Die Angebetete
irgendwie an die Neunzigerjahre, aber als Plattenproduzent hätte er damit wohl in jedes Jahrzehnt gepasst. Abgesehen von den leicht ergrauten Schläfen sah er noch immer genauso aus wie auf den Fotos.
»Und es gab auch einen Anschlag auf Sheri?«
»Sie wurde verletzt, aber sie wird wieder gesund.«
»Haben Sie schon irgendwelche Beweise?«, fragte er Dance. »War das dieser Sharp?«
Kayleigh nickte. »Barry weiß über unseren Freund Bescheid«, erklärte sie. »Edwin hat auch jede Menge Briefe an die Plattenfirma geschickt und die Produktionsstandards bemängelt, die Instrumentierung und die technische Qualität.«
»Eine echte Nervensäge«, murrte Zeigler.
Kathryn gab ihm die Standardauskunft jeder Strafverfolgungsbehörde. »Wir ermitteln derzeit noch in alle Richtungen. Aber sagen Sie, hat er Sie oder sonst jemanden jemals bedroht?«
»Physisch?«
»Ja.«
Zeigler schüttelte den Kopf. »Er ist eher beleidigend. Schauen Sie, BHRC ist die drittälteste Plattenfirma von Los Angeles. Wir produzieren Kayleigh seit sechs Jahren. Sie hat acht goldene und vier Platinplatten geholt. Also müssen wir wohl irgendwas richtig machen. Aber nicht nach Meinung von Sharp. Erst letzte Woche hat er uns eine zweiseitige E-Mail über die akustische Dynamik der Downloadversion von ›Your Shadow‹ geschickt und behauptet, die Höhen seien übersteuert. Und warum Delmore die Dobro und nicht die Pedal-Steel gespielt hat, wollte er wissen. Er hat geschrieben: ›Kayleigh hat Besseres verdient.‹ Und dann hat er gesagt, wir sollten sie auf Vinyl veröffentlichen. Er ist ein Analog-Fan.«
Dance war nicht der Ansicht, dass Anmerkungen über die akustische Qualität, mochten sie auch noch so kritisch sein, nach dem kalifornischen Strafgesetzbuch, Abschnitt 646.9, als Drohung gelten konnten.
»Bobby war der großartigste Kerl der Welt«, sagte Zeigler zu Kayleigh. »Ich kann nicht glauben, dass jemand ihm vorsätzlich etwas antun würde. Und zudem etwas so Grauenhaftes. Du musst dich …« Er verstummte, weil er offenbar beschloss, die Gräuel nicht noch weiter auszumalen.
»Ich soll dir von Aaron und Steve ausrichten, dass du es uns bitte wissen lässt, falls das Label etwas für dich tun kann. Die ganze Firma steht hinter dir.«
»Und Barry, ich glaube, er wird weitermachen. Er sucht sich Strophen aus meinen Songs heraus, spielt sie ab und ermordet dann jemanden oder versucht es.«
»Das habe ich schon von Bishop gehört.« Der Produzent wandte sich an Dance. »Können Sie ihn denn nicht festnehmen?«
Sie zögerte, aber Kayleigh sagte: »Er ist zu schlau. Man hat ihm bisher nichts nachweisen können, das eindeutig illegal gewesen wäre. Oh, das ist alles so schrecklich.« Der Zorn war verflogen, und sie hatte Tränen in den Augen. Dann riss sie sich zusammen und wurde so ruhig wie auf der Bühne.
Kontrolle …
Zeigler senkte seine Stimme. »Ich werde mal schnell Bishop und Sheri Hallo sagen. Kann ich dich dann bitte kurz sprechen? Allein?«
»Na klar«, antwortete Kayleigh. Und zu Dance: »Bin gleich wieder da.«
Der Produzent und die Sängerin gingen ins Wohnzimmer. Zeigler zog an der Tür unwillkürlich den Kopf ein. Dance schätzte ihn auf etwa zwei Meter.
Sie wartete einen Moment ab, erhob sich dann leise und ging zu der Hollywoodschaukel, auf der soeben noch Kayleigh gesessen hatte. Das Fenster dahinter stand halb offen, und Dance konnte von hier aus womöglich die Unterredung belauschen. Was auch immer Zeigler mit Kayleigh besprechen wollte, hatte womöglich mit dem Fall zu tun, ohne dass es den beiden bewusst gewesen wäre.
Wie sich herausstellte, konnte Dance jedes Wort laut und deutlich verstehen. Sie musste daran denken, dass ihre Kinder früher mal geglaubt hatten, sie wären unsichtbar und würden keinerlei Geräusche verursachen, sobald sie ihre Eltern nicht mehr sehen konnten.
»Sieh mal, ich weiß, dass es ein bescheuerter Zeitpunkt ist, aber … aber es tut mir leid, ich muss dich das einfach fragen.«
»Was denn, Barry? Na los, sag schon. Ich werde es dir sowieso entlocken. Du weißt, dass ich das kann.«
»Verhandelst du mit JBT Global?«
»Was?«
» JBT Global Entertainment. Die Dreihundertsechziger.«
»Ich weiß, wer die sind. Und, nein, ich verhandele nicht mit denen. Wie kommst du darauf?«
Zeigler erläuterte, der Freund eines Freundes eines Freundes in der komplexen Unterhaltungsbranche habe ihm erzählt, Global wolle sie unbedingt unter Vertrag nehmen.
»Es soll Gespräche gegeben
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