Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
glaube ja. Das war beabsichtigt.“ Er machte eine Pause. „Damit du dich auf das Essen stürzt und nicht so genau darauf achtest, was du isst.“
Lieber Gott, er hat mich vergiftet! Sie richtete sich auf die Knie auf und zog sich am Türrahmen hoch. Der Raum schwankte, sie begann zu schwitzen.
„Ich bin gekommen, dich zu holen.“
Sie hörte den Schlüssel im Schloss, dann schwang die Tür auf. Er trug eine Mardi-Gras-Maske. Und er war schwarz gekleidet.
Wimmernd presste sie sich an den Türrahmen.
„Mache ich dir Angst? Entspreche ich deiner Vorstellung?“ Sie spürte sein Lächeln. „Wie sieht das Böse aus, kleine Jaye?“
Minnie, wo bist du? Jaye klammerte sich knieweich an den Türrahmen, die Hände glitschig vom Schweiß. Du hast versprochen, mich zu beschützen!
Er ging hinaus und kehrte mit einem großen Umzugskarton zurück, groß genug, um einen Körper darin zu verstecken. Ein erstickter Angstlaut kam ihr über die Lippen.
„Ich weiß, du hast deine Freundin Anna vermisst.“ Er öffnete die Klappen des Kartons. „Aber keine Sorge, du siehst sie bald wieder.“
„Nein“, flüsterte sie. „Nein!“ Mit letzter Kraft stürzte sie sich auf ihn und trat, doch ihre Bewegungen waren schwach. Er hielt sie fest, bis die Droge endgültig Wirkung tat und ihr Körper sich weigerte, die Befehle des Gehirns auszuführen. Dann ließ er sie los. Der Boden kam ihr entgegen, und ihr Kopf prallte auf das Linoleum.
Jaye sah zu ihm auf, ihr Blick verschwamm, und ringsum wurde es dunkler. Sie bewegte die Lippen in einem Gebet, das sie nur in ihrem Kopf hörte. Sie bat Gott, Minnie und Anna zu beschützen.
60. KAPITEL
Mittwoch, 7. Februar,
10 Uhr.
Quentin konnte die Unterhaltung mit Terry nicht verdrängen, denn seine letzte Bemerkung über Anna traf zu und machte ihm Angst.
Falls Terry nicht der Täter war, bestand tatsächlich noch Gefahr für Anna. „Falls“ war das entscheidende Wort. Er schwang mit seinem Sessel herum, drehte dem Dienstraum den Rücken zu und schloss die Augen. Vielleicht versuchte Terry ihn auch nur zu manipulieren, bei Straftätern keine Seltenheit.
Dennoch konnte er das Risiko nicht eingehen. Er schob sich vom Schreibtisch zurück, ging zum Büro des Captains und klopfte an die offene Tür. „Hast du eine Minute?“
Sie winkte ihn herein, und er stellte sich vor ihren Schreibtisch. „Ich habe einige Zweifel, dass Terry unser Mann ist.“
Ihre Brauen schossen in die Höhe, doch sie erwiderte nichts.
„Ich war gestern bei ihm. Er hatte darum gebeten. Er erzählte mir, dass er eine Affäre mit Nancy Kent hatte. Dass sie in jener Nacht Sex hatten, dass er sie aber nicht getötet habe.“
„Praktisch. Irgendwelche Beweise?“
„Ich soll welche finden.“
„Warum höre ich erst jetzt davon?“
„Ich brauchte etwas Zeit, mir über alles klar zu werden.“
„Und?“
„Ich habe es ihm nicht abgekauft. Zuerst nicht, aber jetzt …“ Mit einem Seufzer sah er kurz durch die gläserne Trennwand zum Dienstzimmer. „Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. Wenn Terry die Wahrheit sagt, läuft immer noch ein Mörder durch die Straßen, und Anna ist weiterhin in Gefahr.“
Sie rieb sich versonnen die Schläfe. „Dem Chief wird das nicht gefallen.“
„Es wird ihm noch weniger gefallen, wenn es weitere Opfer gibt.“ Quentin stützte sich mit beiden Händen auf ihrem Schreibtisch ab. „Lass mich ein paar Nachforschungen anstellen. Wir halten das erst mal unter der Decke, und ich versuche, Terrys Angaben zu untermauern. Gelingt mir das, machen wir es publik, wenn nicht, vergessen wir die Sache.“
Sie stimmte zu, und Quentin begann mit einem Besuch bei Penny Landry. Sie stand im blassen Sonnenschein auf der Veranda ihres Hauses in Lakeview und wirkte müde und erledigt. Er hätte sie gern getröstet, dass der Albtraum bald vorüber war, doch das konnte er nicht.
Er erkundigte sich nach ihr und den Kindern, sie sich nach Terry und den Ermittlungen. Dann kam er auf den Punkt. „Penny, vor einigen Wochen hast du mir gesagt, dass Terry sich herumgetrieben hat. Was hast du damit gemeint?“
Die Frage verblüffte sie. „Sein Trinken und Feiern. Er war so ein richtiger Partytyp. Ich habe ihn trotzdem geheiratet. Dumm von mir. Aber ich war verliebt. Sehr dumm.“
Er verstand ihren Ärger und die Verbitterung. Auch er fühlte sich als Opfer von Terrys Charme.
„Tut mir Leid.“ Sie wischte sich einige Strähnen aus dem Gesicht, die ihrem Pferdeschwanz entwischt waren.
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