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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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zur Quelle gehen. Ich würde mir die Information direkt von Frederico Hurtado holen, dem gefürchtetsten Schläger der Latin Lords, einem eiskalten Killer.
    Auch bekannt unter dem Namen Kiko.

50
    Scarface wirkte erschöpft und mitgenommen von seinem Gefühlsausbruch und den entlastenden Äußerungen. Den Effekt einer reinigenden Beichte hatte ich als Staatsanwalt häufig erlebt, insbesondere wenn Schuldgefühle damit verbunden waren. Die erlösende Wirkung war jedes Mal auf den Gesichtern abzulesen. Einmal war mir ein Verdächtiger im Vernehmungsraum eingeschlafen, nachdem er gestanden hatte, seine schwangere Freundin erstochen zu haben.
    »Noch was«, sagte ich. Ich hatte mein Gleichgewicht in jeder Hinsicht wiedergefunden. Ich war mir relativ sicher, dass mir dieser Kerl keine Kugel in den Schädel jagen würde. »Essie Ramirez hat gesagt, dass Ernesto deswegen etwas unternehmen wollte. Sie meinte, ich hätte ihn zu einer Aussage bewegt. Wissen Sie, ob er es getan hat? Hat er mit irgendjemand über die ganze Sache gesprochen?«

    Kurz dachte ich, ich hätte ein Lächeln auf seinem Gesicht gesehen. Aber es war nur eine unwillkürliche Kontraktion der Gesichtsmuskulatur gewesen. Ein Lächeln des Schmerzes. Der Bitterkeit. Der durchlebten Erinnerungen. Ganz offensichtlich hatte er beschlossen, mir etwas anzuvertrauen, das er vorher für sich hatte behalten wollen. Auch das hatte ich bei Verhören immer wieder beobachten können. Der Durchbruch. Man überwand die Mauer des Schweigens und der Lügen, hinter der sich eine konfuse, zähe Masse aus Wahrheit und Gefühlen staute. Und am Ende erzählten sie einem mehr, als man je vermutet hätte.
    »Oh, Mann, Nesto hat gar nichts gesagt.«
    Ich verstand seine merkwürdige Betonung nicht. Ich brauchte eine Minute, bevor es mir dämmerte.
    »Aber Sie«, sagte ich.
    Er nickte. »Nesto meinte, es wäre das Richtige.«
    »Er hat Sie überzeugt, etwas in der Sache zu unternehmen. Also, was haben Sie getan?«
    »Wir sind zu den Cops, Nesto und ich. Das haben wir getan.«
    Er hob die Arme und ließ sie dann wieder nach unten fallen. Die Pistole hielt er immer noch in der rechten Hand. »Scheiß, ich hab denen alles erzählt. Dass Kiko den Polen umgelegt hat und dass Joey Espinoza, das Arschloch, den Befehl dazu gegeben hat.«
    »Und die Cops …«
    Er brach in Lachen aus, wedelte mit den Armen und der Pistole und marschierte auf und ab. »Oh Mann, die haben mich geliebt dort. Die haben mich gelöchert. Die meinten: Woher weißt du das? Was für Beweise hast du? Woher willst du wissen, dass es Joey war? Genau wie Sie, Mann. Die haben
in einem fort gefragt: Hat Kiko wirklich gesagt, dass es Joey war? Hat er es ausdrücklich gesagt? Genauso wie Sie.«
    Die Cops misstrauten einem Gangmitglied, wenn es Informationen liefert? Nicht unwahrscheinlich.
    »Die meinten, ich lüge, Alter. Und sie meinten, Lügner wandern ins Gefängnis. Wir sperren dich ein. Wegen Falschaussage, Paragraph eintausendeins. Die beschissenen Brownies, die haben sogar mein Vorstrafenregister rausgezogen und gesagt, wer glaubt dir schon, einem Exsträfling? Die haben mir mit zehn Jahren gedroht. Zehn Jahre dafür, dass du uns belügst, bei deinen Vorstrafen.« Er sah mich an. »Haben Sie das gehört? Die wollten mich einsperren. Dafür, dass ich was Gutes getan hab. Nesto hat mich gepackt und gemeint, lass es. Vergiss es. Das ist es nicht wert.«
    Die Sache ist es nicht wert, dass man dafür ins Gefängnis geht, hatte Ernesto zu seiner Frau gesagt. Aber er hatte nicht sich selbst gemeint. Er hatte von seinem Freund gesprochen, Scarface.
    Scarface kickte einen leeren Karton in die Luft und hätte dabei fast das Gleichgewicht verloren. Er kochte vor Wut und Verzweiflung, was mich weniger beunruhigt hätte, hätte er dabei keine Pistole umklammert.
    »Gehen Sie heim, Anwalt«, sagte er.
    »Warten Sie.«
    Aber er hörte nicht mehr zu. Er hatte sich in seine Wut hineingesteigert, Schmerz und Zorn brodelten in ihm, und in diesen Zustand war er vermutlich der letzte Mensch auf der Welt, den man mit einer Pistole auf der Straße herumlaufen lassen sollte. Aber ich konnte ihn nicht aufhalten. Also ließ ich ihn ziehen.
    Plötzlich spürte ich den kalten Wind, spürte ihn bis auf
die Knochen, zum ersten Mal an diesem Abend. Trotzdem blieb ich noch lange alleine in dieser Gasse stehen. Ich hatte heute Abend drei Dinge erfahren. Erstens: Frederico Hurtado – Kiko – war der Mörder Adalbert Wozniaks. Zweitens: Kiko hatte

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