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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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zwischen Vietnam und Kambodscha. Die Kommunisten hatten sich dieser beherrschenden strategischen Position im sogenannten »An gelhaken« bemächtigt, und das war für mich wie ein Menetekel.
    Eine Generation zuvor, ganz zu Beginn des französischen Fern ostkrieges, hatte die »Schwarze Jungfrau« gewissermaßen Pate ge standen bei meiner indochinesischen Feuertaufe. In dieser baline sischen Nacht spukte noch manche konfuse Erinnerung an mir vorbei. Die grünen Halme im Reisfeld verdichteten sich zu einem zitternden Filigran, zu einem erstickenden Netz. Dazwischen trie ben aufgeschwollene Leichen in einem Lotusteich.
    Am nächsten Morgen war die Krise überwunden. Schon am fol genden Tage saß ich im Flugzeug nach Europa. Am Treffpunkt in Frankfurt kam Jörg Wimmelmann auf mich zu. »Sie wissen sicher, weshalb ich hier bin«, sagte er. Ich ahnte es. »Die Redaktion bittet Sie, so bald wie möglich nach Vietnam zurückzufliegen. Sie wissen, Danang ist gefallen, und die Nordvietnamesen rücken längs der Küste auf Saigon vor.« Vier Tage später landete ich mit einer Air France-Maschine in Saigon. Mein zuverlässiger Mitarbeiter Tran Van Tin erwartete mich auf der Rollbahn in seinem adretten Safari-Anzug. »Es geht dem Ende zu«, sagte er mit einem starren Lächeln, während er mich durch die Zoll- und Paßkontrolle schleuste.
AustralischeEinflußzone
    Bali, im März 2008
    Welche Schicksalswende würde dieses Mal, im März 2008, bei mei nem dritten Besuch auf Bali die Welt in Aufregung versetzen? In Mesopotamien und am Hindukusch spielt sich der dramatische Zu sammenprall zwischen der westlichen, der »freien« Welt unter Führung Amerikas und dem Aufbegehren der »Gotteskrieger« einer weit verzettelten islamischen Revolution ab. Am Ende wird wohl wieder eine Niederlage oder ein schmählicher Rückzug ste hen. Aber noch überwiegt in Washington und London, in Berlin und Paris die Illusion, einen glimpflichen Ausweg aus diesem heim tückischen Konflikt, diesem »asymmetric war«, zu finden, der sich allen klassischen Vorstellungen von Strategie und Taktik entzieht.
    Einen der wenigen australischen Touristen, der den benachbar ten Pavillon bewohnt, habe ich zum Sundowner eingeladen. Der vierzigjährige, robuste Mann war mir durch sein Geschick als Sur fer aufgefallen. Er stellt sich als Major Flaherty der australischen Para-Commandos vor und war auf Ost-Timor als Ordnungswäch ter eingesetzt. Für ein paar Urlaubstage ist dieser Australier irischer Abstammung nach Bali geflogen. Er ist kein gesprächiger Gesell schafter.
    Wir blicken schweigend auf das südliche, das »männliche Meer« und auf die orangerote Sonnenscheibe, die langsam in die düstere Flut eintaucht. Ich erzähle Flaherty von der Hochachtung, die die australische Brigade in Vietnam genoß. Im Sektor der »Aussies«, längs der gefährdeten Straße nach Vungtau, das die Franzosen Cap Saint-Jacques nannten, wurde der Vietcong erfolgreich in Schach gehalten, und es herrschte dort relative Sicherheit.
    Da der Major ein paar Monate als Captain im australischen Kontingent der Operation »Iraqi Freedom« gedient hat, können wir Erfahrungen austauschen über diesen trügerischen »Quagmire« an Euphrat und Tigris. Solche gemeinsamen Erlebnisse schaffen Vertrauen. Flaherty erwähnt jetzt diverse Einsätze seiner Truppe auf derPazifikinsel Bougainville und auf dem Salomonen-Archipel, wo die frisch gewonnene Unabhängigkeit der melanesischen Ureinwohner in blutiges Chaos abzugleiten drohte. Schon hat sich ein Pogrom gegen die chinesische Minderheit gerichtet, die es hier wie andernorts zu Reichtum und Einfluß gebracht hatte.
    Es habe sich um wenig rühmliche Polizeiaktionen gehandelt, aber für Australien gehe es darum, die progressive »Afrikanisierung« sei ner südpazifischen Nachbarschaft zu verhindern, wie ein Professor für Political Science der Australian National University diese »cri sis-preemptive policy« beschrieb. Die Intervention auf Ost-Timor sei nur ein Teilaspekt dieser weit ausgreifenden Planung.
    Der Staatsstreich auf den Fidschi-Inseln im Jahr 2000, der sich gegen die Machtansprüche der eingewanderten Inder richtete, so wie der gewaltsame Sturz der gewählten Regierung des Salomo nen-Archipels durch eine wirre Meute, die sich »Matalan Eagle Force« nannte, haben in Canberra ernsthafte Bedenken geweckt und ein militärisches Eingreifen bewirkt.
    In den sechziger Jahren hatte ich persönlich diese Inselgruppen, denen inzwischen von der

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