Die Anatomie des Todes
den Kopf gestoÃen hatte. Zuletzt an den Klippen der Steilküste unter den Geistern der Schiffbrüchigen. Falls es für dieses Versöhnungsgeschenk noch nicht zu spät war.
36
Stig stand nackt in der Türöffnung und konnte kaum aus den Augen schauen. Seine Haare standen in alle Richtungen ab. Sein Willkommensgruà war nicht besonders freundlich: »Ich â bin â diesen â Scheiàâ endgültig â leid â deine â Launen â kotzen â mich â an â kannst â du â dir â vorstellen â wann â ich â wieder â zu â Hause â war?«
»Stig, es tut mir so schrecklich â¦Â«
»Ach, hör auf, ich muss in anderthalb Stunden aufstehen, das Sofa ist da drüben!«
Trotz dieses Hinweises folgte sie ihm ins Schlafzimmer. Stig warf sich aufs Bett und zog sich demonstrativ ein Kissen über den Kopf. Sie setzte sich vorsichtig auf die Bettkante.
»Willst du gar nicht wissen, wo ich gewesen bin?«, fragte sie und versuchte, sich den rechten Stiefel vom Fuà zu zerren.
»Nein!«
»Auch nicht, wenn ich dir erzähle, dass ich weiÃ, was Skarv im Schilde führt?«
»Ich möchte gern, dass du dich jetzt aufs Sofa legst.«
Sie trat sich den zweiten Stiefel von den FüÃen und begann, sich die Bluse über den Kopf zu ziehen.
»Und was ist, wenn ich dir sage, dass Skarv mir alles selbst erzählt hat?«, fragte sie durch den Stoff ihrer Bluse.
Stig hob das Kissen vom Kopf.
»Was hat er?«
»Er hat mir erzählt, was mit Lilleengens altem Grundstück passieren soll.«
Sie warf den Rest ihrer Kleider auf den Boden.
»Was ⦠hast du jetzt bloà wieder angestellt?«
Stig richtete sich auf und stützte sich auf einen Ellenbogen.
»Wieso glaubst du, dass ich was ⦠angestellt habe?«
»Weil ich dich kenne.«
Sie sprang zu ihm ins Bett.
»Offenbar habe ich ihn auf dem Basar so nervös gemacht, dass er mir alles erzählen musste.«
»Maja ⦠Maja ⦠Maja«, stöhnte Stig, während er sich wieder auf sein Kissen sinken lieÃ.
»Jetzt weià ich nicht nur, was mit Lilleengens Grundstück, sondern auch, was mit der ganzen Heringsinsel geschehen soll.«
»Und was soll mit der ganzen Heringsinsel geschehen?«, fragte Stig mit erschöpfter Stimme.
Sie antwortete, er solle zuerst schwören, dass er niemandem davon erzählen werde. Stig bekreuzigte sich. Sie setzte sich rittlings auf seinen Bauch und begann ihren Bericht mit dem Anruf, der sie erreicht hatte, während sie in der Badewanne lag. Die Minibar lieà sie unerwähnt, sondern ging ohne Umschweife zur Kühlhalle über. Ihr gesamter Bericht hörte sich so phantastisch an, dass Stig sie mehrmals unterbrach und bat, gewisse Passagen, die er vermutlich besonders unglaubwürdig fand, noch einmal zu erzählen.
»Und du bist sicher, dass du das alles nicht geträumt hast?«, fragte er schlieÃlich.
Sie presste ihm die Knie in die Taille und schaute ihn ernst an.
»Hältst du mich etwa für meschugge?«
»War nur ein Scherz«, sagte er grinsend. »Das wirkt nur alles ⦠wie soll ich sagen ⦠ziemlich unwahrscheinlich.«
»Aber deswegen kann es doch trotzdem wahr sein.«
»Natürlich kann es das.«
Er zog ihren Schoà an sein Gesicht. Sie spürte, dass er ihn schmeckte, und drückte sich an seine Lippen. Schloss die Augen. Merkte, wie seine Zunge in sie hineinglitt.
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Die Nachmittagssonne drang durch die Lamellen der Jalousie. Maja lag mit dem Kopf auf der Bettdecke. Sie roch nach Sex. Stig war längst zur Arbeit gefahren. Sie musste einige Patienten anrufen, die Linda ihr vermittelt hatte. Die Absurdität, sich privat um Patienten zu kümmern, denen sie im Ãrztehaus viel besser hätte helfen können, war nicht länger von der Hand zu weisen. Aber ihr wäre nicht im Traum eingefallen, Skarvs Angebot anzunehmen, bei Milten ein gutes Wort für sie einzulegen. Bei Erik Skarv stand man besser nicht in der Schuld, denn irgendwann würde er einem die Rechnung präsentieren. Mit Zins und Zinseszins. Es war an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen und dieser norwegischen Vorhölle endlich den Rücken zu kehren. Vielleicht war die Flucht hierher und die Beschäftigung mit
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