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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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stand ihr bevor, aber sie hatte keine andere Wahl. Sie musste dem Sturm trotzen, um den endgültigen Beweis zu erbringen und ein Geständnis zu erzwingen.

39
    Maja ließ den Wagen bis vor das Eingangstor rollen und kurbelte die Scheibe herunter. Die Schneeflocken wirbelten zu ihr ins Auto, während sie versuchte, den Knopf der Sprechanlage mit der versteckten Kameralinse zu erreichen. Sie hatte sich bereits ein paar Sätze zurechtgelegt, um Skarvs Wächter dazu zu bringen, sie einzulassen. Ein Fehler in der Zusammenstellung von Tjodolvs Medikamenten, der sofort korrigiert werden musste …
    Doch ohne dass sie irgendetwas erzählen musste, glitt das Tor plötzlich auf. Ob es das Heulen des Sturms oder das Knirschen des Tores war, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte, wusste sie selbst nicht. Sie lächelte in das Objektiv, ehe sie das Fenster schloss und dem dunklen Domizil entgegenfuhr.
    Â 
    Der Wachmann blickte von seinem Pult auf, derselbe bleiche Bedienstete wie beim letzten Mal. Er warf Maja einen misstrauischen Blick zu, ehe er sagte:
    Â»Tjodolv Skarv erwartet Sie.«
    Â»Danke«, entgegnete sie mit größter Selbstverständlichkeit.
    Falls es sich um einen Angriff aus dem Hinterhalt handelte, wusste der Wachmann nichts davon, so viel war gewiss. Er bat Maja, ihm zu folgen, und führte sie durch das gesamte Haus, bis sie die Gemächer von Tjodolv Skarv erreicht hatten. Hier war es so kühl wie in einem Mausoleum.
    Wenige Schritte vor der Tür blieb der Wachmann stehen.
    Â»Ist Erik Skarv über Ihren Besuch informiert?«

    Er schaute sie durchdringend an.
    Sie nickte ein wenig zögerlich. »Ja, ja, wir haben eine klare Vereinbarung.«
    Der Wachmann ließ sie passieren.
    Jetzt war keine Zeit zu verlieren. Sicherlich würde der Wachmann Erik Skarv verständigen, sobald er wieder an seinem Platz war. Sie musste ihre Mission so rasch wie möglich beenden.
    Maja klopfte vorsichtig an. Als sie im nächsten Moment Tjodolv Skarvs rasselnde Stimme vernahm, trat sie ein. So wie der Rest des Hauses war auch sein Zimmer sparsam beleuchtet. Ein ewiges Zwielicht schien hier zu herrschen, in dem sich nur lichtscheue Gestalten wohlfühlten. Sie näherte sich langsam dem Krankenlager. Tjodolv Skarv hatte sich halb aufgesetzt. Die vielen Schläuche und Elektroden, die ihn mit dem Maschinenpark verbanden, ließen ihn wie ein riesiges Insekt aussehen, dessen Flimmerhärchen im Schein der Nachttischlampe matt leuchteten.
    Â»Selbst bei diesem Sturm ist Ihr Mercedes nicht zu überhören.« Der Schlauch in der Nase, der ihn mit Sauerstoff versorgte, erschwerte Skarv das Sprechen.
    Â»Ja, auf den ist Verlass«, entgegnete Maja und stellte ihre Arzttasche auf den Boden.
    Skarv hustete, nahm ein Taschentuch und wischte sich ein wenig Schleim aus dem Mundwinkel.
    Â»Es wird wohl kaum die Sorge um meine Gesundheit sein, die Sie veranlasst hat, dem Sturm zu trotzen.«
    Â»Nicht nur …«, entgegnete sie. »Wann ist Dr. Miltevik zum letzten Mal bei Ihnen gewesen?«
    Â»Dr. Miltevik kommt nicht mehr. Er ist durch den Chefarzt des Skansen ersetzt worden. Den Namen habe ich vergessen, aber er war heute morgen hier.«
    Â»Steinmyr«, sagte Maja, die den Chefarzt vom Hörensagen kannte. »Ein sehr kompetenter Mediziner.«

    Â»Das befürchte ich auch«, entgegnete Skarv und hustete erneut.
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Â»Je tüchtiger die Ärzte, desto ernster die Lage, ist das nicht auch Ihre Erfahrung?«
    Sie antwortete nicht, sonders überprüfte die EKG-Werte und sah sich auch den Ausdruck des gestrigen Tages an. Skarvs Zustand schien stabil zu sein. »Wie fühlen Sie sich?«
    Â»Sterbenskrank. Und Sie?«
    Â»Am Rande des Wahnsinns, sonst ausgezeichnet.«
    Sie lächelte ihn an. Skarv gluckste leise vor sich hin.
    Â»Was veranlasst Sie, das Stadtfest sausen zu lassen und mir stattdessen einen Besuch abzustatten?«
    Sie schaute ihn ernst an und sagte: »Herr Skarv, ich glaube, Ihr Sohn Erik hat ein schreckliches Verbrechen begangen.«
    Tjodolv Skarv schaute sie verwundert an. »Ein Verbrechen? Erik?«
    Sie nickte. »Ich fürchte, dass es sich so verhält.«
    Skarv schüttelte verwirrt den Kopf. »Und was soll er getan haben?«
    Â»Einen Menschen getötet.«
    Â»Einen Menschen getötet?« Skarv lachte kurz auf. »Wie in aller Welt kommen Sie auf diese

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