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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Sache im Kopf herum. Nichts Besonderes. Sonst alles bei euch in Ordnung, Mama?«
    Â»Du spielst doch nicht etwa mit dem Gedanken, dir da oben eine Praxis anzuschaffen?« Plötzlich klang die Stimme ihrer Mutter wieder ganz geschwächt.
    Â»Nein, Mama, vergiss es einfach. Ich muss jetzt los. Gute Besserung.«
    Maja legte auf. Jetzt hatte sie ihre Mutter erneut verletzt. Konnten sie denn niemals ein Gespräch miteinander führen, ohne dass einer von ihnen verärgert, enttäuscht, verletzt oder unglücklich wurde? Offenbar war das nicht möglich.
    Aus dem Gespräch war sie nicht klüger geworden. Als sie und Jan ihre gemeinsame Wohnung gekauft hatten, war er für die Formalitäten verantwortlich gewesen, genau wie jetzt, da sie wieder verkauft werden sollte.
    Trotz ihres begrenzten Wissens, was Immobiliengeschäfte anging, war ihr vollkommen klar, dass die allermeisten Leute ein Darlehen aufnehmen mussten, selbst wenn sie nur eine Baracke im Heringsviertel kaufen wollten. Und obwohl sie die finanzielle Lage der Bohrarbeiter unter ihren Patienten nicht kannte, nahm sie an, dass die meisten von der Hand in den Mund lebten. In ihren Patientenakten stand eine Menge über physische Belastungen, soziale Probleme, familiäre Gewalt und psychische Beeinträchtigungen. Zwar verdienten die Arbeiter auf den Ölplattformen nicht wenig Geld, doch meist brachten sie es ebenso schnell wieder durch. Maja konnte sich kaum vorstellen, dass einige von ihnen so vermögend geworden waren, dass sie ihr Geld in Immobilenprojekte steckten. Ohne jemanden, der für sie
bürgte, dürften sie bei den Banken zudem kaum eine Chance auf ein Darlehen haben. Ihre Mutter hatte ihr gegenüber das Wort »Elternkauf« benutzt. Vielleicht war das auch für manchen Bohrarbeiter eine Möglichkeit. Gleich morgen wollte sie eine Bank aufsuchen, um sich über die Bedingungen zu informieren. Obwohl sie Banken hasste. Noch mehr als Kirchen. Selbst mehr als Immobilienmakler. Mit ihrer Kreditkarte in der Hand wollte sie sich als mögliche Kundin für ein Darlehen ausgeben.
    Maja hatte inzwischen einen stattlichen Betrag auf dem Konto. Nach den letzten Monaten in Norwegen betrug das Saldo ihres Girokontos 700246 Kronen. Im Gegensatz zu vielen ihrer dänischen Kollegen hatte sie sogar die Steuern davon bezahlt. Fast jeder andere, Jan inklusive, hätte sich darüber Gedanken gemacht, wie sich eine solche Summe am besten anlegen ließ. Auch ihr Bankbetreuer, Herr Krog, hatte ihr zum wiederholten Mal geraten, das Geld nicht einfach auf einem Niedrigzinskonto liegen zu lassen. Er konnte nicht wissen, dass die Summe auf ihrem Konto für sie in etwa dieselbe Aussagekraft hatte wie der Kilometerzählers ihres Autos. Ihr Guthaben war sozusagen der sichtbare Beweis dafür, dass sie sich zunehmend von zu Hause fortbewegte.
    Krog war schon in Ordnung, und wenn man seinen schwitzigen Händedruck sowie seine etwas unterwürfige Attitüde – die vielleicht angeboren war – ignorierte, machte er einen recht vertrauenerweckenden Eindruck. Sein Interesse für ihr Anliegen stieg beträchtlich, als sie ihm erzählte, dass sie seinen Rat in Verbindung mit dem Erwerb einer Immobilie brauche.
    Â»Wollen Sie sich bei uns niederlassen?«, fragte Krog blinzelnd.
    Â»Ich ziehe es in Erwägung.«
    Krog nickte zufrieden. »Es gibt ja auch wirklich nicht genug Ärzte bei uns. Man bekommt kaum einen Termin.«

    Maja lächelte bedauernd.
    Â»Suchen Sie nach Räumlichkeiten für eine eigene Praxis?«
    Â»Nein, ich suche zunächst eine eigene Wohnung.«
    Â»Ich verstehe«, entgegnete Krog, indem er die Kappe seines Füllers abschraubte. »Haben Sie eine Kostenaufstellung dabei?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe noch keine passende Wohnung gefunden. Ich dachte nur, dass ich mich zuerst ganz allgemein darüber informieren sollte, was für Kosten auf mich zukommen.«
    Â»Wenn doch nur mehr Leute so vernünftig wären wie Sie«, sagte er und lehnte sich zurück. »Viel zu viele lassen sich auf solche Geschäfte ein, ohne sich richtig vorbereitet zu haben«, fuhr er kopfschüttelnd fort. »Was genau wollen Sie wissen?«
    Â»Einfach alles«, antwortete sie und bedachte ihn mit ihrem Blondinenlächeln, das zu gleichen Teilen aus sexuellem Versprechen und purer Unschuld bestand. Es war nicht zu entscheiden, ob ihn Ersteres

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