Die Angebetete
sondern nur wissen, dass du hübsch, berühmt und reich bist. Und dann fragen sie sich, wieso du so viel Glück hattest und sie nicht. Nur begreifen sie nicht, dass es kein Glück ist, sondern harte Arbeit und Talent.«
»Kannst du mich jetzt einfach allein lassen?«, flüsterte sie. »Bitte!«
»Oh, Kayleigh, du willst nicht, dass ich dich allein lasse. Du weißt es nur noch nicht.«
41
»Leaving Home.«
Ihr Hit über die Immigrantin mittleren Alters, die zurück nach Mexiko abgeschoben wird. Die Zeilen gingen Kayleigh durch den Kopf, während sie mehrere Koffer packte und nach unten in ihr Wohnzimmer schleppte, wo Darthur Morgan sie nahm und in dem SUV verstaute.
Alicia Sessions war mit ihrem Ford F-150 ebenfalls hier und half bei dem einstweiligen Umzug. Kayleigh hatte sie nicht bemühen wollen, doch die Frau bestand darauf, Gitarren, Verstärker und Vorratskartons von Whole Foods auf die Ladefläche zu wuchten. Die ökologisch bewusste Kayleigh kaufte vorwiegend in diesem Bio-Supermarkt ein und nicht etwa bei Safeway, woher die meisten Sachen in dem Haushalt stammten, zu dem sie unterwegs war.
»Ich komme wirklich zurecht.«
»Das ist überhaupt kein Problem.«
»Nun, dann bleib doch wenigstens noch zum Essen.«
»Geht nicht, ich bin mit Freunden verabredet.«
So tüchtig sie auch war und so wichtig die Funktion, die sie erfüllte, so weitgehend blieb Alicia ihnen ein Rätsel – Kayleigh, der Band und der Crew. Sie war eine Einzelgängerin, die sich jahrelang im Umfeld der professionellen Musikszene herumgetrieben hatte und mit Alternative Rock und Post-Punk in New York und San Francisco aufgetreten war, allerdings ohne viel Erfolg. Sie erledigte ihre Arbeit für Kayleigh und das Geschäft, und dann verschwand sie abends und an den Wochenenden, um Ausritte zu unternehmen oder Musik zu hören. Kayleigh hatte keine Ahnung, wer die Freunde sein mochten, mit denen sie sich heute Abend traf. Sie hielt Alicia für lesbisch. Ihr selbst war das völlig egal, abgesehen von der Tatsache, dass sie ihr eine liebevolle Beziehung wünschte, aber in der Country-Welt fielen die Tabus nur überaus langsam; das Genre war immer noch der Soundtrack der konservativen amerikanischen Mittelschicht. Und Kayleigh nahm an, dass Alicia ihre Vorlieben einfach nicht erörtern wollte.
Nachdem der SUV und Alicias Pick-up beladen waren, drehte Kayleigh sich zu ihrem Haus um, als wäre es das letzte Mal.
Leaving home …
Sie nahm am Steuer des SUV Platz und Morgan zur Abwechslung mal auf dem Beifahrersitz. Dann ließ sie den Motor an und fuhr die lange Auffahrt hinunter. Alicias Wagen folgte ihnen.
Sie rechnete damit, ihn, ihn auf dem Parkplatz vorzufinden, und bog mit hohem Tempo schlitternd auf die Straße ein. Morgan packte den Haltegriff und lächelte, was selten war. Kayleigh schaute sich um und in den Rückspiegel, aber da gab es keine roten Autos.
»Es ist am besten so«, sagte Morgan.
»Mag sein.«
Sie bemerkte, dass er sie eindringlich musterte. »Ist in dem Theater irgendetwas vorgefallen?«
»Was meinen Sie?« Kayleigh behielt die Augen unverwandt auf die Straße gerichtet und wich seinem Blick aus, als könnte er denken: Oh, ich weiß Bescheid. Sie hat Edwin dorthin gelockt, um ihn zu töten. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck.
»Ich vergewissere mich nur, dass alles in Ordnung ist«, sagte er ruhig. »Haben Sie dort irgendeinen seltsamen Anruf erhalten oder sind jemandem begegnet?«
»Nein, alles ist gut.«
Kayleigh streckte die Hand nach dem Radio aus, hielt aber inne und entschied sich dann doch dagegen. Sie legten den ganzen Weg zu Bishop Townes Haus in völliger Stille zurück.
Die beiden Wagen parkten in der Auffahrt, und Morgan half Alicia, die Kartons, Instrumente und Koffer auf die Veranda zu tragen. Dann verschwand der Leibwächter in der Dunkelheit, um das Gelände zu überprüfen. Die beiden Frauen gingen hinein.
Das kleine Erdgeschoss hätte ein Ausstellungsraum in einem Seitenflügel der Grand Ole Opry sein können. Im Wohnzimmer hingen gerahmte Fotos, Rezensionen und Albumcovers – natürlich überwiegend von Bishop Towne und seiner Band. Auf manchen der Bilder sah man Sängerinnen, mit denen Bishop früher mal Affären gehabt hatte – und deren Alben erst während der Zeit von Ehefrau Nummer zwei bis vier aufgehängt worden waren. Im Gegensatz zu Margaret wussten ihre Nachfolgerinnen nämlich nichts von seinen ehemaligen Seitensprüngen und hielten die Frauen einfach nur für
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