Die Alptraum-Frau
zu klingen. Mit einem Taschentuch wischte er die Spuren des Kaffees von seiner Hand. »Wie ist denn dieser Kontakt zustande gekommen, wenn ich das mal fragen darf? Hast du Stimmen gehört, wie man immer liest? Vielleicht einen Kontakt im Traum gehabt oder so ähnlich?« Er räusperte sich. »Hin und wieder habe ich in den Zeitschriften darüber gelesen.«
»Nein, Amos«, erwiderte die Frau leise, »so ist das nicht gewesen. Ich habe ihn gesehen.«
»Bitte?« Er wurde bleich und zitterte leicht. Das war Filmore doch unheimlich, und er schaute sich um wie jemand, der im Zimmer einen Geist sucht.
»Du kannst es glauben oder nicht.« Janine sprach jetzt mit ruhiger Stimme. »Es ist mir tatsächlich widerfahren. Ich habe ihn oder etwas gesehen, das ich mir nicht erklären kann. Einen hellen Fleck, einen Lichtschein oder so ähnlich.«
Filmore atmete tief aus. »Das kann eine Täuschung gewesen sein.«
»Möglich. Auch wenn es sich wiederholt hat. Da gibt es noch ein Problem, das ist mein Sohn.«
»Wie? Was hat er denn damit zu tun?«
»Durch Benny ist alles ins Rollen gekommen, denn er hat mit seinem Vater gesprochen. Ja, er hat sich mit ihm unterhalten, und er war sogar recht glücklich.«
Darüber musste Amos Filmore erst nachdenken. »Nein«, sagte er dann.
»Das kann ich nicht glauben.«
»Weiß ich. Das ist auch schwer. Aber Ross hat mit Benny Kontakt aufgenommen. Dir brauche ich wohl nicht zu sagen, wie sehr Ben an seinem Vater gehangen hat. Umgekehrt war es ebenso. Da hat es zwischen den beiden ein Band gegeben. Sie waren sich immer sehr nahe, und sie sind es auch jetzt.«
Amos Filmore hatte zugehört und sich ebenfalls seine Gedanken gemacht. »Wenn du das so sagst, Janine, müssen wir davon ausgehen, dass dein Mann nicht mehr am Leben ist.«
»Ja.«
»Das stand aber bisher nicht fest. Man ist immer davon ausgegangen, dass er nur verschwand und einfach abgetaucht ist. Die Polizei hat nachgeforscht. Man hat eine Waffe in seinem Büro gefunden und seine Fingerabdrücke entdeckt, aber ihn selbst nicht. Das hast du mir alles erzählt, Janine.«
»Stimmt. Ich war ja der gleichen Meinung wie die Polizisten. Ross hat verdammt miese Geschäft gemacht. Er hat andere Menschen belogen und betrogen. Er hat ihnen mit falschen Versprechungen das Geld aus der Tasche gezogen und hat sich dann aus dem Staub gemacht. Er ist ein Schwein gewesen, davon gehe ich einfach aus. Ein Widerling, der nur sich selbst gekannt hat. Er ist schließlich reingefallen. Er hat den Bogen überspannt. Da blieb ihm nur das Verschwinden, und das muss er auf eine besondere Art und Weise geschafft haben. Da kann ich ihm nur ein großes Kompliment machen. Benny und ich haben überhaupt nichts davon mitbekommen. Es ging alles an uns vorbei.«
»Und jetzt ist er tot!« stellte Amos fest. »Aber auf eine bestimmte Art und Weise. Wobei ich mir die Frage stelle, wer ihn wohl umgebracht haben könnte.«
Janine hob die Schultern. »Ich habe keine Ahnung, Amos. Ich weiß es wirklich nicht. Ich muss mich nur immer auf Bennys Aussagen verlassen. Er hat mit seinem Vater gesprochen. Er muss ihn gesehen haben, wie auch immer.«
»Das hast du ebenfalls, Janine?«
»Ja, einen Lichtschein.«
»Kein Irrtum? Kein Reflex einer Lampe oder so?«
»Ich weiß es nicht. Er war in der Umkleidekabine eines kleinen Kaufhauses. Benny hat zwei neue Hosen bekommen und da…« Sie schüttelte den Kopf und vergrub das Gesicht in beide Hände. Dann fing sie an zu weinen. Amos streichelte tröstend über ihr Haar. Er wusste nicht mehr, was er sagen und wie er sich richtig verhalten sollte. Auch für ihn war alles so fremd geworden. Sein Leben war, von einigen Ausnahmen abgesehen, bisher in strengen Bahnen verlaufen. Die hatte er nun verlassen. Es war alles anders für ihn geworden, obwohl er nicht direkt betroffen war. Zudem hatte er von dem ganzen Jenseitskram nie viel gehalten. Gut, er hatte in den Zeitschriften darüber gelesen, da gab es ja Berichte in jedem der bunten Blätter. Aber es war bei einer Gänsehaut oder einem Schauer geblieben. Dass er selbst einmal damit konfrontiert werden würde, daran hatte er nie im Leben gedacht.
Jetzt war es soweit. Plötzlich war eine andere Welt in seine hineingedrungen. Er sah sich mit Dingen konfrontiert, gegen die er kein Mittel wusste. Und er schwankte zwischen Bleiben und Weglaufen. Zurück in die eigene Wohnung gehen, sie abschließen und nichts hören und sehen. Doch da gab es Janine Calderon. Er mochte die Frau. Er
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