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Die Anfänge meiner Welt

Die Anfänge meiner Welt

Titel: Die Anfänge meiner Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Sage
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Science-fiction-Filmen:
eine Frau im weißen Kittel, mit hohen Wangenknochen und einem makellosen
französischen Zopf, die mit einem Klemmbrett und einer Gruppe ehrerbietiger
Männer im Kielwasser durch die summenden Korridore eines Atomkraftwerks eilt.
Nicht daß wir an der höheren Mädchenschule Mathematik, Physik oder Chemie
gehabt hätten, es gab nur etwas, was sich allgemeine Naturwissenschaften nannte
und nicht einmal mit einer Prüfung abgeschlossen wurde; für die richtigen
Naturwissenschaften konnte man in der sechsten Klasse an die Jungenschule
überwechseln, und das hatte ich auch vor. Und noch einiges mehr.
    Eine andere Zukunftsvision
entstammte der Vergangenheit, nämlich Kathleen Winsors vielgelesenem, in der
Restaurationszeit spielendem Liebesroman Amber , einem von Onkel Bills
unanständigen Büchern. Amber ist von rechtschaffenen puritanischen Bauern
großgezogen worden, doch in ihren Adern fließt frivoles aristokratisches Blut,
und als die Kavaliere 1660 zurückgaloppieren, kann sie es kaum erwarten, im
verrottenden Laub entjungfert zu werden und sich eine Mitfahrgelegenheit nach
London zu suchen. Sie verliebt sich Hals über Kopf in ihren Schänder, Lord
Carlton, einen Lebemann und Freibeuter, der alt genug wäre, ihr Vater zu sein,
»ein Mann, frei von Fesseln und Banden«, der die alte und auch die neue Welt
kennt. Diese erste sexuelle Erfahrung macht sie in einem einzigen hymnischen
Absatz zur reifen Frau: »Sie... frohlockte mit jeder Faser ihres Wesens, daß es
geschehen war. Es war, als hätte sie bis zu diesem Augenblick nur halb gelebt.«
Der Lord denkt zwar nicht daran, sie zu heiraten, aber er ist für immer ihr
Mentor, sie macht sich seine gewissenlose Raffiniertheit zu eigen und wird
Schauspielerin und eine intrigante Kurtisane.
    Die Geschichte war so
geheimnisvoll wie der biblische Sündenfall. Wie konnte Carlton sein Wissen mit
einem einzigen Winken seines phallischen Zauberstabs weitergeben? Vergeblich
versuchte ich zwischen den Zeilen zu lesen und brütete über der rätselhaften
Anspielung auf Empfängnisverhütung (die ebenfalls allein in Carltons Macht zu
stehen schien), als Amber merkt, daß sie schwanger ist:
     
    »Ich
wollte aufpassen — aber zwischendurch vergaß ich es.« Amber sah ihn
verständnislos an. Was meinte er? In Marygreen hatte sie gehört, daß man eine
Schwangerschaft vermeiden konnte, wenn man einem Frosch dreimal ins Maul
spuckte oder Schafsurin trank...«
     
    Amber findet nie wirklich
heraus, was man tun muß, um keine Kinder zu bekommen, aber da wir uns in einem
sittenlosen Milieu befinden, wo man seine Pestbeulen einfach zupflastert, läßt
sie ihre Kinder ungestraft abtreiben oder gibt sie in Pflege. Sie mag ein
schlechter Mensch sein, aber sie ist eine richtige Frau. Sie gehörte sich im
Grunde nicht selbst; ihr Körper war eine Leihgabe.
    Für uns war das
selbstverständlich. Die beste Schwimmerin an unserer Schule mußte ihre Eltern
und die Rektorin um Erlaubnis fragen, wenn sie Tampons benutzen wollte, weil
ihre Periode mit einem wichtigen Wettkampf zusammenfiel — der Mythos der
Jungfräulichkeit durfte nicht angetastet werden. Aber diese Gefahr war gering.
Alle waren in jenem vierten Jahr in Mythen gehüllt — Gail und ich, die wir uns
davon ausgenommen glaubten, vielleicht besonders. Die Jungen blieben
unerreichbar. Wir verpaßten Busse und fütterten jede Musikbox, und im übrigen
hatten wir uns selbst. In jeder Mittagspause gingen wir in die Turnhalle,
legten eine verkratzte Schellackplatte auf und übten nach einem Stück namens
»Sambesi« mit einem schwungvollen Saxophonsolo den Quickstep, wobei Gail
führte. Eigentlich hätten wir lieber Rock ‘n’ Roll getanzt, aber den Quickstep
mußten wir beim gemeinsamen Ball der Jungen- und der Mädchenschule im nächsten
Jahr können. Doch den Kreuzschritt bekamen wir einfach nicht zweimal hintereinander
hin. Wir verhedderten uns immer wieder und mußten jedesmal in die Grundstellung
zurück. Die Arme mit den gefaßten Händen hielten wir im vorschriftsmäßigen
Winkel, die andere Hand lag leicht auf ihrer Schulter, meiner Hüfte. Vielleicht
stellten wir uns absichtlich so ungeschickt an, weil es so schön war, einander
so unverbindlich im Arm zu halten. Eins, zwei drei, zurück zu Karree eins.

 
     
     
    11

Love — Fifteen
     
     
     
     
    Im Einzel verlor ich jedesmal
den ersten Punkt, aber im Doppel war sie da, am Netz auf und ab hüpfend, hin
und her spurtend, bereit, sich nach meinem

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