Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
schwarze Telefon. »Ich werde es tun – meine Leute haben recht. Andernfalls könnte ich mich gleich öffentlich gegen die Todesstrafe aussprechen. Edgar Trotter – oder wer auch immer die Vorwahlen für die Republikaner gewinnt – würde mich dafür ans Kreuz nageln. Ich würde als liberales, demokratisches Weichei dastehen.«
Ich stützte die Ellbogen auf die Knie und dachte über seine Worte nach. Ich war mir nicht sicher, ob er die Wähler nicht unterschätzte. Andererseits kannte ich mich in der Welt der Politik nicht aus. Womöglich hatte es tatsächlich Auswirkungen, wenn man in dieser Angelegenheit zu viel negative Presse sammelte. Es blieb an einem haften. Carlton Snow ist zu lasch in Sachen Verbrechen. Schaut euch diese hübsche weiße Frau und ihr Kind an, ermordet von diesem schwarzen Gangster. Und Carlton Snow hat ihn begnadigt!
»Sie sind der Gouverneur«, sagte ich. »Unsere Verfassung verleiht Ihnen die Macht – und zwar ohne Beschränkungen. Man erwartet von Ihnen, dass Sie das tun, was Sie für richtig halten.«
»Was ich für richtig halte? Glauben Sie tatsächlich, dass die Welt so funktioniert, Jason?« Er hatte sich mir zugewandt. Irgendetwas in ihm war in Bewegung geraten. »Ich werde
von Leuten gewählt, die wollen, dass ich die Dinge auf eine bestimmte Art und Weise regle. Also tue ich das. Ob ich nebenbei auch dazu komme, Dinge zu tun, die mir selbst am Herzen liegen? Aber natürlich. Gesundheitsfürsorge für Kinder, um nur einen Punkt zu nennen. Und da gibt es noch jede Menge anderes. Aber man kann erst ein guter Gouverneur sein, wenn man Gouverneur geworden ist.«
Das Motto seiner Administration. Natürlich war etwas Wahres dran, aber das hing ganz von der Sichtweise ab.
»Wann ist genug genug?«, fragte ich. »Was müssen Sie noch alles in Kauf nehmen, bevor Sie die Dinge tun können, die Ihnen am Herzen liegen?«
Der Gouverneur legte die Handfläche flach ans Fenster, als wollte er die Außentemperatur testen. »Gute Frage.«
»Ja, allerdings«, sagte ich. »Nehmen wir zum Beispiel Richter Ippolito, Herr Gouverneur. Richter George Ippolito. Der Mann, den Sie morgen an den Obersten Gerichtshof berufen.«
Der Gouverneur studierte kurz seine Hand. »Ich weiß, Sie schätzen ihn nicht sonderlich. Aber die Leute wollen ihn. Ich tue, was die Leute wollen. Meine Kampagnenhelfer und die Wähler.«
»Gary Gardner will ihn. Und er ist bereit, dafür die Unterstützung der Gewerkschaft zu tauschen.«
Der Gouverneur drehte sich zu mir. Seine Lippen öffneten sich stumm. Erst nach einer Weile brachte er hervor: »Wer hat das gesagt?«
»Wer das gesagt hat? Das ist genau das, was im Moment geschieht, Herr Gouverneur.«
Er wandte den Kopf ab, verharrte aber ansonsten reglos in seiner Haltung. Es fiel mir schwer, ihn einzuschätzen. Sollte das bedeuten, dass er von alldem nichts wusste?
Der Gouverneur schwenkte seine leere Flasche und ging zum Kühlschrank, um sich eine neue zu holen. Nachdem er eine frische Flasche herausgezogen hatte, schaute er zu mir. »Manchmal ist es nötig, dass ich die Details kenne«, erklärte er. »Manchmal will ich es auch gar nicht.«
»Sie haben es nicht gewusst«, sagte ich.
Der Gouverneur kam zu mir herüber und setzte sich in den Sessel mir gegenüber. »Habe ich gewusst, dass die Leute, die meine Kandidatur unterstützen, ihn wollen? Ja. Wusste ich darüber Bescheid, wie das genau gelaufen ist? Nein. Denn das ist nicht mein Job. Das gehört zu den Details. Es ist nicht wichtig.«
»Doch, das ist es.«
»Nein, ist es nicht. Ganz sicher nicht. Ich setze um, was die Wähler und was meine Anhänger wollen. Ich werde von Leuten unterstützt, die für die Reglementierung von Waffenbesitz sind, weil sie wissen: Ich werde mein Veto gegen den Gesetzentwurf einlegen, der das verdeckte Tragen von Waffen erlaubt. Wenn ich ihre Forderungen nicht umsetze, dann entziehen sie mir ihre Unterstützung. Oder etwa nicht? So läuft das nun mal.«
»Aber nicht durch illegale Absprachen, Herr Gouverneur.«
»Ach wirklich?« Er lehnte sich zurück. »Wo ist der verdammte Unterschied, Jason? Ehrlich. Schauen Sie, Sie haben eine Sache noch nicht kapiert. Folgendes.« Seine Hände formten eine Art Rahmen. »Man wird zum Gouverneur gewählt, weil man den Leuten zeigt, dass man es wirklich will. Anders geht es nicht. Man muss es wirklich wollen. Und man muss bereit sein, Opfer dafür zu bringen. Man muss Kompromisse und Zugeständnisse machen. Manchmal muss man auch Dinge
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