Die Amazonen von Darkover
wir dich sofort zum Gildehaus Neskaya bringen. Das ist nur einen Zehntagesritt von hier entfernt, und dort kann dann zur Mittwinterzeit entschieden werden.«
Und um diese Zeit, überlegte Magda, ist Peter längst tot ... Sie war verzweifelt. »Ich werde den Eid leisten«, sagte sie, weil sie ja doch keine Wahl hatte.
»Das dachte ich mir«, sagte Jaelle. »Komm her, stell dich zu uns ans Feuer, damit du den Eid leisten kannst. Wir sind alle sehr müde und wollen endlich schlafen.«
Magda gehorchte. Jaelle stand direkt vor dem Feuer. Wie jung sie doch aussah! Die Frauen stellten sich im Kreis um sie herum auf. Camilla sagte leise zu Jaelle: »Du bist dafür sehr jung. Soll ich ihr den Eid abnehmen?«
Jaelle streichelte ihre gefurchte Wange. »Meine liebe Tante, immer willst du mir helfen oder mir etwas abnehmen, aber ich bin als gewählte Führerin dieser Truppe alt genug, Eindringlinge zu bestrafen oder einen Eid abzunehmen.«
Jaelle befahl ihr, die Brust zu entblößen, verwirrt und beschämt tat es Magda. Als Anthropologin wußte sie, daß manche Stämme solchen Geheimsitten huldigten. Sherna zog ihr die Tunika bis zu den Hüften herab, und nun kamen die Frauen nacheinander zu ihr und musterten ihre nackten Brüste. Magda wußte, daß eine solche Inspektion das Einschleichen von Männern verhüten sollte, doch sie kam sich trotzdem wie ein Pferd auf dem Markt vor, das verkauft werden sollte.
»Haben wir alle festgestellt, daß dies eine Frau und nicht ein verkleideter Mann ist?« fragte Jaelle, und alle nickten. »So akzeptieren wir dich als Frau. Nun mußt du dein Haar abschneiden und aus freiem Willen zu uns kommen. Ich spreche dir die Eidesformel vor, die aus den Tagen von Varzil dem Guten stammt und in Nevarsin schriftlich aufbewahrt wird. In Gegenwart dieser Zeugen sprich mir nach:
Von diesem Tag an verzichte ich auf das Recht zu heiraten außer als freie Gefährtin des Mannes und mit ihm gleichberechtigt. Kein Mann wird mich di cartenas binden, und ich will in keines Mannes Haushalt als barragana wohnen.«
Der alte religiöse Ritus für die Heirat war sowieso längst abgeschafft, und als Konkubine würde sie niemals einem Mann »dienen«. Deshalb sprach Magda diese Worte nach.
»Ich schwöre, daß ich bereit bin, mich gewaltsam zu verteidigen, wenn ich gewaltsam angegriffen werde, und daß ich mich an keinen Mann um Schutz wende.«
Hier fühlte Magda, wie sie in zwei Wesen auseinanderbrach: in die Terranerin Magda und die Darkovanerin Margali. Welche von beiden würde sie dann später sein? Es war ihr nur allzu deutlich bewußt, daß sie ohne Jaelles Eingreifen wahrscheinlich von sämtlichen Männern vergewaltigt worden wäre. Überlebt hätte sie so etwas vermutlich. Aber damit leben müssen?
»Von diesem Tag an schwöre ich, daß ich nie mehr den Namen eines Mannes trage, ist er nun Vater, Vormund, Liebhaber oder Ehemann, sondern einzig und allein den ...« Jaelle brach ab. »Wie hieß deine Mutter?«
»Ysabet.« So sprachen die Darkovaner den Namen Elisabeth aus, doch fast wäre es ihr nicht eingefallen.
»... sondern einzig und allein den Namen Margali nikhya mic Ysabet.« Das war die unabgekürzte Formel des Mutternamens. Hatte bisher nichts an diesem Eid Magda geängstigt, so tat es dies. Sie hatte ihren Vater sehr geliebt, und nun sollte sie seinen Namen nicht mehr tragen dürfen?
»Von diesem Tag an schwöre ich, daß ich mich niemals einem Mann hingebe als zu meiner eigenen Zeit und aus meinem eigenen freien Willen und nach meinem eigenen Wunsch. Niemals will ich mein Brot damit verdienen, daß ich mich zum Objekt der Lust des Mannes mache.
Von diesem Tag an schwöre ich, daß ich das Kind keines Mannes tragen will, außer zu meinem eigenen Vergnügen, zu meiner eigenen Zeit und nach meiner Wahl. Ich trage kein Kind eines Mannes für Haus oder Erbe, Klan, Stolz oder Prestige. Ich schwöre, daß ich allein bestimmen werde, wie und wo ein von mir getragenes Kind aufgezogen und erzogen wird, ohne Rücksicht auf das Haus, die Stellung oder den Stolz eines Mannes ...«
Das hielt die Terranerin Magda an sich für vernünftig, doch für das in Caer Donn aufgewachsene Mädchen war es ein Schock. Peter hatte sich ein Kind von ihr gewünscht, doch sie hatte keines gewollt; damals noch nicht. Später schämte sie sich deswegen und war enttäuscht, als sie nicht schwanger wurde. Unwillkürlich schluchzte sie. Als Frau und Peter gegenüber hatte sie versagt. In jeder Beziehung versagt. Aber sie
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