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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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nicht wissen. Weil Sie nicht mit mir in Verbindung gebracht werden wollen. Sie wollen mir einen Namen geben, aber niemand darf davon erfahren.«
    Scarface schwieg immer noch. Er scharrte mit den Füßen. Seine Hände waren nach wie vor in den Taschen vergraben.
    »Also geben Sie mir den Namen«, forderte ich ihn auf.
    Doch statt den Namen rauszurücken, zückte er eine Pistole; er riss sie aus seiner rechten Jackentasche und richtete sie auf mich. Hätte es irgendeinen Sinn gehabt, zu fliehen, hätte ich es versucht. Doch ich war von drei Seiten von hohen Mauern umgeben. Und dieser Kerl stand zwischen mir und dem einzigen Ausweg aus dieser verdammten Gasse.

    Daher schien es mir am klügsten, einfach ruhig stehen zu bleiben. Was mich einiges an Überwindung kostete. Es war zwar nicht das erste Mal, dass jemand mit einer Waffe auf mich zielte, dennoch war es alles andere als ein vertrautes Gefühl.
    Scarface kam auf mich zu, die Pistole weiter im Anschlag. Er war ohne Zweifel geübt darin. Auch für ihn war es nicht das erste Mal.
    Langsam hob ich die Hände, die Handflächen zu ihm gedreht, eine unbewusste Reaktion, um die Situation zu entschärfen. Für einen Außenstehenden musste die Szene wie ein Raubüberfall wirken.
    »Okay, hören Sie. Hey«, sagte ich, als sich der Lauf der Pistole gegen meine Stirn presste. Ich beugte mich etwas zurück, eine weitere reflexartige Reaktion, die jedoch zur Folge hatte, dass ich etwas aus der Balance geriet. Meine Lage war ohnehin nicht sehr aussichtsreich, und das Gleichgewichtsproblem verringerte noch meinen Bewegungsspielraum, es sei denn, ich ließ mich einfach nach hinten fallen.
    Mir blieb nur eine Hoffung: Hätte er wirklich die Absicht gehabt, mich zu töten, wäre es vermutlich längst geschehen.
    »Es gibt nur einen Grund, warum ich Sie nicht schon letztes Jahr erledigt hab«, sagte er. »Und das ist Nesto. Er hätte es nicht gewollt. Er hätte zu mir gesagt: ›Bleib sauber.‹«
    Etwas ganz Ähnliches hatte auch schon Essie Ramirez zu mir gesagt.
    »Scheiße, Sie haben ihn umgebracht, Mann. Sie.« Er drückte die Mündung der Waffe noch fester gegen meine Stirn. Jetzt musste ich mich ziemlich bemühen, nicht rückwärts hinzufallen. Da ich keine unkontrollierten Bewegungen machen wollte, erforderte es fast artistisches Geschick. »Mann, Nesto war für mich … er war für mich …«

    Gefühle schnürten ihm die Kehle zu. Die Pistole löste sich von meiner Stirn. Er entfernte sich von mir, die Waffe jetzt seitlich an seinem Körper. Er stützte die Hände auf die Knie und beugte sich vor, als müsste er sich erbrechen. Dann begann er zu weinen.
    Er war für mich wie ein Vater, hatte er sagen wollen.
    Ich bewegte mich nicht. Er war nicht mehr Herr seiner Gefühle und hatte eine Waffe. Jemand, der cleverer war als ich, wäre jetzt vermutlich losgerannt. Oder hätte ihn niedergeschlagen. Oder ihn entwaffnet. Aber ich stand da wie angewurzelt.
    »Ich hab seinen Kopf gehalten. Hab ihn gehalten. Ich hab gesagt: ›Geh nicht, Nesto. Du darfst nicht gehen, Mann.‹«
    In der Art ging es einige Minuten. Ich hatte nicht geahnt, dass er dabei gewesen war, als Ernesto erschossen wurde. Ich hatte noch nie einen sterbenden Menschen in den Armen gehalten. Eine schreckliche Vorstellung.
    Ich holte tief Luft. Adrenalin schoss durch meinen Körper, wie üblich ein wenig verspätet. Ich wollte ihm sagen, wie leid es mir tat, aber ich brachte keinen Ton heraus. Ich stand einfach nur reglos da. Ich hätte mich auf die Waffe stürzen können, aber die Gefahr war vorüber.
    Schließlich richtete er sich auf. Er atmete tief durch. Wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht. Wobei er immer noch die Waffe hielt.
    »Dieser polnische Typ«, sagte er leise und starrte dabei an die Wand. »Kiko hat ihn erledigt.« Er drehte den Kopf ein wenig in meine Richtung. »Kennen Sie Kiko?«
    Ich kannte ihn. Jeder, der mal in Sachen Bandenkriminalität ermittelt hatte, kannte Kiko.
    Ich schwieg, in der Hoffnung, er würde mir noch mehr verraten.
Ich war mir ziemlich sicher, dass er mehr wusste und es an Ernesto weitergegeben hatte.
    »Wer hat Kiko befohlen, Bert Wozniak zu töten?«, fragte ich irgendwann.
    Er schüttelte den Kopf. »Hat er mir nicht verraten.«
    »Und wissen Sie, warum?«
    Er unterbrach sein Kopfschütteln. »Kiko und ich … unsere Familien. Früher, als wir noch Kids waren.«
    »Sie standen sich nahe.«
    »Ja. Jetzt nicht mehr. Nicht nach dieser Sache. Aber vorher.« Erneut atmete er

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