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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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Vergnügungspark oder ein Shoppingcenter im Sinn hatte. Das Motiv war immer dasselbe: Gier!
    Sie räusperte sich.
    Â»Ich glaube, ich will von dem Projekt lieber in der Zeitung lesen. Nachdem die Bevölkerung darauf gedrängt hat, sämtliche Details zu erfahren. Und damit gute Nacht!«
    Maja machte auf dem Absatz kehrt. Sie steckte rasch ihre Hand in die Tasche und griff nach dem Injektor. Sie wusste, dass ihr Verhalten jederzeit einen Angriff auslösen konnte, von welcher Seite auch immer. Sie hatte erst wenige Schritte in Richtung Ausgang gemacht, als sie hinter sich einen lauten Knall hörte. Sie blieb stehen, obwohl ihr Instinkt ihr sagte, sie solle weitergehen.
    Langsam drehte sie sich um. Skarv knetete das weiße Tuch in den Händen, das er soeben vom Tisch gezogen hatte. Es war ein fast tragischer Anblick, wie er dort verloren im hellen Licht stand, wie der Harlekin im Bajazzo.
    Â»Es ist Papas Traum.«
    Maja konnte nicht gleich erkennen, was sich dort auf dem Tisch befand. Langsam trat sie näher. Das starke Licht wurde vom Tisch reflektiert und blendete sie. Maja hielt sich
schützend die Hand vor die Augen. Doch dann erkannte sie allmählich ein feinmaschiges Netz aus unzähligen Dreiecken. Sie schienen ineinander verflochten zu sein, sodass sich ständig die Perspektive verschob, wenn man die Blickrichtung ein wenig veränderte. Sie hatte den Eindruck, eine gläserne Fata Morgana zu betrachten, ein unbegreifliches und unwiderstehliches Zauberspiel.
    Erst als Maja direkt vor dem Tisch stand, sah sie, dass aus dem geometrischen Wirrwarr einige konkrete Figuren Gestalt annahmen. Von der Mitte des Tisches aus spannten sich drei segelförmige Flächen zu verschiedenen Seiten. Ihre Spitzen liefen zusammen und bildeten den niedrigsten Punkt der Konstruktion. Der gesamte Körper, der perlmuttfarben schimmerte, erhob sich in einem Winkel von fünfunddreißig Grad.
    Sie ging ein wenig in die Knie und blickte unter die Segel. Die riesige Glasfaserhaut ruhte auf einer Reihe von Säulen und überwölbte die gläsernen Pavillons, die sich darunter befanden. Die Säulen waren identisch mit denen, die um die Segel herum in der Landschaft platziert waren. Es waren diese kürzer werdenden Säulen, die im Zusammenspiel mit den umliegenden verspiegelten Terrassen ein filigranes Muster ergaben, das die Gebäude mit der Landschaft verschmelzen ließ. Faszinierend war der fast halluzinatorische Eindruck, den die Architektur beim Betrachter auslöste, der sich fragen musste, ob es sich tatsächlich um ein Bauwerk oder eine Luftspiegelung handelte. Ein Effekt, der sich durch wechselnde Wetter- und Lichtverhältnisse noch verstärken würde. Doch hatte Maja immer noch keine Ahnung, wozu dieses Gebäude dienen sollte. Eine solche Konstruktion hatte sie noch nie zu Gesicht bekommen. Am ehesten fühlte sie sich an den segelartigen Neubau erinnert, der Bestandteil von Skarvs Privatvilla war.
    Â»Das ist ein … imponierender Anblick.«

    Â»Vielen Dank!«, entgegnete Skarv, dessen Stimme klang, als lege er großen Wert auf ihr Urteil.
    Â»Aber was ist das?«
    Â»Der Anfang.«
    Â»Der Anfang? Wovon?«
    Skarv legte das Tuch beiseite.
    Â»Vor zweihundert Jahren kamen die ersten Heringsfischer in die Stadt. Hier, wo wir jetzt stehen, haben sie ihre Baracken gebaut.« Er zeigte auf den Betonboden. »Die Heringsfischer schufen die Grundlage für die nächsten Generationen, die dafür sorgten, dass sich der Fischfang immer mehr entwickelte. Es wurden größere Boote gebaut und weitere Strecken auf See zurückgelegt, was steigende Einnahmen und wachsenden Wohlstand zur Folge hatte. Die Baracken verschwanden und wurden durch solidere Häuser ersetzt. Die Heringsinsel wurde zum Motor für die Entwicklung der ganzen Stadt. Ohne den Willen und Fleiß der Fischer hätte die Stadt niemals diesen Aufschwung erlebt, sondern wäre irgendwann von der Landkarte verschwunden, wie so viele andere Küstenorte auch.«
    Â»Was haben die Heringsfischer mit Ihrem Projekt zu tun?«, fragte Maja ungeduldig.
    Â»Ohne ihr Engagement wären die Industrie, die Werft und der Hafen mit seinem gesamten Handel längst woandershin übersiedelt. Es waren unsere Väter, Großväter und Urgroßväter, die diese Stadt geschaffen haben. Und sie taten es nach einer einfachen Devise …« Skarv machte eine rhetorische

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