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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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dort Bericht zu erstatten. Es war wichtig, dass sie dort ankam, bevor der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte eintraf, daher sprang sie in ein Taxi, nicht ohne Celestine vorher streng ermahnt zu haben, mit ihrem Kartoffellaster ja kein Aufsehen im Straßenverkehr zu erregen. Celestine versprach es, und hätte sich auch sicher daran gehalten, wäre im Radio nicht plötzlich Billy Idol gekommen.
    Zwanzig, dreißig Kilometer nördlich von Stockholm war es aufgrund eines Unfalls nämlich zu einem Verkehrsstau gekommen. Nombeko und das Taxi kamen noch vorher durch, aber Celestine mit dem Kartoffellaster blieb in der rasch immer länger werdenden Schlange stecken. Wie sie später erklärte, war es physisch unmöglich, in einem stehenden Auto zu sitzen, wenn im Radio Dancing with Myself gespielt wird. Also entschied sie sich, auf die Busspur auszuweichen.
    Und so kam es, dass eine fast schon headbangende Frau nördlich von Rotebro in einem Kartoffellaster mit falschem Kennzeichen eine im Stau stehende Zivilstreife rechts überholte – und natürlich prompt an den Straßenrand gewinkt wurde.
    Während der Polizeiinspektor das Kennzeichen überprüfte und herausfand, dass es zu einem roten Fiat Ritmo gehörte, dessen Nummernschilder vor Jahren als gestohlen gemeldet worden waren, ging sein Kollege, der Polizeianwärter, zu Celestine, die das Fenster heruntergekurbelt hatte.
    »Sie dürfen nicht auf der Busspur fahren, auch nicht, wenn es einen Unfall gegeben hat«, erklärte der junge Polizist. »Dürfte ich bitte mal Ihren Führerschein sehen?«
    »Nein, darfst du nicht, du Bullenschwein«, sagte Celestine.
    Ein paar tumultartige Minuten später saß sie auf dem Rücksitz des Polizeiautos, mit Handschellen, die ihren eigenen nicht ganz unähnlich waren. Und die Leute in den stehenden Autos rundum fotografierten wie wild.
    Der Polizeiinspektor hatte schon viele Dienstjahre auf dem Buckel, und er erklärte dem Fräulein ganz seelenruhig, dass sie ihnen genauso gut gleich sagen konnte, wie sie hieß, wem das Fahrzeug gehörte und warum sie mit falschem Kennzeichen durch die Gegend fuhr. Der Polizeianwärter warf unterdessen einen Blick in den Laderaum des Lasters. Darin stand eine große Kiste, und wenn man an der Seite an der richtigen Stelle ein bisschen herumfriemelte, konnte man das Ding sicher auf … na bitte, war doch schon offen.
    »Was, zum Teufel …?«, sagte der junge Polizist und rief sofort den Inspektor, um ihm zu zeigen, was er entdeckt hatte.
    Wenig später waren die beiden wieder bei der gefesselten Celestine, um ihr weitere Fragen zu stellen, diesmal bezüglich des Inhalts der Kiste. Aber sie hatte sich mittlerweile wieder gefangen.
    »Wie war das noch, ihr wolltet wissen, wie ich heiße?«, fragte sie.
    »Furchtbar gerne«, sagte der immer noch seelenruhige Polizeiinspektor.
    »Édith Piaf«, sagte Celestine.
    Und dann begann sie zu singen:
    Non, rien de rien
    Non, je ne regrette rien
    Ni le bien qu’on m’a fait
    Ni le mal; tout ça m’est bien égal!
    Sie sang immer noch, während sie zum Polizeirevier in Stockholm gefahren wurde. Und auf der Fahrt dachte sich der Inspektor, man konnte über den Polizeiberuf ja sagen, was man wollte – aber abwechslungsreich war er.
    Der Polizeianwärter erhielt den Auftrag, den Laster behutsam zu selbigem Revier zu fahren.
    * * * *
    Am Sonntag, dem 10. Juni 2007, um 16.30 Uhr hob das chinesische Flugzeug in Stockholm–Arlanda Richtung Peking ab.
    Ungefähr zur selben Zeit war Nombeko zurück in der Regierungskanzlei. Es gelang ihr, sich bis ins Allerheiligste durchzufragen, indem sie die Assistentin des Ministerpräsidenten anrief und ihr erklärte, sie habe wichtige Informationen für den Chef betreffend Präsident Hu.
    Wenige Minuten, bevor der Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte das Büro betreten sollte, wurde Nombeko vorgelassen. Fredrik Reinfeldt sah schon bedeutend munterer aus, denn er hatte fast anderthalb Stunden schlafen können, während Nombeko in Arlanda gewesen war und mit Papieren, Pferdchen und anderem Pipapo gehext hatte. Er fragte sich, was sie jetzt wohl noch auf dem Herzen haben könnte. Er hatte sich eigentlich vorgestellt, dass sie sich erst wieder sprechen würden, sobald der Oberbefehlshaber informiert war, und der Moment für die … sagen wir mal, für die … Endverstauung gekommen war.
    Tja, die Umstände hatten die Unterredung mit dem Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte aber überflüssig gemacht.

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