Die Anfänge meiner Welt
Aufschlag mit gestrecktem Arm auf
den Return einer unachtsamen Gegnerin zu stürzen, und der Satz begann mit
fünfzehn-null für uns. Auf dem Tennisplatz spielten wir das Spiel, das die
Jungen uns unterstellten — ich war der Lockvogel, meine schlaffen
Kleinmädchenschläge täuschten die Gegnerinnen, so daß sie auf Gails Geschosse
nicht gefaßt waren. Und wenn Gail einen Passierschlag oder einen Lob nicht mehr
erreichte, dann war ich da und schlug ihn beidhändig zurück. Ich war nach
herkömmlichen Maßstäben eine schwache Spielerin, und nichts brachte mich dazu,
ans Netz zu gehen, aber das, was ich konnte — scharfe Bälle hartnäckig
zurückschlagen, mit monotoner Regelmäßigkeit flache Bälle gut plazieren und gelegentlich
auch anschneiden — , wirkte in Verbindung mit Gails klassischem Stil wunderbar
raffiniert und effektiv. Sie hatte einen eleganten, schnellen, harten
Aufschlag, ihre Scoops und Sprünge am Netz waren eine Augenweide, und ihre
Rückhand schoß pfeilgerade übers Netz. Ich fühlte mich herrlich unsichtbar. Der
Platz gehörte ihr, ich patrouillierte nur an der Grundlinie, und meine
Gehemmtheit war vergessen. Während des Spiels führten wir ein stetiges
Sub-Gespräch aus anerkennendem Murmeln, verzweifeltem Stöhnen und warnendem
Zischen (»Laß ihn!«, »Deiner!«), das uns in der Niederlage zusammenschweißte
und unsere Siege würzte.
Das schönste war, als wir
einmal bei den Bezirksmeisterschaften sechs erwachsene Doppelgegnerinnen aus
dem Feld schlugen, bevor wir selbst ausschieden. Wenn jedoch in der
Morgenversammlung die Ergebnisse von Wettkämpfen gegen andere Schulen
bekanntgegeben wurden, übten wir uns in falscher Bescheidenheit. Die Rektorin
war hoch erfreut: Ausnahmsweise taten wir einmal etwas für das Ansehen der
Schule und tauchten aus unserer subversiven Zweisamkeit auf. Doch es war
keineswegs so, daß wir uns endlich Teamgeist aneigneten und die Freuden des
Wettstreits kennenlernten, wie sie glaubte (sie war eine positivistische
Moralistin, die sich von verbesserter persönlicher Hygiene und der in Kürze
erscheinenden New English Bible Großes versprach), sondern unsere
Zweierverbindung wurde nur noch enger.
Unser gemeinsamer Erfolg war
das Ergebnis unermüdlichen Ubens zu zweit. Hanmers einzige Sportstätte — abgesehen
vom See — waren zwei von hohem Maschendrahtzaun umgebene Sandplätze eine Meile
außerhalb des Dorfes. Sie rissen ein rechteckiges Loch in die Landschaft und
stammten aus derselben Nachkriegsepoche kleiner Breschen in der Feudalordnung
wie die Gemeindewohnhäuser. In den Ferien hatten Gail und ich die Anlage ganz
für uns allein. Love-fifteen, null-fünfzehn. Ich verlor immer, jedes Match.
Manchmal schaffte ich es, Gail den Aufschlag abzunehmen und ganz selten sogar,
wenn ich ans Netz ging, ihren Return zurückzuschlagen, und dann beglückwünschte
sie mich, ebenso wie ich sie tröstete, wenn sie einen Doppelfehler machte oder
einen Schmetterball ins Aus schlug oder wenn ein raffinierter Ball von mir —
der Return eines Returns — sie am Netz passierte und ich nicht hinter ihr an
der Grundlinie stand, um mich seiner anzunehmen. Wir spielten uns selbst. Wir
spielten uns, und wir gewannen.
Wir langweilten uns nie bei
dieser pervertierten Form des Spiels, bei der wir uns ergänzten wie Teile eines
Puzzles. Es war nicht einfach so, daß Gail die Oberhand hatte (obwohl ihr
Siegeswille zweifellos einer ihrer Trümpfe war); auch meine Passivität übte
ihren Sog aus. Gail kam zum Spielen mit dem Rad von Horseman’s Green nach
Hanmer und holte mich ab, und auf dem Weg zu den Plätzen schob sie es, denn ich
konnte nach wie vor nicht radfahren. Sie akzeptierte das, es gehörte nun einmal
zu mir. Sie hätte in der Schule jederzeit eine andere Doppelpartnerin finden
können, eine, die richtig gut war, aber sie suchte sich keine, auch sie war
süchtig nach unseren Spielen in Hanmer.
An schwülen Sommerabenden
organisierten die alternden Jungbauern lockere gemischte Doppel und brachen
damit den Bann. In ihrer Gegenwart verloren wir unsere Sicherheit, denn
allmählich wurde uns klar, daß sie uns eher noch weniger mochten als wir sie.
Hatte ich einen dieser rotgesichtigen gestandenen Männer, deren Sonnenbräune an
den Hemdsärmeln aufhörte, als Doppelpartner, verblaßte Gails Glanz auf der
anderen Seite des Netzes. Die Vergangenheit ihrer Mutter und die Tatsache, daß
ihre Familie keinen Zipfel Land besaß, ließen bei diesen Männern keinerlei
erotisches
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