Die Angebetete
haben.«
»Barry, wir kriegen ständig Anfragen. Live Nation, Global. Ich kümmere mich nicht darum. Du weißt, ich würde nie von euch weggehen. Ihr seid diejenigen, denen ich meinen Erfolg verdanke. He, was ist denn los?«
Es war seltsam, jemanden, der halb so alt wie der Produzent war, mit ihm reden zu hören, als wäre er ein Kind mit Schulproblemen.
»Ich sagte doch, ich war in Carmel.«
»Um Neil zu besuchen.«
Neil Watson, seit zwanzig Jahren einer der Superstars der Popmusik.
»Ja. Und von ihm gefeuert zu werden.«
»Nein!«
»Er geht zu … halt dich fest, SAV -More. Ja, die große Discounterkette wie Target oder Wal-Mart. Die werden ihn ab jetzt produzieren und seine Tourneen sponsern.«
»Tja, das tut mir leid. Aber es hat keinerlei Verhandlungen mit Global gegeben. Versprochen.«
Dance’ Internetseite war für die großen Akteure der Musikindustrie nicht interessant genug, aber sie wusste, wovon Barry Zeigler da redete – von einem grundlegenden Wechsel in der Distribution der stärksten aller Drogen: Musik.
Bis vor zweihundert Jahren war Musik etwas, das man für gewöhnlich live erlebte – bei Konzerten, in Opernhäusern, Tanzsälen und Bars. Im neunzehnten Jahrhundert wurden dann in großem Maßstab Notenblätter gedruckt, die die Leute kaufen und mit nach Hause nehmen konnten, um die Stücke dort eigenhändig zu spielen – zumeist auf dem Klavier. Dann erfand Mr. Edison die Wachswalze, die auf einem Phonographen abgespielt wurde. Dabei wurde eine Nadel mittels der eingeritzten Rille der Walze in Schwingungen versetzt und der Schall über einen großen Trichter wiedergegeben. Man konnte zu Hause Musik hören, wann immer man wollte!
Aus den Walzen wurden runde Scheiben mit dazugehörigen aufziehbaren Geräten – Phonographen, Grammophonen (ursprünglich ein Konkurrent von Edison), Victor Talking Machines, Victrolas und andere. Schon bald wurden die Geräte mit elektrischem Strom betrieben, und Ende der 1930er-Jahre wurde die Wundersubstanz Vinyl zum Standardmaterial der Schallplatten, die man anhand der Umdrehungsgeschwindigkeit des Plattentellers voneinander unterschied: Den Anfang machten 78er, gefolgt von 45er Singles und Langspielplatten – abgekürzt LP s –, die mit 33 1/3 Umdrehungen pro Minute liefen.
Im späteren Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts wurden erst Tonbänder populär – klangtreue, aber umständliche Doppelspulen, gefolgt von Kassetten und Eight-Track-Endlosbändern – und dann CD s, optische Compact Discs.
Und obwohl die Medien sich im Laufe der Zeit änderten, konnte man sich darauf verlassen, dass die Leute Millionen und Abermillionen von Dollar ausgeben würden, um in ihren Häusern und Autos Musik hören zu können. Es gab natürlich auch viele Auftritte, aber die Konzerte stellten hauptsächlich Werbeveranstaltungen für den Verkauf der Alben dar. Manche Künstler setzten keinen Fuß auf eine Bühne und wurden mit ihrer Musik trotzdem reich.
Doch dann geschah etwas.
Es gab plötzlich Computer.
Auf die man jedes jemals aufgezeichnete Lied oder Musikstück herunterladen konnte, um es dann beliebig oft abzuspielen.
In der neuen Weltordnung brauchte man keine Schallplatten oder Tonbänder mehr, und die Plattenfirmen, die für sich selbst und die Künstler riesige Vermögen verdient hatten, indem sie Alben produzierten, pressten und in den Handel brachten, waren auch nicht mehr so wichtig.
Man musste nicht länger ein komplettes Album erwerben; falls man nur zwei oder drei Songs davon mochte (und war das nicht immer der Fall?), konnte man sich auf diese beschränken. Heutzutage leben wir in einem Mixtape-Universum, vor allem dank spottbilliger Download- und Streaming-Anbieter wie Napster, Amazon, iTunes oder Rhapsody und dem Satellitenradio. Für nur wenige Dollar pro Monat stehen dem Hörer Millionen von Titeln zur Verfügung.
Einen Großteil dessen, was das Herz begehrt, kann man sich sogar umsonst besorgen. Der Musik erging es in den letzten Jahren genauso wie vielen anderen Werken aus dem Bereich des kreativen Schaffens: Die Leute entwickelten ein gewisses Anspruchsdenken. Eine Kleinigkeit wie das Urheberrecht hält heute kaum jemanden mehr davon ab, sich zu bedienen. YouTube, Pirate Bay, BitTorrent, LimeWire und Dutzende weiterer illegaler Filesharing-Netzwerke machen so gut wie jeden Song verfügbar, gratis und frei Haus.
Anfangs wurden die Filesharer noch von den Plattenfirmen verklagt – was dazu führte, dass man mittellose Studenten und
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