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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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konnte. Er erweckte den Anschein, doch sie hegte den Verdacht, dass sich sein Interesse an einer intimen Kenntnis seiner Schutzbefohlenen eher in Grenzen hielt.
    »Ihre Feststellung trifft natürlich genauso auf den Herrn zu, der bereits wegen Mordes in Untersuchungshaft sitzt«, sagte er. »Gleichwohl werde ich Ihrer Bitte entsprechen, Miss Jones«, sagte er. »Auch wenn ich nicht verhehle, dass ich das Ganze für ein fruchtloses Unterfangen halte.«
    »Irgendwo müssen wir ansetzen, Doktor.«
    »Und irgendwo müssen wir ein Ende finden«, erwiderte er. »Und ich fürchte, das wird dann der Fall sein, wenn Sie sich von diesen Männern Informationen erhoffen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich diese Befragungen für Sie als ziemlich frustrierend erweisen werden.«
    Er setzte ein nicht eben überschwänglich freundliches Lächeln auf und fügte hinzu: »Nun ja, Miss Jones, ich gehe wohl nicht fehl in der Annahme, dass Sie diese Befragungen sofort in Angriff nehmen wollen? Ich werde mit Mr. Evans sprechen und vielleicht mit den Brüdern Moses, die gleich damit anfangen können, die Patienten in Ihr Büro zu bringen. Auf diese Weise können wir uns zumindest direkt ein klares Bild davon machen, mit welchen Widrigkeiten wir hier zu kämpfen haben.«
    Sie wusste, dass Dr. Gulptilil von der Unberechenbarkeit Geisteskranker sprach, doch seine Bemerkung ließ auch andere Interpretationen zu. Sie schenkte dem Chefarzt ein Lächeln und nickte zustimmend.
     
    Als sie schließlich ins Amherst zurückkam, warteten Big Black und Little Black bereits im Flur des ersten Stocks in der Nähe der Pflegestation auf sie. Peter und Francis lehnten nicht weit von ihnen wie zwei gelangweilte Teenager an der Wand, die an einer Straßenecke herumlungerten und auf Zoff aus waren, auch wenn die wachsamen Blicke, mit denen Peter den Flur in beide Richtungen im Auge behielt und jeden Patienten ins Visier nahm, der an ihm vorbeischlenderte, seine lässige Haltung Lügen strafte. Sie konnte Mr. Evans nirgends entdecken, was ihr nur recht war, wenn sie daran dachte, mit welchem Anliegen sie herausrücken musste. Doch ihre erste Frage an die beiden Pfleger galt dem Psychologen.
    »Wo bleibt Evans?«
    Big Black grunzte. »Er ist auf dem Weg hierher. Kommt von einer Besprechung mit dem Hilfspersonal in einem der anderen Gebäude. Müsste jeden Moment hier sein. Der Big Doc hat angerufen, er sagt, wir sollen damit loslegen, ihnen die Leute zu bringen. Sie hätten eine Liste.«
    »Das ist richtig.«
    »Und wenn sie nun«, wandte Little Black ein, »nicht besonders scharf darauf sind, zu Ihnen zu kommen. Was sollen wir dann machen?«
    »Lassen Sie ihnen keine Wahl. Falls sie allerdings in Panik oder außer Kontrolle geraten, also, in dem Fall kann ich auch zu ihnen kommen.«
    »Und wenn sie trotzdem nicht reden wollen?«
    »Nehmen wir keine Probleme vorweg, okay?«
    Big Black verdrehte ein wenig die Augen, sagte aber nichts, auch wenn Francis klar war, dass Big Blacks Präsenz in der Anstalt genau damit zu tun hatte. Sein Bruder stieß einen leisen Seufzer aus und sagte: »Versuchen wir’s. Kann nicht versprechen, wie die Leute reagieren werden. Hatten so was noch nicht hier drinnen. Vielleicht gibt’s ja keinen Ärger.«
    »Wenn sie sich weigern, können wir’s auch nicht ändern, dann müssen wir uns eben was anderes einfallen lassen«, sagte sie. Dann beugte sie sich nach vorn und senkte die Stimme. »Ich hab da eine Idee. Ich wollte fragen, ob Sie beide mir dabei helfen und die Sache vertraulich behandeln können.« Sie wartete, während die Brüder sich Seitenblicke zuwarfen. Little Black sprach für sie beide.
    »Klingt fast so, als wollten Sie uns um einen Gefallen bitten, der uns in Schwierigkeiten bringen könnte.«
    Wieder nickte Lucy. »Nicht allzu große Schwierigkeiten, hoffe ich mal.«
    Little Black grinste übers ganze Gesicht, als hätte sie Witze gemacht. »Derjenige, der einen um was bitten will, denkt immer, dass es für den anderen keine große Sache ist. Aber trotzdem, Miss Jones, lassen Sie mal hören. Wir können nichts versprechen, aber wir sind ganz Ohr.«
    »Statt dass Sie beide jeden einzeln herholen, möchte ich, dass nur einer von Ihnen geht.«
    »Normalerweise sieht der Sicherheitsdienst vor, dass es bei einer Überstellung immer zwei Begleiter gibt. Einer links, einer rechts. Das ist Vorschrift.«
    »Also, ich hatte mir das folgendermaßen gedacht«, sagte sie und trat noch einen Schritt näher an die Männer heran,

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