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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Straßenführung war sie froh, dass ihr keine Autos entgegenkamen.
    Nach einigen Kilometern tauchten die ersten Häuser auf. Sie alle lagen hinter mächtigen Mauern und waren von parkähnlichen Gärten umgeben. Hoch über allen anderen, mit freiem Blick auf das Meer, befand sich das Domizil der Familie Skarv. Über der Ringmauer konnte sie das grünspanfarbene Dach des Hauptgebäudes erkennen. Die enorme Länge der Mauer zeugte von ausgedehntem Grundbesitz.
    Sie war sich nicht sicher, was sie sich von ihrem Besuch erwartete. Falls Tjodolv Skarv in illegale Machenschaften verwickelt war, würde er ihr das kaum auf dem Totenbett beichten. Vielleicht war sie hierhergekommen, um ein Familienmitglied nach dem anderen ausschließen zu können. Sie wollte dem alten Mann in die Augen sehen, um zu wissen, ob seine Zeit ein für alle Mal vorbei war. Fragte sich nur, ob sie die heiligen Hallen auch zu Gesicht bekommen oder auf verschlossene Türen stoßen würde.
    Maja ließ ihren Wagen bis vor das schmiedeeiserne Tor mit dem Familienwappen rollen und hielt an. In den linken Pfeiler war eine Sprechanlage integriert. Sie kurbelte die Scheibe hinunter und drückte auf den Knopf. Im nächsten Moment meldete sich eine blecherne Stimme:
    Â»Was kann ich für Sie tun?«
    Maja räusperte sich und antwortete so entspannt wie möglich: »Mein Name ist Maja Holm, ich bin Ärztin und möchte nach Herrn Tjodolv Skarv sehen.«
    Â»Einen Moment bitte.« Es dauerte eine Weile, ehe sich die Stimme wieder meldete.
    Â»Ãœber so einen Besuch bin ich nicht informiert worden.«

    Maja erklärte, das hinge sicher damit zusammen, dass Herr Skarv normalerweise jeden zweiten Donnerstag Besuch von seinem Hausarzt bekomme. Aufgrund eines Krankheitsfalls im Ärztehaus sei man aber gezwungen, die Visite um einen Tag vorzuverlegen.
    Sie bemerkte die Kameralinse, die sich über der Sprechanlage befand, und konnte förmlich spüren, wie sie kritisch beäugt wurde. Sie zwang sich zu einem schwachen Lächeln.
    Â»Das ist richtig. Ich sehe, dass Dr. Miltevik morgen früh um halb elf kommen sollte. Ihren Namen kann ich nicht finden.«
    Â»Ich bin die Stellvertreterin von Dr. Miltevik.«
    Â»Dann muss ich Sie bitten, noch einmal anzurufen und sich für morgen einen neuen Termin geben zu lassen.«
    Maja zuckte die Schultern. »Ich habe in dieser Woche leider keine anderen Termine mehr frei. Sie wissen schon, wegen der Grippewelle …«
    Â»Tut mir leid, aber ohne vereinbarten Termin kann ich Sie hier nicht einlassen.«
    Â»Das ist schon in Ordnung«, entgegnete Maja und lächelte in die Linse. »Ich werde Dr. Miltevik darüber informieren, dass ich Herrn Skarv leider nicht behandeln konnte. Er wird im nächsten Monat sicher einen Ersatztermin finden.«
    Â»Nächsten Monat?« Die Stimme klang ein wenig verunsichert.
    Â»Genau«, antwortete Maja und schickte sich an, die Scheibe wieder nach oben zu kurbeln.
    Â»Einen Augenblick.«
    Maja durfte ein paar weitere Minuten warten, doch die Stimme ließ sich nicht mehr hören. Stattdessen quietschten plötzlich die Rollen unter dem schmiedeeisernen Tor, das langsam aufglitt.
    Sie fuhr die Allee hinunter, dem Hauptgebäude entgegen.
Wäre das moderne Nebengebäude nicht gewesen, das sich wie ein Segel von der Giebelseite aus weit über die Rasenfläche erstreckte, hätte man glauben können, sich in einer anderen Epoche zu befinden. Es waren dieser Neubau sowie der Parkplatz mit den weißen Linien, die der Anlage etwas Geschäftsmäßiges verliehen. Maja stellte ihren Wagen in dem für Gäste vorgesehenen Parkbereich ab. Sie wusste nicht, wie lange sie Zeit haben würde, ehe ihre Lügengeschichte aufflog. Es würde sicher nicht lange dauern, bis Edel Raaholdt oder Milten sich meldeten oder ihr jemand aus dem Konzern auf die Schliche kam. Hoffentlich würde das nicht geschehen, bevor sie Gelegenheit hatte, Tjodolv Skarv kennenzulernen.
    Maja öffnete die große Glastür, hinter der sich die Eingangshalle befand. Zur Linken telefonierte ein Angestellter in blauer Uniform hinter einer niedrigen Theke. Der blasse Wachmann sowie die helle Eichenholztheke hätten von Ikea stammen können und standen in deutlichem Kontrast zum edlen Biedermeierinterieur. Sie bewegte sich vorsichtig auf ihn zu, während sie versuchte, sein Gespräch zu belauschen. Er

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