Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
Vom Netzwerk:
scheuern, nachdem er vorher abgeräumt, gespült und abgetrocknet hatte, half Holger und Celestine auch nicht wirklich. Aber das war nichts im Vergleich mit der Behauptung, die vor ihren Augen demontiert worden war.
    Dass Könige angeblich keine Hühner schlachten.
    Was Holger jetzt mehr als alles andere brauchte, war die Bestätigung, dass die reine Lehre immer noch ihre Berechtigung hatte. Wenn er die hatte, hatte er auch Celestine sicher auf seiner Seite.
    Der Obermonarch in Papa Ingmars Erzählungen war immer Gustaf V . gewesen: Dieser Mann war vom Teufel selbst gesandt worden, um Mutter Erde zu verpesten. Holger wusste, dass er sich erkundigen musste, was der jetzige König von diesem Teufelsspross hielt. Er ging also zu dem Mann, der auf dem Küchensofa mit der achtzigjährigen Dame turtelte und sagte:
    »Hör mal her, König.«
    Der König brach mitten im Satz ab, blickte auf und sagte:
    »Ja, das bin ich.«
    »Ich muss da mal was mit dir klären«, sagte Holger 1, der Seine Majestät ganz bewusst duzte.
    »Also, es geht nämlich um Gustaf V .«
    »Meinen Urgroßvater«, sagte der König
    »Genau. Das wird bei euch ja auf die Art weitervererbt«, sagte Holger, ohne selbst so richtig zu kapieren, was er damit eigentlich meinte. »Ich will wissen, was der Herr König – also, was du von ihm hältst.«
    Nombeko war diskret ein Stückchen näher herangerutscht, um das Gespräch zwischen dem König und dem Idioten zu verfolgen. Jetzt flüsterte sie in sich hinein: Du hast bis jetzt alles perfekt gemacht, König, gib jetzt bloß die richtige Antwort!
    »Gustaf V .?« Der König witterte eine Falle.
    * * * *
    Der König ließ die Gedanken kurz um die Generationen vor ihm kreisen. Staatsoberhaupt zu sein, war nicht immer so leicht, wie die niederen Stände glauben mochten. Er dachte nicht zuletzt an Erik XIV ., den man erst verrückt nannte (gut, zum Teil auch aus gutem Grund) und der dann von seinem Bruder eingesperrt wurde, um zum Schluss eine mit Gift abgeschmeckte Suppe serviert zu bekommen.
    Oder Gustav III. , der auf einen Maskenball ging, um sich ein wenig zu amüsieren – und prompt erschossen wurde. Das war nicht besonders lustig. Außerdem zielte der Schütze so schlecht, dass der arme König noch zwei Wochen weiterlebte, bis er endlich starb.
    Und vor allem Gustaf V ., an dem der Republikaner Holger sich offenbar besonders festgebissen hatte. Der Vater seines Großvaters war ein schmächtiges Kind gewesen, schlurfte auffällig beim Gehen und wurde deswegen mit der neuen Erfindung Elektrizität behandelt. Wenn man ihm ein paar Volt durch den Körper jagte, würden die Füße schon in Schwung kommen, dachte man damals.
    Ob es nun die Volt waren oder etwas anderes, ließ sich im Nachhinein nicht mehr sagen, aber Gustaf V . lotste anschließend das neutrale Schweden aufrecht durch beide Weltkriege. Mit einer Königin aus Deutschland an der einen Seite und einem Sohn und Kronprinzen an der anderen, der nicht nur einmal, sondern gleich zweimal britisch heiratete.
    Kurz vorm Ersten Weltkrieg ging Gustaf V . ein Stückchen zu weit, als er so lautstark eine schlagkräftigere Armee forderte, dass Ministerpräsident Staaf erbost von seinem Amt zurücktrat. Staaf fand es wichtiger, das allgemeine Wahlrecht einzuführen, als noch ein oder zwei Kanonenboote bauen zu lassen. Dass Urgroßvater seine Forderung kurz vor den Schüssen in Sarajewo geäußert und somit im Grunde ganz richtig gelegen hatte, wurde völlig übersehen, denn als König hatte man den Mund zu halten. Das hatte der König selbst erfahren müssen, als er den Sultan von Brunei als einen patenten Kerl bezeichnete.
    Nun gut. Urgroßvater regierte fast dreiundvierzig Jahre und wusste alle politischen Umschwünge geschickt zu bewältigen. So schaffte er es ja auch, die Monarchie zu bewahren, obwohl eines Tages Krethi und Plethi das Wahlrecht bekamen und es dergestalt missbrauchten, dass die Sozialdemokraten an die Macht kamen. Doch die befürchtete Revolution blieb aus, und Ministerpräsident Hansson, der eingefleischte Republikaner, schlich sich tatsächlich hie und da zu einer abendlichen Bridgerunde aufs Schloss.
    In Wirklichkeit war Gustaf V . in erster Linie der Retter der Monarchie gewesen. Aber hier ging es darum, einer Herausforderung ganz im Geiste von Großvaters Vater zu begegnen, nämlich mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Realitätssinn.
    Der König hatte gespürt, dass hinter der Frage dieses Mannes, den er nicht ›den Idioten‹

Weitere Kostenlose Bücher