Die Angebetete
ziemlich zugedröhnt.
»Was genau ist denn passiert?«, fragte Dance.
Er hatte Mühe, ihr zu folgen. »Hä?«
»Bei Kayleighs Haus.«
»Oh, bei Kayleigh … Na ja, sie hatte mir von Alicia und dem Feuer erzählt, also hab ich die Feuerwehr gerufen, aber ich konnte nicht anhalten. Du hast gesagt, ich soll nicht weiterfahren, richtig?«
»Ja, habe ich.«
»Aber das konnte ich nicht. Ich bin weiter zum Haus gefahren. Als ich ankam, habe ich auf dem Seitenstreifen geparkt, damit Alicia mich nicht bemerkte. Dann habe ich mich zwischen den Bäumen gehalten und bin zum Haus gelaufen. Die Küchentür stand offen, und ich sah Alicia an der Treppe stehen. Sie hat mich nicht bemerkt. Ich habe sie angegriffen. Aber sie war wirklich stark. Damit hatte ich nicht gerechnet. Die Waffe ging los, bevor ich sie ihr wegnehmen konnte. Sie hat mich angesprungen, und ich habe geschossen. Ich hab gar nicht nachgedacht. Ich hab einfach abgedrückt. Mir war nicht mal bewusst, dass ich angeschossen war. Dann weiß ich nur noch, dass wir versucht haben, das Feuer zu löschen, du und ich … und dann bin ich hier aufgewacht.«
Er schloss kurz die Augen, öffnete sie dann mit großer Mühe und sah Kayleigh an. »Ich wollte dir vor meiner Abreise etwas mit der Post schicken. Da ist eine Karte. Ich wollte dir eine Karte schicken. Mit einem kleinen Geschenk. In meiner Jacke. Sieh in die Tasche. Wo ist meine Jacke?«
Dance fand sie im Schrank. Kayleigh durchsuchte die Taschen und zog einen an sie adressierten frankierten Umschlag heraus.
»Mach ihn auf.«
Sie gehorchte. Dance schaute ihr über die Schulter und sah eine alberne Grußkarte mit einem bekümmert dreinblickenden Hund auf der Vorderseite. In der Sprechblase über seinem Kopf stand: »Es tut mir ja so leid.« Kayleigh lächelte. »Mir tut es auch leid, Edwin.«
»Sieh in dem Seidenpapier nach.«
Sie schlug das Quadrat aus dünnem Papier auf; es lagen drei kleine Plektren darin. »Oh, Edwin.«
»Ich habe mir aus einer Pfandleihe in Seattle ein Rehgeweih besorgt und sie selbst daraus angefertigt.«
»Die sind wunderschön.« Sie zeigte sie Dance, die ihr beipflichtete.
»Ich …« Seine Augen vollführten einen Schwenk durch den Raum, bis ihm wieder einfiel, was er sagen wollte. »Ich habe sie dir schon mal geschickt, aber du hast sie zurückgeschickt. Nein, irgendjemand hat sie zurückgeschickt. Aber falls du möchtest, kannst du sie jetzt haben.«
»Natürlich möchte ich sie. Hab vielen, vielen Dank. Ich werde sie bei dem Konzert benutzen. Und ich werde mich auf der Bühne persönlich bei dir bedanken.«
»O nein. Ich fahre zurück nach Seattle. Ich war beim Packen, als Alicia angerufen hat.« Ein mattes Lächeln.
»Du reist ab?«
»So ist es besser für dich, schätze ich.« Er lachte. »Und für mich auch, würde ich sagen. Du glaubst, ein berühmter Star mag dich, und als Nächstes wollen irgendwelche Verrückten dich dazu benutzen, einen Politiker umzubringen, und irgendein Psycho klaut deinen Müll, um dir einen Mord anzuhängen. Ich hätte nie gedacht, dass es so gefährlich ist, ein Fan zu sein.«
Dance und Kayleigh lächelten beide.
»Ich schätze, ich … ich schätze, ich … bin in Seattle besser dran.« Sein Kopf rollte auf die Seite, und er murmelte: »Dort ist es auch nicht so heiß. Es ist wirklich heiß … heiß hier.«
Kayleigh lächelte immer noch, sagte aber: »Edwin, so kannst du auf keinen Fall Auto fahren. Warte ein paar Tage ab. Bitte. Und falls dir danach ist, komm zum Konzert. Ich besorge dir eine Karte für die erste Reihe Mitte.«
Er war kaum noch da. »Nein … besser … es ist besser, wenn ich …«
Dann schlief er tief und fest. Kayleigh betrachtete die Plektren und schien von dem Geschenk aufrichtig gerührt zu sein.
Sie und Dance verließen das Krankenhaus. Auf dem Parkplatz lachte Kayleigh auf.
Kathryn sah sie fragend an.
»He, kennst du schon den Witz über die blonde Country-Sängerin?«
»Raus damit.«
»Die war so blöd, dass sogar ihr Stalker nichts mehr von ihr wissen wollte.«
FREITAG
67
Der Tag des Konzerts.
Die Band war um neun Uhr morgens aus Nashville eingetroffen und auf direktem Weg ins Kongresszentrum gekommen, wo Kayleigh und die Crew sie schon erwarteten. Sie machten sich gleich an die Arbeit.
Nach zwei Stunden legten sie eine Pause ein. Kayleigh trank hinter der Bühne einen Tee und rief Suellyn an. Dann sprach sie mit Mary-Gordon; sie würde mit ihr am Nachmittag ein neues Kleid kaufen gehen, das die
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