Die Angebetete
Strophe am Telefon vorzuspielen«, sagte Harutyun. »Wir haben ihr und ihren Angehörigen neue Geräte gegeben, deren Nummern nirgendwo verzeichnet sind. Letzten Endes wird er sie vermutlich herausbekommen, aber wir hoffen, ihn bis dahin mithilfe von Beweisen oder Zeugen festnageln zu können.«
»Ich an Ihrer Stelle würde mir mal gründlich diese Websites vornehmen«, riet O’Neil. »Die dürften so einiges über ihn verraten. Anscheinend ist er ziemlich oft online.«
O’Neil erhielt einen Anruf und kehrte nach einem kurzen Gespräch an den Bildschirm zurück. Er sagte, er müsse jetzt gehen, es sei ein Verhör anberaumt. Sein Lächeln brachte die Fältchen in seinen Augenwinkeln zum Vorschein, und trotz des unscharfen Bildes glaubte Dance, sein Blick gelte ihr. »Falls ich noch irgendwie behilflich sein kann, lassen Sie es mich einfach wissen.«
Madigan bedankte sich, und der Monitor wurde dunkel.
Sie wandten sich einem zweiten Bildschirm zu, auf dem Miguel Lopez unterdessen eine der Untergrundseiten von O’Neils Liste aufgerufen hatte.
»Sieh sich das einer an«, sagte Crystal Stanning.
Die Website, die sich der Zahl von 125 000 Besuchern rühmte, war das Paradies eines Stalkers. Es gab dort Einträge zu mehreren Hundert Personen aus allen Bereichen der Unterhaltung und Politik. Die Kayleigh gewidmeten Seiten schienen zu den beliebtesten zu gehören. Eine der Überschriften lautete »Kayleigh gesichtet!« und war ein Forum, in dem Kayleighs jeweiliger Aufenthaltsort gepostet werden konnte. »Uns kann sie nicht zum Narren halten!« enthielt Fotos von Kayleigh in diversen Aufmachungen – fast schon Verkleidungen –, damit die Fans sie erkennen konnten, wenn sie versuchte, anonym zu bleiben. Andere Seiten warteten mit ausführlichen Lebensläufen der Crew- und Bandmitglieder auf, mit Fan-Storys über Konzertbesuche, mit Diskussionen über die gute oder schlechte Akustik diverser Veranstaltungsorte und mit Angaben darüber, welche Schwarzmarktpreise für Tickets verlangt worden waren.
Wieder andere Seiten gaben Einzelheiten aus Kayleighs Privatleben preis, von allen wesentlichen Daten bis hin zu ihren Vorlieben bei Essen und Kleidung, was hauptsächlich Spekulationen zu sein schienen.
Die Seite » WDWKL – Wir, die wir Kayleigh lieben« lieferte Informationen über namhafte Fans, also Prominente, die öffentlich bekannt hatten, Kayleighs Musik zu mögen. Als Dance durch die Liste scrollte, stieß sie auf den Namen des Kongressabgeordneten Davis. Er hatte offenbar auf einer Wahlveranstaltung betont, wie sehr er Kayleighs Talent schätzte … und ihre Haltung zu Einwanderungsfragen, die in dem Song »Leaving Home« zum Ausdruck komme. Dance folgte einem Hyperlink zu seiner eigenen Seite und entdeckte, dass dort der vollständige Text des Liedes zu lesen stand – mit Genehmigung der Sängerin. Dance erinnerte sich daran, wie Myra Babbage sich bei dem gestrigen Besuch dafür bedankt hatte.
»Die Eingeweihten« bot Presseinformationen, Tausende von Fotografien sowie Verlautbarungen von Kayleighs Plattenfirma und Barry Zeigler, ihrem Produzenten. Es gab zudem einen Feed von ihrer offiziellen Seite mit aktuellen Neuigkeiten – zum Beispiel über bevorstehende Ereignisse wie das Konzert am Freitag und das heutige Mittagessen in einem hiesigen Country Club für jemanden, den man zum »Fan des Monats« gekürt hatte. Dance las die Pressemitteilung, die von Kayleighs Stiefmutter Sheri verfasst worden war, und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass nicht etwa Edwin gewonnen hatte.
Weitere Links führten zu noch deutlich beunruhigenderen Seiten, auf denen verschiedene Filesharing-Dienste sowie Bootleg-Alben angeboten wurden, die auf illegalen Konzertmitschnitten beruhten. Eine Seite beschäftigte sich mit Klatsch und Tratsch über familiäre Streitigkeiten bekannter Personen, darunter auch Kayleigh, doch abgesehen von ein paar öffentlichen Wortwechseln mit Bishop, Sheri und einigen Musikern, darunter der Mann, der die Preisverleihung gestört hatte, stand hier nicht viel verzeichnet.
Sie ist ein braves Mädchen …
Eine andere Seite bot Kleidungsstücke von Kayleigh zum Kauf an – einschließlich Unterwäsche –, die zweifellos nicht wirklich aus ihrem Besitz stammten. Und es gab pikante Bilder von ihr, die aber eindeutig mit Photoshop manipuliert worden waren.
Dies erklärte Edwins vermeintlich harmlose und moderate Online-Aktivitäten, die TJ Scanlon zuvor herausgefunden hatte. Das eine war die
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