Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
kurz meine Frau und Tochter; »Hector hat mir davon erzählt«, erklärte Cimino und ersparte mir damit die schrecklichen Details. Er fragte sich vermutlich, wie sich der Verlust von Talia und Emily auf meine Persönlichkeit ausgewirkt hatte. Machte es mich noch rücksichtloser? War ich unzuverlässig? Unberechenbar?
Ich fragte mich das selbst auch oft.
Wir schwiegen eine Weile. Cimino besorgte sich ein weiteres Glas Orangensaft und noch mehr Früchte. Ein paar alte Kerle, einer davon ein Richter, vor dem ich mal als Staatsanwalt einen Fall verhandelt hatte, kamen kurz herein, gingen aber bald darauf wieder.
Cimino knabberte einen winzigen Hautfetzen von seinem Daumen. »Wissen Sie, mein Junge, in einem Punkt haben Sie recht. Es bieten sich einem da draußen jede Menge Gelegenheiten. So sieht’s aus. Genug Chancen, dass jeder ordentlich Geld machen kann. Scheiße, wir könnten alle eine große glückliche Familie sein. Aber wissen Sie, wo der Haken liegt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wo liegt der Haken?«
»Der Haken liegt darin, dass wir keine große glückliche Familie sind. Es gibt überall Risiken. Und ich mag keine Risiken, mein Junge. Ich kann sie nicht ausstehen.« Er schob sich einen Schnitz Orange in den Mund. »Deshalb brauche ich jemanden wie Sie. Ich suche schon lange nach so jemandem. Hector meint, Sie sind der beste Anwalt, den er kennt. Und ich hab bisher nichts Gegenteiliges feststellen können. Also von der Seite her ist alles okay.«
So weit, so gut. Cimino verlagerte das Gewicht und wandte sich zu mir. »Entweder Sie sind für mich, oder Sie sind gegen mich. Dazwischen gibt’s nichts. Verstehen Sie das?«
»Ja«, bestätigte ich.
»Wenn Sie das beherzigen, mach ich Sie reich. Aber wenn Sie mich hintergehen, mein Junge, dann werden Sie bedauern, je meinen Weg gekreuzt zu haben. Ich kümmere mich um die Menschen in meiner Umgebung, aber alle, die glauben, alle die glauben …« Er machte ein schnalzendes Geräusch. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Dann blickte er über die Schulter und beugte sich zu mir herüber. »Da war mal ein Kerl namens Dick Baroni. B-A-R-O-N-I. Der könnte Ihnen was darüber erzählen, was es heißt, erst für mich und dann gegen mich zu sein. Das heißt, er könnte es, aber er wird es nicht tun. Sie könnten ihm die Eier abschneiden, und er würde es nicht tun. Nicht mehr jedenfalls.«
Er ließ mir etwas Zeit, um darüber nachzudenken. Er hatte den Namen des Kerls eigens für mich buchstabiert, also wollte er offensichtlich, dass ich mich mit der Sache beschäftigte und nachforschte.
»Was ich jetzt tue«, fuhr er fort, »ist ein Risiko einzugehen. Mit Ihnen. Ich nehme Sie mit ins Boot. Jetzt ist Ihre letzte Gelegenheit, einen Rückzieher zu machen, mein Junge. Wenn Sie Zweifel haben, dann ziehen Sie Leine und verschwenden die Zeit von jemand anderem. Ich nehm’s Ihnen nicht übel. Aber wenn Sie für mich arbeiten, dann arbeiten Sie für mich. Haben wir uns verstanden?«
Er hätte es kaum klarer ausdrücken können. »Wir haben uns verstanden«, erwiderte ich.
»Gut.« Er ließ seine flache Hand auf den Tisch klatschen. »Ihr Job besteht nicht darin, mir zu sagen, was ich tun und was ich lassen soll. Vielmehr besteht er darin, dafür zu sorgen, dass ich alles machen kann, was ich machen will. Sehen Sie den Unterschied?«
Ich dachte einen Moment darüber nach. »Wenn Sie was wollen«, sagte ich, »dann besteht mein Job darin, es ebenfalls zu wollen. Ich suche jeden erdenklichen Weg, um Ihnen das Gewünschte zu verschaffen. Und ich bin aggressiv. Ich bin ehrgeizig. In neunundneunzig von hundert Fällen werde ich Argumente dafür finden, dass Ihre Absichten völlig legal sind. Aber in einem Fall von hundert werden Sie auf mich hören müssen. Wir müssen sicherstellen, dass alles, was wir tun, einer Überprüfung durch Bundesbeamte standhält.«
»Einer Überprüfung durch Bundesbeamte?«
Ich warf ihm einen Blick zu. Dann beugte ich mich zu ihm vor. »Wir wissen beide, wovon ich rede. Keiner von uns macht sich Sorgen, irgendjemand könnte der BBK wegen irgendwas eine Klage anhängen. Nein, was uns Kopfzerbrechen bereitet, sind diese Schwanzlutscher mit ihren Trenchcoats, Sonnenbrillen und den Zwangsvorladungen vorm Großen Geschworenengericht. Die Jungs, die meinen Vater hinter Gitter gebracht haben.«
Die bloße Erwähnung des FBI ließ etwas Farbe aus seinem Gesicht weichen. Aber ich sprach nur laut aus, was ihn ohnehin beschäftigte. Charlie
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