Die Anfänge meiner Welt
und saß dann eine Weile auf den Daily Mails. Meine
Mutter kochte manchmal sogar unter der Woche, und obwohl sie das, was dabei
herauskam, niemals selbst aß, war sie doch merkwürdig stolz darauf. Einmal
inspirierten sie die Eierbecher, die in den Cornflakes-Packungen lagen, zu
einer Fleischpastete. Endlich hatte sie etwas, womit sie die Teigschicht
obendrauf abstützen konnte. Doch zu ihrer Enttäuschung kam die Pastete
eingesunken wie immer aus dem Rohr. Wir hatten unsere klebrigen Portionen
bereits aufgegessen (Vic war schon bei der zweiten), da stocherte sie in der
Form herum und lachte laut auf. Ach so! Die Eierbecher waren aus Plastik, wie
dumm von ihr! Sie hatten sich in der Soße aufgelöst! Es war eine ihrer besten
Rollen, und sie genoß sie: die Karikatur der Hausfrau, die Träumerin.
Daß ich nicht schauspielern
konnte, war bekannt, also wurde gar nicht erst von mir erwartet, daß ich als
Zweitbesetzung kochte und putzte. Vic und ich saßen über unseren Büchern und
verschickten gegen Taschengeld die Rechnungen meines Vaters {Bitte). Die
Hoffnung, daß Vic eine passende Stelle finden würde, schwand, als er die Prüfung
für eine Ausbildung im gehobenen öffentlichen Dienst nicht bestand, weil er die
Mathematikaufgaben nicht konnte, während er in Englisch und Französisch viel
besser war als nötig. Man sagte ihm, er solle sich die Sache aus dem Kopf
schlagen und lieber studieren. Damit saßen wir wieder im selben Boot. Die
Rektorin meiner Schule hatte meinem Vater gesagt, ein Lehrerseminar, ein betont
christliches, würde ein gefallenes Mädchen wie mich vielleicht gerade noch
nehmen, eine Universität nicht, aber ich glaubte ihr nicht. Und die älteren
Lehrerinnen erstaunlicherweise auch nicht.
Miss Macdonald, die
Musiklehrerin, die Jahre zuvor an mir verzweifelt war, hielt meine Mutter und
mich einmal mitten auf dem Bull Ring an und sagte mit lauter Stimme, siebzehn
sei das ideale Alter, um ein gesundes Kind zur Welt zu bringen und im Leben
voranzukommen. Die Erdkundelehrerin, Miss Heslop, schickte uns aufmunternde
Grüße ähnlichen Inhalts. Und Miss Roberts gab uns wöchentlich private
Lateinstunden bei sich zu Hause und riet mir, mich auch um ein Stipendium zu
bewerben, um das Auswahlgremium zu beeindrucken. Diese Frauen, alle ungefähr so
alt wie das Jahrhundert und alle unverheiratet, waren nicht nur nicht
schockiert, sondern sogar irgendwie erfreut; Mißbilligung herrschte nur bei
ihren jüngeren Kolleginnen aus der Generation meiner Eltern. Und die Davies’,
die jüngsten, müssen sich, wie mir erst viel später klar wurde, in Grund und
Boden geschämt haben. Jedenfalls waren sie peinlich berührt und ein wenig
reserviert, auch wenn Mrs. Davies uns Aufsatzthemen stellte und unsere Arbeiten
korrigierte.
Es zeigte sich, daß wir in
diesen fünf Monaten viel mehr lernten, als wir in der Schule gelernt hätten.
Bis zum Sommer (das Baby, die Prüfungen) hielten wir uns versteckt, in
freiwilliger Verbannung, immer in unserer Unisex-Uniform, und verbrachten
unsere Flitterwochen mit Büchern, besonders Vic, der in der Schule viel
beliebter gewesen war als ich, ein viel besserer Kasper und Zeitvertrödler. Er
vertauschte sein Lateinbuch mit dem Bradley’s Arnold, einem Lehrbuch für
lateinische Prosa, auf das Miss Roberts schwor, und überarbeitete seine
Aufsätze bei Tee und Kuchen, um mir Gesellschaft zu leisten.
Der Bradley’s Arnold stützte sich auf Cäsar und Cicero, daher stammten die meisten Beispiele aus dem
Bereich von Krieg und Recht. Auf jeder Seite brachten kühle Konstruktionen
Ordnung in Chaos, Grausamkeit und Verderbnis: Die Übersetzung von »Nachdem
Cäsar die Feinde gefangengenommen hatte, metzelte er sie nieder« lautete nicht »Captis
hostibus eos Caesar trucidavit«, sondern »Caesar captos hostes
trucidavit«. Das mörderische Verb blieb natürlich dasselbe. Ein grimmiger
Humor war im Bradley’s Arnold am Werk. In Übung LXVII »wurden die
Zaudernden non verbis solum sed etiam verberibus bestraft«, nicht nur
mit Worten, sondern auch mit Prügeln, ein kaiserliches Wortspiel, das wie eine
versteckte Drohung an die Adresse der Schüler von Privatschulen klang, für die
das Buch ursprünglich gedacht war.
Miss Roberts hatte etwas
Hartes, Unbeugsames. Sie hielt sich sehr aufrecht, und ihr weißes Haar floß
elegant von der knochigen, gepuderten Stirn nach hinten. Anders als die anderen
alten Jungfern unter den Lehrerinnen, die ihre Taschentücher in den Bund ihrer
gewaltigen
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