudem einfach aus ihm heraus. So fragte er mich: »Wir haben viel durchgemacht, John, das steht fest. Wir haben gegen zahlreiche Feinde gekämpft, aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Das war der absolute Wahnsinn. Wie kann man dagegen ankommen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Die ist uns in allen Belangen überlegen, verdammt noch mal. Da schlagen wir immer ins Leere. Zudem weiß sie jetzt, dass wir ihr auf den Fersen sind.«
»Du meinst, dass sie sich auch an uns halten wird?«
»Bestimmt!«
Die Aussichten waren nicht eben zum Jubeln. Auch ich wusste nicht, wie ich sie stoppen konnte. Diese verdammte Alptraum-Frau hatte wahnsinnig viel Macht.
»Wir müssten jemand haben, der uns helfen kann«, sagte ich. »Alles andere kannst du vergessen.«
»Wer sollte das sein?«
»Kara.«
»Ja, stimmt. Sie könnte es packen, denke ich mal. Sie weiß auch mehr über Urania. Aber sie hat dir keinen Hinweis gegeben, nehme
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