Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
dürfen. »Könnten wir es nicht noch mal mit so was versuchen?«
»Lass mich mal überlegen«, sagte Nombeko.
* * * *
Am nächsten Tag besuchte sie den amerikanischen Töpfer, um mal wieder ein Plauderstündchen mit ihm zu halten. An diesem Morgen musste sie sich anhören, dass sämtliche Telefongespräche in Schweden aufgenommen und analysiert wurden. Das erforderliche Personal belegte ein ganzes Stockwerk im Hauptquartier des amerikanischen Geheimdienstes in Virginia.
»Hört sich nach einem ganz schön großen Stockwerk an«, meinte Nombeko.
Während der Töpfer die Sache in aller Breite ausführte, wanderten Nombekos Gedanken wieder zu den Chinesenmädchen. Was konnten sie anfangen, wenn sie kein Restaurant aufmachen durften? Worin waren sie noch gut?
Tja, da wäre wohl Hundevergiften zu nennen. Allerdings konnten sie das ein bisschen zu gut. Und Nombeko sah keinen unmittelbaren finanziellen Vorteil darin, dieses Talent in Gnesta und Umgebung einzusetzen.
Außerdem konnten sie Gänse aus der Han-Dynastie nachmachen. Vielleicht wäre das ja was? Auf der anderen Straßenseite gab es schließlich eine Töpferwerkstatt. Und einen verrückten Töpfer. Konnte man die Mädchen vielleicht irgendwie mit ihm zusammenspannen?
Eine Idee begann in ihr zu wachsen.
»Besprechung heute Nachmittag um drei Uhr«, sagte sie, während der Töpfer immer noch dabei war, ihr seine Lauschangrifftheorie darzulegen.
»Was wollen wir denn besprechen?«, fragte der Töpfer.
»Drei Uhr«, antwortete Nombeko.
Exakt zur vereinbarten Zeit klopfte sie wieder bei dem Amerikaner mit dem lädierten Nervenkostüm. Im Schlepptau hatte sie drei südafrikanische Chinesenmädchen.
»Wer ist da?«, fragte der Töpfer durch die Tür.
»Der Mossad«, sagte Nombeko.
Der Töpfer hatte zwar keinen Humor, erkannte aber ihre Stimme und machte auf.
Der Amerikaner und die Chinesenmädchen waren einander fast noch nie begegnet, weil Ersterer seine Konserven zum Mittag- und Abendessen aus Sicherheitsgründen den Leckereien der Mädchen vorzog. Um ihnen den bestmöglichen Start zu geben, machte Nombeko dem Töpfer weis, dass die Mädchen zu einer Minderheit aus Cao B ằ ng in Nordvietnam gehörten, wo sie sich dem friedlichen Opiumanbau gewidmet hatten, bevor die gemeinen Amerikaner sie verjagten.
»Das tut mir wirklich leid«, sagte der Töpfer. Er schien die Geschichte tatsächlich zu glauben.
Nombeko überließ Großer Schwester das Wort, die nun wiederum berichtete, wie gut sie früher immer zweitausend Jahre alte Tonwaren nachgemacht hatten, aber erstens hätten sie ja keine Produktionsstätte mehr, und zweitens war ihre Mutter, die Chefdesignerin, immer noch in Südafrika.
»In Südafrika?«, wunderte sich der Töpfer.
»In Vietnam.«
Große Schwester beeilte sich weiterzureden. Wenn der Herr Töpfer sich vorstellen konnte, den Mädchen Zutritt zu seiner Töpferei zu gewähren und die Stücke aus der Han-Dynastie nachzubilden, versprachen die Mädchen, ihm mit Rat zur äußerlichen Ausgestaltung zur Seite zu stehen. Außerdem wussten sie alles darüber, wie man die Oberfläche der Stücke in der letzten Arbeitsphase so bearbeitete, dass man am Ende wirklich eine echte Gans aus der Han-Dynastie hatte. Oder eine halb echte.
Na gut. Darauf konnte sich der Töpfer schon einlassen. Doch das folgende Gespräch über die Preisgestaltung kam ziemlich mühsam voran. Der Töpfer hielt neununddreißig Kronen für angemessen, während die Mädchen eher an neununddreißigtausend gedacht hatten. Dollar.
Nombeko wollte sich eigentlich nicht einmischen, aber am Ende sagte sie trotzdem:
»Wollt ihr euch nicht vielleicht irgendwo in der Mitte treffen?«
Die Zusammenarbeit kam tatsächlich zustande. Der Amerikaner lernte rasch, wie die Gänse aussehen mussten, und wurde obendrein so gut in der Herstellung von Han-Dynastie-Pferden, dass man jedem Pferd ein Ohr abschlagen musste, damit es authentischer aussah.
Anschließend wurden jede fertige Gans und jedes Pferd hinter der Töpferwerkstatt vergraben und von den Mädchen mit Hühnermist und Urin übergossen, so dass die Stücke innerhalb von drei Wochen um zweitausend Jahre alterten. Was die Preisgestaltung anging, hatte sich die Gruppe am Ende auf zwei verschiedene Kategorien geeinigt. Eine für neununddreißig Kronen, die auf den Märkten in ganz Schweden angeboten werden sollte, und eine für neununddreißigtausend Dollar, mit dem Echtheitszertifikat, das Große Schwester erstellte, die diese Kunst
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