Die alte Villa (German Edition)
feststellen, dass es ziemlich umwerfend aussah.
Sie versuchte, verführerisch zu schauen und öffnete die Lippen ganz leicht.
Noch ein wenig Lippenstift, dachte sie und bemalte ihre Lippen von Neuem. Sie war so auf sich selbst und ihr Spiegelbild konzentriert, dass sie gar nicht registriert hatte, dass ihre Mutter ins Bad gekommen war.
„Was machst du denn schon so früh hier?“, fragte diese und schaute erstaunt auf ihre Tochter. Frau Stein trug noch ihren hellblauen Morgenmantel und sah zudem noch recht verschlafen aus. Neugierig betrachtete sie ihre Tochter.
„Wieso hast du dich denn geschminkt?“
„Ach nur so“, antwortete Rebecca. Sie rannte an ihrer Mutter vorbei raus aus dem Bad, schnappte sich ihre Jeansjacke und ihre Tasche und hetzte dann ohne Frühstück blitzschnell die Treppe hinunter.
Dass man aber auch nie seine Ruhe haben konnte !
Die Bücherei war noch geschlossen und sie musste fünf Minuten vor der Tür warten. Nachdem eine Angestellte endlich aufgeschlossen hatte, nicht eine Minute vor 9 Uhr und auch nicht eine Minute nach 9 Uhr, sondern immer exakt und auf die Sekunde um 9 Uhr, ging sie sogleich zielstrebig in die Geschichtsabteilung und suchte nach dem ihr bereits bekannten Buch über die Walpurgisnacht.
Sie wusste nicht mehr genau, unter welchem Oberbegriff sie das Buch damals gefunden hatte und fragte daher eine Angestellte der Bücherei. Die hatte selber Mühe, und es stellte sich heraus, dass es nur ein einziges Buch zu diesem Thema gab. Schließlich fand sie es doch noch, und zwar unter der Rubrik ‚Bräuche und Sagen’.
Endlich hielt Rebecca das begehrte Stück in ihren Händen und setzte sich damit sogleich an einen Tisch in der Bücherei.
Hastig blätterte sie darin herum, bis sie die Seiten, die sich mit den alten Runen befassten, gefunden hatte.
Viele verschiedene Schriftzeichen waren dort beschrieben und sie entschied sich dafür, doch besser alles in Ruhe zuhause in ihrem Zimmer durchzulesen.
Gerade wollte sie das Buch zuklappen und damit zur Theke der Bücherei gehen, um es dort zu entleihen…
Doch sollte sie es schlagartig nicht mehr fertig bringen, sich von ihrem Stuhl zu erheben, beziehungsweise überhaupt noch irgendeine Bewegung zu tun….
Wie erstarrt blickte sie auf das Buch, welches vor ihr – immer noch aufgeschlagen - auf dem kleinen runden Tisch lag!
Der Schattenriss einer hässlichen, und dabei überdimensional großen und spitzen Hakennase legte sich auf die alten Buchstaben der vor ihr liegenden Buchseiten.
Auf fast gespenstische Art und Weise schienen die alte Schrift und dieses Profil miteinander zu verschmelzen, als würde hier auf dem Tisch in der Bücherei zusammen gefügt, was allen Anschein nach zusammen gehören musste.
Und dieser Schatten besaß noch dazu und unverkennbar eine auffallend dicke Warze am Kinn! Es handelte sich - das war klar - um keinen geringeren als Herrn Kelbel, ihren verhassten Lehrer, der unmittelbar hinter ihrem Tisch stehen musste. Verfolgte dieser sie etwa?
Rebecca wagte kaum zu atmen und blieb starr vor Schreck und völlig bewegungslos auf ihrem Stuhl sitzen. Es war nun schon die zweite Begegnung mit ihrem Physiklehrer in den Ferien und sie hatte absolut keine Lust, mit diesem schrecklichen Menschen auch n ur ein einziges Wort zu wechseln.
Doch bewegte sich der abgrundhässliche Schatten nicht einen Millimeter von der Stelle und Rebecca fing an, nervös in ihrem Buch zu blättern. Ihr wurde ganz heiß und sie merkte, wie Panik sie ergriff. Warum ging er nicht einfach weg?
Dann verschwand der Schatten so plötzlich, wie er erschienen war , gleichzeitig rief eine junge Männerstimme ihren Namen.
Rebecca zuckte zusammen und starrte ganz verstört in Torstens strahlendes Gesicht. Vor lauter Erleichterung über sein Erscheinen vergaß sie sogar rot zu werden, und sie schaute ihn freudig überrascht an. Jetzt wagte sie auch, sich umzudrehen, aber da war niemand hinter ihrem Tisch. Ihr Blick wanderte durch die Bücherei, aber von Herrn Kelbel war weit und breit nichts zu sehen. Torsten setzte sich zu ihr an den Tisch und sagte:
„Was ist denn los mit dir? Du bist ja völlig verängstigt! Hast du etwas Gruseliges gelesen?“
„Quatsch“ zischte sie ärgerlich zurück.
Wenn sie eins nicht leiden konnte, dann waren es Männer, die sie wie ein kleines dummes Kind behandelten.
„Nun sei doch nicht gleich wieder so böse. Aber du machtest auf mich wirklich einen total verstörten Eindruck.“
Er musterte sie
Weitere Kostenlose Bücher