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Die Amazonen von Darkover

Die Amazonen von Darkover

Titel: Die Amazonen von Darkover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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aus.
    Alle Frauen waren älter als Jaelle, obwohl alle außer Camilla ziemlich jung wirkten. Daß ein so schönes Mädchen wie Jaelle zu den Amazonen gehörte, kam ihr merkwürdig vor. Sie hatte sehr weibliche Formen, flammendrotes Haar, riesige Augen und ganz regelmäßige Gesichtszüge.
    »Das hier ist Sherna«, stellte Jaelle die anderen vor, »dort Rayna und hier Gwennis. In ein paar Minuten gibt es etwas zu essen. Wir haben eine der beiden Latrinen für uns belegt. Du mußt also nicht zu den Männern hinübergehen. Komm jetzt und iß.«
    Die Suppe schmeckte köstlich, die Vögel waren delikat. Als sie so beim Essen saßen, fragte die Amazone Gwennis, die etwa dreißig Jahre alt sein mochte, nach ihrem Auftrag, falls er kein Geheimnis sei.
    »Er ist kein Geheimnis, sondern eine Familienangelegenheit meiner Patronin. Ich habe die Ehre, Lady Rohana Ardais in einer Mission nach Sain Scarp zu dienen.«
    »Ist Lady Rohana nach ihrem Sturz vom Pferd nicht noch recht lahm?« fragte Jaelle. »Und das so kurz nach dem Tod ihres Mannes. Welch eine Tragödie!«
    Magda wußte sofort, was geschah: sie wurde getestet. Sie stellte ihren Teller ab. »Entweder, Schwester, hast du jüngere Nachrichten als ich, oder du willst mich testen«, bemerkte sie ironisch. »Als ich Lady Rohana zuletzt sah, war sie gesund und munter und sah frisch und sehr jung aus. Und ihre Gatte – nun, ich sah ihn nicht, aber sie sprach so von ihm, als erfreue er sich auch bester Gesundheit. Oder gibt es noch eine andere Lady Rohana in Ardais, die ich nicht kenne?«
    »Margali, sei mir nicht böse«, sagte nun Jaelle, »aber Lady Rohana ist meine Tante und war als einzige der Familie zur Familienschande immer gut. Ihre Ehre ist mir daher teuer, und ich wollte verhüten, daß ihr Name mißbraucht wird. Verzeih mir, bitte.«
    »Du kannst ihren Schutzbrief sehen, den ich mitführe.«
    »Nein, mach dir keine Mühe, Margali. Trink Wein mit uns und sei mir nicht böse.«
    Magda war heilfroh, daß sie diese Sache so gut durchgestanden hatte, nahm sich aber vor, gerade die junge Jaelle nicht zu unterschätzen.
    Die Männer am anderen Feuer tranken ziemlich viel und lachten unmäßig. In der Hoffnung, vielleicht etwas über Sain Scarp oder gar Piedro zu erfahren, spitzte sie die Ohren, doch Camilla mahnte sie, nicht auf die Männer zu achten, da es sich nicht schicke.
    »Ich dachte nur, sie könnten Banditen sein«, verteidigte sich Magda und nahm sich vor, kein Wort mehr zu sagen und sehr bald schlafen zu gehen. Die Amazonen räumten die Essensreste auf und machten ihre niederen Wildlederstiefel wasserdicht, und dann rollten sie ihre Decken auf.
    »Du kommst doch aus Thendara«, sagte Camilla plötzlich. »Hast du die Geschichte von den beiden Unterhalterinnen gehört, die vorgaben, Freie Amazonen zu sein?« Das Wort ›Unterhalterinnen‹ sprach sie so aus, daß es ›Huren‹ bedeutete. »Weißt du, wie sie bestraft wurden, weil sie vorgaben, Amazonen zu sein?«
    »Nein«, antwortete Magda, und mehr wollte sie nicht sagen, da sie wußte, daß diese Geschichte ihretwegen angeschnitten wurde.
    »Nun ja«, berichtete Camilla, »Rafi und ich gingen nachts hin, als ihre lüsternen Kunden gegangen waren, holten diese schamlosen Weiber auf den Hauptplatz heraus, zogen sie nackt aus, rasierten ihnen jedes Haar am ganzen Körper weg und rollten sie in Pech und Wollfasern und Sägemehl.«
    »Und wäre ich dabeigewesen«, ergänzte Jaelle, »hätte ich eine brennende Fackel an sie gehalten.«
    »Nun, nach dieser Behandlung werden sie sich hüten, noch einmal als Freie Amazonen aufzutreten. Was meinst du, Margali?«
    »Sie werden sich in Zukunft hüten«, antwortete sie, »doch ich hörte, viele dieser grezalis übten ihr Gewerbe nur deshalb aus, weil sie zu dumm sind, etwas Ordentliches zu lernen.«
    »Ich hätte lieber die alte Hexe bestraft, die dieses Haus betreibt«, meinte Sherna. »Nicht alle Huren sind es aus freiem Willen, und irgendwie müssen sie ja auch leben.«
    »Es gibt immer eine Alternative«, bemerkte Camilla abschließend und voll Strenge. Magda wunderte sich, daß sogar eine neutralisierte Frau so moralisch urteilen konnte.
    Jaelle gähnte und legte sich zurück, auch Magda legte ihren Kopf auf die Satteltaschen, daneben das Messer aus ihrem Stiefelschaft, wie es die anderen taten. Sie war erleichtert, daß sie diesen Abend überstanden hatte, und sie hatte in wenigen Stunden über die Freien Amazonen mehr gelernt als in den vergangenen zwölf Jahren.

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