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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Katz Krefeld
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der Schwelle stand. Unwillkürlich wich sie zurück, wobei die Flasche auf den Boden fiel und in Scherben ging.
    Â»Ich bin’s nur«, nuschelte er. Kvam schien betrunken zu sein. »Ich wollte Sie nicht erschrecken … nur die Tür aufmachen.«
    Â»Ã„h … danke …« Sie schaute an ihrer Hose hinunter, die voller Rotweinflecken war.
    Kvam tat dasselbe.
    Â»Sie sind ja ganz nass. Soll ich ein Handtuch holen?«

    Maja schüttelte abwehrend den Kopf. »Nein, nein, ich werde mich gleich umziehen.«
    Â»Sie haben sich erschrocken!«
    Â»Nur ein bisschen.«
    Â»Ist ja auch keine ungefährliche Gegend hier, besonders für alleinstehende Frauen. Manchmal wird sogar jemand umgebracht.«
    Â»Ich hab schon an schlimmeren Orten gewohnt.«
    Es ärgerte Maja, dass sie ihm die Genugtuung verschafft hatte, sie erschreckt zu haben. Sie kniete sich hin und sammelte die größeren Scherben auf. Sie spürte seinen Atem über sich.
    Â»Und jetzt ist auch noch Ihr Rotwein zum Teufel. Ich werd Ihnen eine Flasche Schnaps dafür geben.«
    Er kicherte über seinen eigenen Scherz.
    Â»Nicht nötig«, entgegnete sie.
    Â»Ich bestehe darauf. Kommen Sie rein, dann kriegen Sie gleich ein Glas.«
    Â»Nein, danke.«
    Â»Jetzt komm schon«, flüsterte er.
    Â»Ich hab nein gesagt!«
    Maja stand auf und ging zum Mülleimer, der nahe der Haustür stand. Sie legte die Scherben oben auf den Deckel, damit die Müllmänner sich nicht schnitten.
    Â»Sie halten sich für was Besseres, stimmt’s?« Kvam machte sich so breit, dass er die gesamte Türöffnung ausfüllte.
    Sie ging auf ihn zu, ohne zu antworten.
    Â»Würden Sie mich bitte durchlassen?«
    Da er sich nicht vom Fleck bewegte, drückte sie sich schnell an ihm vorbei. Sie spürte seinen Schritt an ihrem Oberschenkel.
    Â»Ich hab Geld. Genauso viel Geld wie Sie … Frau Doktor!«, rief er ihr nach, doch Maja war schon die halbe Treppe hinaufgeeilt.

    Rasch steckte sie den Schlüssel ins Schloss.
    Â»Von so viel Geld können Sie nur träumen!«
    Sie warf die Tür hinter sich zu und hörte im nächsten Moment, wie Kvam in seiner Wohnung verschwand. Sie blickte zu Boden und sah, dass sie auf ihre eigene Post getreten war. Vor allem Reklamezettel, aber auch ein Kuvert mit den vertrauten dänischen Briefmarken. Sie hob den Brief auf und erkannte sofort Jans Handschrift.
    Â 
    Der Dampf der warmen Badewanne schlug ihr einladend entgegen. Sie zog den Bademantel aus und ließ sich in das heiße Wasser gleiten. Der Duft nach Lavendel und Mandelöl half ihr, Kvam zu vergessen. Sie ließ sich bis zum Hals in die Wanne sinken. Eigentlich war es ein sonderbarer Abend. Zuerst machte sich ein Journalist an sie heran, dann wollte ihr Kvam eine Flasche Schnaps schenken, und jetzt hatte sie auch noch einen Brief von Jan bekommen. War heute etwa Vollmond?
    Sie hätte den Brief am liebsten gar nicht geöffnet. Ihr Schuldgefühl jagte ihr einen kalten Schauer durch den Körper. Wie sie es auch drehte und wendete, so war sie es letztendlich gewesen, die eine Entscheidung für sie beide getroffen hatte. Die den Resten ihrer Beziehung keine Chance mehr geben wollte. Und jetzt lag sein Brief auf dem Hocker neben dem Weinglas und einer Schachtel Diazepam. Früher oder später würde sie ihn öffnen müssen, aber musste sie auch antworten? Er kannte ihre Meinung. Dass ihre Beziehung ein für alle Mal vorbei war, weil sie ihn nicht mehr liebte. Sie hatte ihn sehr geschätzt. Mehr als das. Sie kannte viele Paare aus ihrem früheren Bekanntenkreis, die sich weniger schätzten und immer noch zusammen waren. Aber so würde sie niemals leben können. Stattdessen war sie geflüchtet. Ausgerechnet nach Norwegen. Sie wusste weder, warum sie sich für dieses kalte Land entschieden
hatte, noch warum sie Jan nicht mehr liebte. Doch als sie am Hafen in Kopenhagen die große, weiße Fähre gesehen hatte, die Rauchsignale gen Himmel schickte wie ein blasender Wal, da hatte sie ihre Eistüte ins Hafenbecken fallen lassen, und von diesem Moment an gab es nichts mehr, das sie noch in Dänemark gehalten hätte.
    Jans Brief war indes eine Überraschung. Neben seinem Schreiben enthielt der Umschlag eine Vollmacht, die er sie bat zu unterschreiben. Damit sollte sie ihm die Befugnis erteilen, ihre gemeinsame Wohnung zu verkaufen, für

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