Die Amazonen von Darkover
große Mann mit dem Schnurrbart, den Jaelle verwundet hatte. Magda schrie eine Warnung, Jaelle wirbelte herum, und dann kämpfte sie auch schon mit dem Rücken zum Pferd.
In diesem Moment hätte Magda wie der Teufel davonreiten können, um ihrer eigenen Pflicht nachzukommen; und sie selbst brauchte dann Jaelle nicht zu töten ...
Aber sie hatte schon ihr Messer bereit und griff den Schwarzbart an. Eine Messerspitze ritzte ihr den Arm auf, der dann wie Feuer brannte, doch sie stieß dem Mann ihr Messer in die Brust. Stöhnend fiel er zu Boden. Jaelle kämpfte mit dem zweiten Banditen; ihr war die Wange aufgeschlitzt, und dann tat sie einen lauten Schrei, als der Mann mit dem Messer zustieß. Im nächsten Moment steckte Magdas Messer tief in seinem Rücken. Er keuchte rasselnd, als er zu Boden stürzte. Aber auch Jaelle lag bewußtlos da, fast unter dem Mann, den Magda zuletzt getötet hatte.
Aber Jaelle bewegte sich. Noch stand ihr Leben zwischen Magda und ihrer Mission. Sie hatte noch das Messer in der Hand, mit dem sie den Mann getötet hatte. Jaelle machte die Augen auf und schaute das Messer an, dann Magda. Und plötzlich wußte Magda, daß sie kaltblütig niemals einen Menschen töten konnte, sondern höchstens in Notwehr. Und besonders diese Frau, die hilflos und blutend vor ihr lag, konnte sie nicht töten.
Sie kniete neben Jaelle nieder. Ihr Gesicht blutete stark, eine Schulterwunde schien noch schlimmer zu sein. Vorsichtig hob sie den auf der Wunde klebenden Stoff an. Der Schnitt ging vom Schlüsselbein zur Armgrube; eine schlimme, gefährliche und schmerzhafte Wunde, aber nicht unbedingt tödlich. Eines von Jaelles Augen war offen, das andere hatte sich blutend geschlossen, aber mit dem gesunden Auge beobachtete sie unausgesetzt das Messer, das Magda nun reinigte.
»Ich muß den Stoff wegschneiden«, sagte sie gereizt, »sonst läßt sich die Blutung nicht stillen.« Jaelle stöhnte vor Schmerz, als Magda vorsichtig das festgeklebte Zeug ablöste.
»Hast du sie beide getötet?« fragte Jaelle.
»Einen sicher, aber der andere tut uns auch nichts mehr.«
»Bandagen ...«, keuchte Jaelle. »In meiner Satteltasche ...«
Magda fand einen primitiven Sanitätskasten mit Verbandzeug und legte einen Druckverband an; dann holte sie eiskaltes Wasser vom Brunnen und wusch Jaelles Gesicht. Zum Glück stellte sich heraus, daß das Auge nicht beschädigt war, sondern daß nur das Augenlid einen kleinen Riß abbekommen hatte. Dann half sie Jaelle in die Höhe, führte sie zurück in die Unterkunftshütte und legte sie auf eine Bank. Sie zündete ein Feuer an und kochte Rindentee, der ihnen beiden guttun würde. Jaelle hatte einen Schock erlitten und brauchte Wärme; sie wickelte sie in ihre Decken und erhitzte einen Stein am Feuer, um damit Jaelles Füße zu wärmen. Dann versorgte sie draußen die Tiere und sah nach den Banditen. Beide waren tot; den einen mußte sie ein Stück wegschleifen, damit sie die Tiere in den Stall bringen konnte.
Als Magda in die Hütte zurückkam, war Jaelle bei Bewußtsein. »Ich dachte schon, du seist weggeritten«, sagte sie.
»Wir sind durch einen Eid gebunden, Schwester«, antwortete Magda, ohne es sich überlegt zu haben.
Jaelle streckte eine Hand aus, und diese Bewegung griff Magda ans Herz. »Ich sagte dir doch, Eidesmutter und -tochter tauschen Geschenke aus. Auf ein solches Geschenk hätte ich nie zu hoffen gewagt.«
Magda war verlegen. »Ist dir kalt?« fragte sie, holte noch eine Decke und brachte ihr heißen Rindentee.
»Kümmere dich um deine eigene Wunde«, riet ihr Jaelle. »Manche Banditen vergiften ihre Klingen. Bitte, tu, was ich sage.«
Dann schlief Jaelle wieder, oder sie war bewußtlos. So blieb es den ganzen Tag. Magda kochte Suppe aus getrocknetem Fleisch, aber Jaelle war nicht aufzuwecken. Dann fieberte sie, und gegen Abend war das Fieber sehr hoch. Da sie immer wieder versuchte, den Gesichtsverband abzureißen, band ihr Magda die Hände an den Seiten fest. Da schrie sie vor panischer Angst: »Nein, nicht festbinden! Mutter, Mutter, laß es nicht zu!«
Schnell befreite Magda ihre Hände und hob sie hoch. Nun konnte sie sehen, daß sie frei waren. Das durchdrang sogar Jaelles Delirium, und sie hörte zu schreien auf.
Magda nahm die Hände der Bewußtlosen fest in ihre eigenen, um zu verhüten, daß sie den Verband herabriß. »Nein, das darfst du nicht tun«, sagte sie ihr leise, aber fest. »Ich will dich nicht anbinden, aber du mußt dich still
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