Die Angebetete
Hausfrauen zu Strafen in Höhe von Hunderttausenden von Dollar verurteilte. Dem öffentlichen Ansehen der Firmen war das jedoch ziemlich abträglich, und mittlerweile werden die Verstöße kaum noch verfolgt.
Und auch viele Künstler gaben sich bald darauf geschlagen – oder dachten etwas längerfristig, indem sie manche Inhalte kostenfrei unter die Leute brachten. Die Theorie war, dass Gratis-Downloads neue Fans generieren könnten, die dann zukünftige Alben kaufen und Konzerte besuchen würden – wo in der heutigen Zeit das wirklich große Geld verdient wird.
Und bei all dem sind althergebrachte Plattenläden und -label nur noch Relikte der Vergangenheit.
Produzenten wie Barry Zeigler werden zwar weiterhin benötigt, aber oftmals nur noch als Dienstleister auf Honorarbasis. Und da die Einkünfte aus Downloads rasant nachlassen, können manche von ihnen mit ihrem Beruf kaum noch den Lebensunterhalt verdienen.
Dance hatte von JBT Global Entertainment gehört – es handelte sich um einen Konkurrenten von Live Nation, die nicht nur das Unternehmen hinter Ticketmaster waren, sondern Veranstaltungsarenen und Konzerthallen besaßen und zudem zahlreiche Rock-, Pop-, Rap- und Country-Superstars unter Vertrag hatten. Firmen wie diese waren typische »Dreihundertsechziger«: Buchstäblich im 360-Grad-Winkel – also rundum – deckten sie alles ab, was es im Musikbusiness zu tun gab. Global regelte alle beruflichen Belange eines Musikers – sie produzierten die Alben, pressten die wenigen CD s, die sich noch verkaufen ließen, schlossen Vereinbarungen mit den Download-Anbietern, vermittelten exklusive Werbeveranstaltungen bei Großkonzernen und – was am wichtigsten war – verschafften den Musikern Live-Auftritte sowie lukrative Lizenzen für Filmmusiken und Werbespots.
Ironischerweise liegt der Schwerpunkt der Musikbranche nun wieder da, wo er schon vor zwei Jahrhunderten gelegen hat: bei den Live-Auftritten.
Barry Zeigler kam zusehends seine bisherige Welt abhanden, und Dance verstand seine verzweifelte Sorge, Kayleigh könne ihn verlassen.
Für ihn und die Sängerin war das Drama der Musikindustrie natürlich von großer Bedeutung, doch Dance verlor sogleich wieder das Interesse daran, denn die private Unterredung hatte nichts mit dem Fall Edwin Sharp zu tun. Sie hörte auf zu lauschen, holte von drinnen ihre Handtasche und wartete auf der Veranda auf Kayleigh, um sich von ihr zu verabschieden und zum Motel zurückzufahren. Ihr Blick schweifte über den dunklen Kiefernwald, der Bishops Haus umgab.
Und erneut dachte sie darüber nach, wie man am besten einen Killer aufspürte, der so unsichtbar wie eine Schlange war und ihnen jederzeit und überall auflauern konnte – vielleicht sogar genau in diesem Moment, in einem der vielen Tausend Schatten rund um das Haus.
44
Eine Stunde später wurde Kathryn Dance selbst zur Stalkerin.
Sie war zum Mountain View Motel zurückgekehrt und hatte mit ihrer Mutter telefoniert – die Kinder lagen bereits im Bett. Als Dance die Nummer wählte, war sie ziemlich verunsichert, denn sie befürchtete, weitere Einzelheiten über Jon Bolings bevorstehende Abreise zu erfahren. Doch Edie Dance brachte das Thema nicht wieder zur Sprache, sondern berichtete lediglich, den Kindern gehe es gut und Stuart, Kathryns Vater, sei in ihrem Haus mit den Vorbereitungen für die Gäste und die für das Wochenende geplante Party fertig.
Nach dem Gespräch überlegte sie, Boling anzurufen, entschied sich dann aber dagegen.
Zum Teil aus Feigheit, tadelte sie sich. Doch sie hatte außerdem noch etwas vor.
Stalking …
Sie schaltete den Fernseher ein und wählte einen Privatsender mit häufigen Werbepausen, damit das ständig wechselnde Flackern von draußen den Eindruck erwecken würde, es halte sich jemand im Zimmer auf. Dann zog sie die einzige Tarnausrüstung an, die ihr zur Verfügung stand: ein marineblaues Sportsakko, schwarze Jeans und ein burgunderfarbenes T-Shirt. Das musste reichen. Dazu Aldo-Pumps; sie besaß keine Kampfstiefel.
Als sie endlich fertig war, schlich Dance sich aus dem Zimmer und trat hinaus auf den Parkplatz.
Sie wollte herausfinden, wer die Person mit den beiden schlechten Angewohnheiten war: Nikotin und – vermutlich – Spionage. Ihr war nämlich vorhin das Aufglühen der Zigarette aufgefallen, an fast derselben Stelle wie neulich, in dem Park auf der anderen Straßenseite. Der Raucher war wieder da.
Sie spähte hinter einem Caravan voller Utensilien für eine
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