Die Alptraumritter
stießen ein helles, aggressives Summen aus, und das Gewürm und die Ranken schienen zischende Flüche auszustoßen, wenn sie sich von der Hitze wegkrümmten. Arruf lief mehrere Schritte neben dem Pferd einher, dann schwang er sich wieder in den Sattel.
»Weiter, mein Guter!« sagte er und strich über die Mähne des Tieres. Gleich darauf trieb er es zu einem langsamen Galopp an und sprengte auf den Turm zu. Die ersten Riesenquader der zusammengebrochenen Mauer kamen in Sicht, von schlanken, binsenartigen Pflanzen umwuchert. Zwei große Vögel mit feuerroten Flügeln schwangen sich von einer Steinkante und strichen mit mißtönenden Lauten ab.
Selbst hier stand das Land noch unter dem Eindruck, den Arruf von der Düsterzone hatte. Jeder Quadratfuß atmete eine Geschichte aus, die grauenvoll, blutgetränkt und voller dunkler Geheimnisse war.
Uinaho und Hrobon würden sich selbst ebenso gut helfen können wie er; vermutlich hatten sie gesehen, daß seine List erfolgreich gewesen war.
Immer wieder sicherte Arruf und wich den halb im Boden versunkenen, halb verborgenen Steinquadern aus. Der Turm wurde deutlicher und größer. Ein ehrfurchtgebietendes Bauwerk, selbst die Ruine strahlte noch Größe und Wucht aus.
Wo war Necron?
Arruf schloß die Augen, lockerte den Zügel und griff nach Necrons Augäpfeln. Er erkannte zwei übermannshohe Steinblöcke, zwischen denen allerlei Gestrüpp wucherte. Das Pferd des anderen zupfte an den Blättern. Quer über dem Sattel lag das gezogene Schwert. Dann löschte Necron den Kontakt.
»Im Versteck lauert er also«, sagte sich Arruf und stellte sich in den Bügeln auf. Es gab hier Dutzende dieser möglichen Verstecke: überall lagen die Trümmer im Boden, an allen Stellen erhoben sich zwischen ihnen Pflanzen.
Er lenkte den braunen Hengst mit der Mähne und dem Schweif von der Farbe seiner eigenen Haare – vor seiner »Verkleidung« – nach rechts und schlug einen kleinen Umweg ein. Necron hatte keinen Bogen, keine Pfeile. Ein Vorteil für Arruf!
Wieder schloß Arruf die eigenen Augen und zwang die des Fremden, ihm zu zeigen, wo sich Necron befand.
Er zwang Necron, die Lider nicht herunterzudrücken. Arruf sah einige Herzschläge lang ein anderes Bild. Mehr Felsen, weniger Gewächse, und Necron ritt gerade langsam durch einen breiten Spalt zwischen Felsen, die seltsam aussahen. Er merkte, daß Arruf sich seiner Augen bemächtigt hatte, und ließ es nicht mehr länger zu.
Wo war dieser Spalt?
Und warum waren die Felsen so merkwürdig? Was war es, das sie anders aussehen ließ als andere Steinmassen?
Arruf ritt langsam und voller Wachsamkeit auf den Turm zu. Es war ihm klar, daß er wahrscheinlich in Necrons Falle ritt.
*
Der Alleshändler trieb sein Pferd mit Hacken und Zügeln an. Der Hufschlag klang hart und hallend auf dem Geröll zwischen den Felswänden.
Er fluchte leise und erbittert.
Arruf hatte ihn überrumpelt. Er besaß über den Wechsel der Augen ebenso viel Macht wie er, der ihn in die Falle locken wollte. In den Felsen rechts und links des schuttübersäten Wegs befanden sich würfelförmige Vertiefungen, eckige, wenn auch verwitterte Vorsprünge, eine Unmenge von moosüberwucherten Steinbrocken lagen zwischen den hochragenden Wänden.
Necron hatte begriffen. Hier waren vor unendlich vielen Monden Quader herausgebrochen worden. Aus diesen Felsen hatte man Teile der Mauer und vielleicht den Turm erbaut. Das Pferd galoppierte in dem schmalen Spalt geradeaus, am Ende der hallenden Schlucht hielt Necron das Tier an und sah sich um. Er stellte sich auf Arruf ein und benützte dessen Augen.
Auch er schaffte es, ihn zu überrumpeln.
Arruf bewegte sich auf eine Stelle zu, an der er früher oder später den Eingang in diesen Spalt finden würde. Er ritt zögernd, er blieb offensichtlich vorsichtig. Zufällig drehte er sich um, ehe er merkte, daß er nicht das Bild sah, das wirklich vor ihm lag. Seine Freunde waren nicht zu sehen. Dann riß der Kontakt ab.
»Immerhin. Er ist allein, beim Nebel! Ich habe ihn von den Kriegern trennen können!« freute sich Necron.
Am Ende des Spaltes zwang er das Tier eine schräge Geröllhalde aufwärts. Er befand sich jetzt in einer Art Labyrinth. Überall waren die Spuren derjenigen zu sehen, die hier riesige Blöcke herausgeschlagen hatten. Fels in allen Schattierungen, in jedem Stadium des Verwitterns. Immer wieder lösten sich kleine Splitter und kantige Platten und surrten nach unten, schlugen klirrend auf und erzeugten
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